EuGH Vorlage: Urlaubsansprüche auch bei langjähriger Arbeitsunfähigkeit?

Stefan Weste (M.B.L.) | 16. April 2010

Das Landesarbeitsgericht Hamm hat in einem aktuellen Verfahren den Gerichtshof der Europäischen Union zu der Frage angerufen, ob der gesetzliche Mindesturlaub auch dann für jedes Jahr erhalten bleibt, wenn der Arbeitnehmer lang andauernd Arbeitsunfähig ist.

In dem durch das LAG Hamm zu entscheidenden Fall war der schwerbehinderte Kläger von 1964 bis 2008 bei der Beklagten beschäftigt. Ab dem Jahr 2002 war er zunächst arbeitsunfähig, ab 2003 bezog er jeweils befristet eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. 2008 beendeten die Parteien das Arbeitsverhältnis durch eine Aufhebungsvereinbarung.

Nachdem der EuGH im Januar 2009 sein Urteil in der Rechtssache Schultz ./. Hoff verkündet hatte, wonach Arbeitnehmer ihren vollen Urlaubsanspruch auch dann behalten, wenn sie ihn wegen Arbeitsunfähigkeit nicht nehmen konnten, reichte der Kläger beim Arbeitsgericht Dortmund Klage auf Abgeltung seines Urlaubsanspruchs für die Jahre 2006, 2007 und 2008 ein. Das Arbeitsgericht Dortmund sprach dem Kläger die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs sowie des zusätzlichen Schwerbehindertenurlaubs für den genannten Zeitraum zu. Hiergegen wendet sich die Berufung der Beklagten.

Das Landesarbeitsgericht Hamm legt dem Europäischen Gerichtshof nunmehr die Frage vor, ob Urlaubsansprüche langjährig arbeitsunfähiger Arbeitnehmer angesammelt werden können oder ob sie zeitlich befristet sind. Nach Ansicht des Gerichts gebe es hierfür Anhaltspunkte in dem Übereinkommen Nr. 132 der internationalen Arbeitsorganisation. Auf die Bedeutung dieses Abkommens in Bezug auf die Auslegung des Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG hatte der EuGH bereits in seiner Entscheidung vom 20. Januar 2009 hingewiesen.

Nach ständiger Rechtssprechung des EuGH müssen Arbeitnehmer über eine tatsächliche Ruhezeit verfügen können, damit ein wirksamer Schutz ihrer Sicherheit und Gesundheit sichergestellt ist. Das LAG Hamm bezweifelt jedoch, dass dieser Zweck die Ansammlung von Urlaubsansprüchen über mehrere Jahre hinweg rechtfertigt. Die Beantwortung dieser Frage hängt maßgeblich von der Auslegung des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG ab, so dass eine Vorlage zum EuGH erforderlich war.

Im Unterschied zu dem durch den EuGH im Januar 2009 entschiedenen Fall, in dem er nur über Urlaubsansprüche für das vergangene und das laufende Jahr zu urteilen hatte, geht es vorliegend um die Frage, ob Urlaubsansprüche auch über mehrere Jahre hinweg angesammelt werden können.

 

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Stefan Weste (M.B.L.)

Rechtsanwalt Stefan Weste (M.B.L.) war bis zum 31.08.2018 Partner der Kanzlei WK LEGAL am Standort Berlin. Zu seinen Tätigkeitsschwerpunkten gehörten die Bereiche Arbeitsrecht, Mergers & Acquisitions, Intellectual property sowie das Vertragsrecht.

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