Gesellschaftsformen: Kommanditgesellschaft (KG)
Die Kommanditgesellschaft (KG) erfordert neben der Gewerbeanmeldung auch die Eintragung in […]
In vielen Erstberatungsgesprächen haben wir die Erfahrung gemacht, dass unsere Mandanten von ihren Anlageberatern oder -vermittlern nie richtig darüber aufgeklärt wurden, was sie mit ihrer Anlage eigentlich erworben haben. Es herrscht die Fehlvorstellung, damit eine Kapitalanlage gekauft zu haben, die sich im schlechtesten Falle ungünstig verkaufen lässt. Dies ist nur verständlich, denn oftmals haben Kapitalanleger lediglich seitens der Berater verschiedenste Versprechen zu einer Wertentwicklung erhalten, die sich schlussendlich nicht erfüllen. Die zugrundeliegende rechtliche Konstruktion der Anlagegesellschaften, bei denen sie Anlagen zeichnen, wurde nicht erklärt.
Um darzustellen, dass sich eine Anlage zumeist nicht einfach ablegen lässt wie ein zu klein gewordenes Kleidungsstück, entwerfen wir im Folgenden an einem fiktiven Fall den Ablauf des Konzepts Fond.
Zum tieferen Verständnis sei das stark vereinfachte und fiktive Projekt der Auflegung eines Fonds namens „Banana Cruise Liner“ genommen:
Auflegung eines Fonds
Das Emissionshaus „EMMS Capital AG“ befindet sich unter Druck, da bereits mehrere Banken nach einem neuen Fond angefragt haben. Die Banken haben ein großes Eigeninteresse daran, derartige Beteiligungen an ihre Kunden zu vermitteln. Die Kunden zahlen nämlich nicht schlicht ihre Beteiligung als Einlage an die Fonds, sondern es fließen nach erfolgreicher Vermittlung aus den Fonds auch hohe Erfolgshonorare, sogenannte Provisionen, an die Banken zurück. Darin liegt das primäre Interessen der Banken, nicht die Vermittlung einer inflationsbereinigenden Anlage aufgrund frei verfügbaren Kapitals zu einer Wertsteigerung nebst Steuerersparnis der Kunden.
Daher schließt sich das Emissionshaus mit der Reederei „Ahoi GmbH“ mit Sitz in Stralsund zusammen. Die Reederei lässt bereits seit 100 Jahren erfolgreich eigene Schiffe zum Transport von Waren über die Weltmeere fahren. Erst kürzlich wurde die Reederei übernommen. Die neuen Eigentümer haben ein Interesse daran, aus dem guten Renommee der Reederei Gewinn zu schlagen. Zusätzlich besteht so für die Reederei die Möglichkeit, ohne eigenen Kapitalaufwand die Flotte zu erweitern.
Sodann gründen das Emissionshaus und die Reederei zusammen die „Banana Beteiligungsgesellschaft mbH“. Die GmbH hat ein Stammkapital in Höhe von EUR 25.000, das vom Emissionshaus vorlegt wird. Diese GmbH dient als Komplementärin, also als persönlich haftende Person, für die nachfolgend gegründete Kommanditgesellschaft. Diese heißt dann mit vollem Namen „Banana Cruise Liner GmbH & Co. KG“. Das ist die Beteiligungsgesellschaft, an der sich die Anleger beteiligen können.
Die Gesellschaft hat zum Zweck, einen Massengutfrachter zu erwerben. Damit sollen Bananen von den Anbaugebieten von Übersee weltweit verfrachtet werden. Das Emissionshaus stellt dazu einen 142 Seiten starken Hochglanzprospekt her, der die Banane als Kulturgut anpreist sowie dessen wachsendes Potential aufgrund steigender Nachfrage wegen allgemein steigenden Wohlstands. Die Reputation der Reederei Ahoi wird herausgestellt. Diesem Prospekt bereits vorformuliert angefügt sind eine Beitrittserklärung, ein Gesellschaftsvertrag und eine Registervollmacht.
Bei Auflegung des Fonds wird auch vereinbart, dass eine Abteilung des Emissionshauses den Vertrieb der Anlagen übernimmt. Dazu soll es sich weiterer Untervermittler bedienen dürfen. Als Ziel wird das Einsammeln von EUR 70.000.000,00 avisiert, davon EUR 50.000.000,00 über Darlehen bei Banken. Erst ab da soll der Fonds als zustande gekommen anzusehen sein. Danach folgt der sogenannte Platzierungszeitraum, in dem bis zu einem bestimmten Datum Beteiligungen gezeichnet werden können.
Das zu erwerbende Schiff selber wird zwar nur EUR 40 Mio. kosten; der restliche Betrag soll jedoch eingesetzt werden zur Bezahlung der Kosten für Aufsetzen des Fonds, Leistungen der Reederei, Ausgaben zur Unterhaltung und Betreibung des Schiffes und nicht zuletzt für genannte Provisionen. Dies sind die sogenannten „Weichkosten“. Den Anlegern wird als Mindestbeteiligungssumme EUR 10.000,00 vorgegeben. Zudem muss die Beteiligung mindestens 12 Jahre gehalten werden. Ein vorzeitiger Austritt ist gesellschaftsvertraglich nicht vorgesehen. Durch die lange Laufzeit der Anlage und die beschränkte Veräußerbarkeit handelt es sich bei dem „Banana Cruise Liner“ um einen sogenannten „geschlossenen Fond“.
