Update Dieselskandal
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Das Hessische Landesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 29. März 2010, Az. 17 Sa 1303/09 entschieden, dass ein Aufhebungsvertrag trotz Androhung einer fristlosen Kündigung wirksam sein kann.
Die beklagte Arbeitgeberin hatte den Verdacht, dass die klagende Arbeitnehmerin 8,00 Euro Bargeld nicht ordnungsgemäß in der Kasse verbucht habe. Obwohl die Klägerin den Vorwurf zurückwies, unterschrieb sie den ihr vorgelegten Aufhebungsvertrag. In der später erhobenen Anfechtungsklage behauptete sie, die Arbeitgeberin habe sie mit der Androhung einer fristlosen Kündigung widerrechtlich unter Druck gesetzt. Diese Behauptung konnte sie jedoch nicht hinreichend beweisen.
Das Hessische LAG wies die Anfechtungsklage der Verkäuferin gegen die Drogeriekette zurück und erklärte das Arbeitsverhältnis für beendet. Nach Ansicht des Gerichts darf ein Vorgesetzter dann mit einer fristlosen Kündigung drohen, wenn in Anbetracht des Vorwurfs "ein verständiger Arbeitnehmer an ein sofortiges Ende des Arbeitsverhältnisses denken kann". Anders als in Kündigungsschutzprozessen liegt bei einer Anfechtung von Verträgen die Beweislast bei dem anfechtenden Arbeitnehmer.
Der aktuelle Fall zeigt einmal mehr, dass ein Arbeitnehmer den ihm vorgelegten Aufhebungsvertrag niemals voreilig unterschreiben sollte. Droht der Arbeitgeber mit fristloser Kündigung und drängt er auf den sofortigen Abschluss des Aufhebungsvertrages, sollte sich der Arbeitnehmer hiervon nicht beeindrucken lassen, denn die Nachteile können gravierend sein.
Die Konsequenz des Aufhebungsvertrages ist der Verlust des Kündigungsschutzes nach dem Kündigungsschutzgesetz, dem Mutterschutzgesetz und dem Schwerbehindertengesetz. Darüber hinaus bedarf es im Falle eines Aufhebungsvertrages nicht der Mitwirkung des Betriebsrates und sozialversicherungsrechtlich droht die Sperrzeit von 12 Wochen bzw. einem Viertel des Anspruchsdauer von Arbeitslosengeld I.
Hat ein Arbeitnehmer dennoch unterschrieben und bereut er seinen Entschluss, so kann er versuchen, den Aufhebungsvertrag wegen widerrechtlicher Drohung des Arbeitgebers mit einer Kündigung nach § 123 BGB anzufechten. Da den Arbeitgeber im Rahmen der Anfechtungsklage die volle Darlegungs- und Beweislast trifft, müsste er folgende Voraussetzungen beweisen, um erfolgreich zu sein:
1. Der Arbeitgeber muss ihm gedroht haben. Drohen ist hierbei das Inaussichtstellen eines künftigen Übels, auf dessen Eintritt der der Drohende Einfluss zu haben vorgibt. Aufgrund der Nachteile einer Kündigung für den Arbeitnehmer, stellt diese durchaus ein künftiges Übel dar, auf dessen Eintritt der Arbeitgeber Einfluss zu haben vorgibt. Dass der Arbeitgeber mit einer Kündigung gedroht hat, muss der Arbeitnehmer beweisen.
2. Die Drohung muss zudem widerrechtlich erfolgt sein. Bei der Drohung mit einer Kündigung ist dies nach der einschlägigen Rechtsprechung dann der Fall, wenn ein Arbeitgeber eine Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen würde, also wenn der Arbeitgeber davon ausgehen muss, dass die Kündigung mit hoher Wahrscheinlichkeit einer arbeitsgerichtlichen Überprüfung nicht standhalten würde. Hierbei kommt es ausschließlich auf den Wissensstand des Arbeitgebers an. Es ist nicht erforderlich, dass sich die angedrohte Kündigung in einem Kündigungsschutzprozess als rechtsbeständig erwiesen hätte.
3. Grundsätzlich gilt für die Anfechtungsklage die Jahresfrist des § 124 I BGB. Diese beginnt mit dem Zeitpunkt zu laufen, in welchem die Zwangslage aufhört. Teilweise wird jedoch vertreten, dass statt der Jahresfrist die 3 Wochenfrist für die Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG analog angewendet werden sollte. Hierbei dürfte es sich jedoch um eine Mindermeinung handeln, da es sich bei der Anfechtungsklage eben gerade nicht um eine Kündigungsschutzklage handelt.
4. Die Beweislast liegt vollumfänglich bei dem Arbeitnehmer. Er muss die Drohung und die Widerrechtlichkeit beweisen. D. h. er muss beweisen, dass ein verständiger Arbeitgeber die Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung gezogen hätte.
Im Ergebnis sollten sich Arbeitnehmer grds. nie zu einem Aufhebungsvertrag drängen lassen. Droht der Arbeitgeber mit einer Kündigung und drängt er zum sofortigen Abschluss eines Aufhebungsvertrags, fehlen ihm möglicherweise plausible Kündigungsgründe. In einem solchen Fall sind die Erfolgsaussichten eines Arbeitnehmers in einem Kündigungsschutzprozess deutlich höher, da der Arbeitgeber das vorliegend von wirksamen Kündigungsgründen darlegen und beweisen muss.
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Rechtsanwalt Stefan Weste (M.B.L.) war bis zum 31.08.2018 Partner der Kanzlei WK LEGAL am Standort Berlin. Zu seinen Tätigkeitsschwerpunkten gehörten die Bereiche Arbeitsrecht, Mergers & Acquisitions, Intellectual property sowie das Vertragsrecht.
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