Gehört das Umkleiden zur Arbeitszeit? Teil II
Diese häufig gestellte Frage hatten wir am 12. Oktober 2010 im […]
Mit Urteil vom 09.06.2011, Az.: 6 AZR 687/09 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass eine dem Ehepartner außerhalb der Wohnung übergebene Kündigung als wirksam übergeben gilt, da der Ehepartner als Empfangsbote zu werten sei. Darüber hinaus dürfe der Arbeitgeber üblicherweise mit einer Weitergabe der Kündigung noch am selben Tag rechnen.
Die Klägerin war bei der Arbeitgeberin seit 2003 als Assistentin der Geschäftsleitung angestellt. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis am 31. Januar 2008 ordentlich zum 29. Februar 2008, indem sie das Kündigungsschreiben am Nachmittag des 31. Januar 2008 den Ehemann der Klägerin an dessen Arbeitsplatz übergeben ließ. Dieser ließ die Kündigung zunächst in seinem Büro liegen und reichte sie erst am 1. Februar 2008 an die Klägerin weiter.
Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin Feststellung, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht mit Ablauf des 29. Februar 2008, sondern erst mit Ablauf der einmonatigen Kündigungsfrist zum Monatsende, folglich am 31. März 2008 beendet worden sei.
Während das Arbeitsgericht der Klage stattgab, hob das Landesarbeitsgericht die erstinstanzliche Entscheidung auf und wies die Klage ab. Die Revision der Klägerin vor dem Bundesarbeitsgericht blieb erfolglos.
Nach Ansicht der Richter des 6. Senats fungiere der Ehemann der Klägerin als Empfangsbote. Die Kündigung als einseitig empfangsbedürftige Willenserklärung wird unter Abwesenden nach § 130 Abs. 1 BGB dann wirksam, wenn sie dem Kündigungsgegner zugegangen ist. Das Risiko und die Beweislast für den Zugang der Kündigung trägt hierbei grds. der Kündigende. Als zugegangen gilt eine Kündigung, wenn sie derart in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter gewöhnlichen Umständen von ihr Kenntnis nehmen kann bzw. muss. Eine mit dem Empfänger in einer Wohnung lebende Person, die aufgrund ihres Alters und ihrer Reife geeignet erscheint, die Kündigung an den Empfänger weiter zugeben, ist hierbei nach der gängigen Verkehrsanschauung als Empfangsbote zu betrachten. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Kündigung nicht bereits mit der Übergabe an den Empfangsboten zugegangen ist, sondern erst zu dem Zeitpunkt, zu dem unter gewöhnlichen Umständen mit einer tatsächlichen Weitergabe an den Empfänger gerechnet werden darf.
Die Richter des 6. Senats vertraten hierbei die Auffassung, dass bei dem Ehemann damit gerechnet werden durfte, dass dieser das Kündigungsschreiben noch am selben Tag an die Klägerin weiterleiten würde. Dem steht nach Ansicht des Gerichts auch nicht entgegen, dass dem Ehemann das Kündigungsschreiben an dessen Arbeitsplatz und damit außerhalb der gemeinsamen Wohnung übergeben worden sei, da unter Berücksichtigung gewöhnlicher Umstände damit gerechnet werden durfte, dass der Ehemann noch am selben Tag ein die gemeinsame Wohnung zurückkehr und folglich mit einer Weitergabe der Kündigung am gleichen Tag zu rechnen war.
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Rechtsanwalt Stefan Weste (M.B.L.) war bis zum 31.08.2018 Partner der Kanzlei WK LEGAL am Standort Berlin. Zu seinen Tätigkeitsschwerpunkten gehörten die Bereiche Arbeitsrecht, Mergers & Acquisitions, Intellectual property sowie das Vertragsrecht.
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