BGH: Zur Berechnung der Modernisierungskosten – Anrechnung öffentlicher Mittel
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 310/11 Verkündet am: […]
Über die Vorauszahlungen für Betriebskosten ist jährlich abzurechnen; dabei ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten.
Der Mieter trägt die Darlegungs- und Beweislast für eine Verletzung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit bei der Abrechnung der Betriebskosten durch den Vermieter, so hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 06.07.2011 entschieden (BGH VIII ZR 340/10).
In dem vorliegenden Fall beanstandeten die Mieter die Betriebskostenabrechnung betreffend die Müllabfuhrgebühren, und zwar unter Hinweis auf den vom Deutschen Mieterbund e.V. veröffentlichten „Betriebskostenspiegel für Deutschland“. Nach Ansicht der Mieter war die Vermieterin berechtigt, lediglich € 185,76 und nicht, wie geschehen, den fast dreifachen Betrag in Ansatz zu bringen. Sie beriefen sich auf einen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot.
Nach dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit können Kosten, soweit sie unnötig oder unwirtschaftlich sind, nicht auf den Mieter umgelegt werden.
Behauptet der Mieter, dass der Vermieter bei der Berechnung und Umlage der Nebenkosten nicht ausreichend Rücksicht auf ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis genommen und somit gegen seine Nebenpflicht aus dem Mietverhältnis, den Mieter von unnötigen Kosten freizuhalten, verstoßen hat, muss er dies dartun und belegen können.
Der Verweis auf den „Betriebskostenspiegel für Deutschland“ ist in diesem Zusammenhang nicht ausreichend. Wie der Bundesgerichtshof ausführt, genügt der Mieter seiner Darlegungslast mit der Behauptung nicht, ein Kostenansatz in der Betriebskostenabrechnung des Vermieters übersteige den insoweit überregional ermittelten durchschnittlichen Kostenansatz für Wohnungen vergleichbarer Größe. Denn überregional auf empirischer Basis ermittelten Betriebskostenzusammenstellungen kommt angesichts der je nach Region und Kommune unterschiedlichen Kostenstruktur keine Aussagekraft im Einzelfall zu, so die Begründung durch die Rechtsprechung.
Die Darlegungs- und Beweislast des Mieters ist auch nicht einzuschränken, weil nicht nur der Vermieter die für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit seines Kostenansatzes notwendigen Kenntnissen und Informationen hat, sondern auch der Mieter das Recht hat, die für die Betriebskostenabrechnung des Vermieters maßgeblichen Belege einzusehen. Der Mieter kann also die Kostenkalkulation des Vermieters nachvollziehen, indem er sich die der Betriebskostenabrechnung zugrunde liegenden Unterlagen vorlegen lässt. Bei durch Bescheid festgesetzten öffentlich – rechtlichen Gebühren und Abgaben oder bei der ortsüblichen Entlohnung eines Hauswarts handelt sich um objektive Gegebenheiten.
Den Vermieter trifft also regelmäßig keine sekundäre Darlegungslast für die tatsächlichen Grundlagen seines Betriebskostenansatzes, so der BGH in seinem Urteil.
Der Mieter kann sodann die einzelnen Kostenpositionen überprüfen. Ihn trifft allerdings die Pflicht, die für ihn günstigen Tatsachen substantiiert vorzutragen und zu beweisen, sollte er die Ansicht vertreten, dass der Vermieter gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat.
Einwendungen gegen die einzelnen Kostenpositionen kann der Mieter innerhalb von zwölf Monaten nach Zugang der Betriebskostenabrechnung erheben. Zuvor muss jedoch der Vermieter seinerseits, dem Mieter eine formell ordnungsgemäß erstellte Abrechnung spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitgeteilt haben.
An die formell ordnungsgemäße Erteilung einer Betriebskostenabrechnung werden an sich geringe Anforderungen gestellt. Diese muss regelmäßig folgende Mindestangaben enthalten: eine Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und Erläuterung der zugrunde gelegten Verteilerschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters und der Abzug der geleisteten Vorauszahlungen. Eine Erläuterung des angewandten Verteilungsmaßstabs ist nur dann geboten, wenn dies zum Verständnis der Abrechnung notwendig ist.
Sollte die Abrechnung diesen Anforderungen nicht entsprechen, ist sie mangelhaft und somit unwirksam. Eine Nachholung der unterlassenen Angaben kommt auch nicht in Betracht, sollte die dem Vermieter zur Erteilung der Abrechnung eingeräumte Jahresfrist verstrichen sein. Eine etwa darin ausgewiesene Nachforderung des Vermieters wird also nicht fällig bzw. kann auch nicht mehr fällig gestellt werden.
Ausweislich der höchstrichterlichen Rechtsprechung (Urteil des BGH vom 08.12.2010 – VIII ZR 27/10) greift der gesetzliche Einwendungsausschluss hinsichtlich der Kostenpositionen nicht, bei denen es an einer in formeller Hinsicht ordnungsgemäßen Abrechnung fehlt. Die Einwendungsfrist wird in diesem Fall nicht in Gang gesetzt und der Mieter ist weiterhin berechtigt, auch nach Ablauf der laut Gesetz vorgesehenen zwölf Monate Einwendungen gegen diese Abrechnungspositionen zu erheben.
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Rechtsanwältin Simona B. Ignatova ist bei WK LEGAL als freie Mitarbeiterin seit 2011 tätig. Ihr Tätigkeitsbereich umfasst das allgemeine Zivilrecht, das (Gewerbe-) Miet-, WEG- sowie Real Estate- Recht. Sie berät kleine und mittelständische Unternehmen, wie auch Privatpersonen, insbesondere aus dem süd- und osteuropäischen Raum - in verschiedenen Bereichen des internationalen Privatrechts.
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