Der damit aufgelegte Fond beginnt im Januar 2008, die entsprechenden Summen einzusammeln. Zeichnungsschluss ist der 30. Juni 2008. Die Kreiskasse S gewährt das volle Darlehen in Höhe von EUR 50 Mio.
Platzierung der Einlagen
Hier kommen nun Sie als Anleger ins Spiel. Insbesondere unter dem zeitlichen Druck, dass der Zeichnungszeitraum begrenzt ist heißt es, das Kapital schnellstmöglich einzusammeln.
Die Vertriebsgesellschaft verteilt den Prospekt auf allen ihr zur Verfügung stehenden Kanälen: Banken, Vermittlungsgesellschaften, Execution-Only-Vertriebe, freie Anlageberater. Möglicherweise werden sogar eigene Vertriebler mit Powerpoint-Präsentationen und einem Stapel Prospekte zu einer Tour durch Gemeindehallen losgeschickt.
In unserem Fall zeichnet Anleger A auf Anraten seines Bankberaters der Kreiskasse K am 29. Juni 2008 eine Beteiligung an der „Banana Cruise Liner GmbH & Co. KG“. Immerhin schließt der Fonds ja auch bald. A hat zwar nur EUR 5.000,00 einzusetzen, den Rest finanziert ihm jedoch die Bank gerne durch ein Darlehen. Der Anlageberater erwähnt dabei nicht, dass die Bank an der Zeichnung selber verdient. Außerdem gibt der Berater vor, dass die Beteiligung jederzeit wieder frei auf dem Markt veräußerbar sei. Aber den Anlageprospekt übergibt der Berater unserem Anleger A nach dem Gespräch, dieser gebe über alle weiteren nötigen Informationen einschließlich Risiken Auskunft.
Kommanditgesellschaft
A ist durch Zeichnung seiner Beteiligung Kommanditist der „Banana Cruise Liner GmbH & Co. KG“ geworden. Er ist also folglich Gesellschafter, vergleichbar dem Gesellschafter einer Offenen Handelsgesellschaft oder Gesellschaft bürgerlichen Rechts.
Bei einer Kommanditgesellschaft handelt es sich grundsätzlich um eine Personengesellschaft. Eine Personengesellschaft – OHG, GbR, KG – zeichnet sich dadurch aus, dass die Gesellschafter unbeschränkt haften. Eine unbeschränkte Haftung bedeutet, dass die Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen für Verbindlichkeiten der Gesellschaft einzustehen haben. Dazu im Gegensatz haftet bei einer Kapitalgesellschaft, zum Beispiel einer Aktiengesellschaft (AG) oder Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), nur die juristische Person, also die Gesellschaft selber. Nicht umsonst sind das Emissionshaus EMMS AG und die Reederei Ahoi GmbH als Kapitalgesellschaft organisiert.
Bei der Kommanditgesellschaft gibt es jedoch die Besonderheit, dass die Haftung des Kommanditisten auf die im Handelsregister eingetragene Haftungssumme beschränkt ist. A hatte seine Beteiligung auf EUR 10.000,00 gesetzt. Seine Einlage ist auch entsprechend der erteilten Registervollmacht im Handelsregister eingetragen worden. Zwar ist damit also seine Haftung auf diese Summe begrenzt, jedoch haftet er für den Betrag von EUR 10.000,00 persönlich, unmittelbar und unbeschränkt mit seinem gesamten Vermögen
Unternehmerische Beteiligung
Soweit der Schiffsfonds nachhaltig und selbständig am wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt – was ja sein Zweck ist – erzielt er Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Und obgleich die Anleger keinen Einfluss auf die Geschäftsführung des Fonds haben, sind sie jedoch nicht mehr nur Gesellschafter, sondern Mitunternehmer. Bei der Kapitalbeteiligung handelt es sich um eine unternehmerische Beteiligung. Folglich sind die Kommanditisten, also unser Anleger A, umsatzsteuerpflichtig. Anleger A weiß dies nicht. Unserer Erfahrung nach kann es im Folgenden sogar zu einem Steuerstrafverfahren kommen. Besonders bitter, wenn Anleger A Beamter ist.
Ausschüttungen
Im Jahr 2009 transportiert das Schiff tatsächlich Bananen. Damit werden Chartereinnahmen erzielt. Nach Abzug aller Weichkosten – also der Kosten für die Verwaltungstätigkeiten des Reeders „Ahoi GmbH“, den Betrieb des Schiffes und Tilgung der Zinsen für die aufgenommenen Kredite – ergab sich bestenfalls ein Gewinn, der an die Kommanditisten ausgeschüttet wird. Im Jahr 2010 bereits wird der Frachter nicht mehr so oft gebucht wie geplant. Desgleichen erhält Anleger A immerhin 6 % der anstatt der 8 % prognostizierten Ausschüttungen. Ob dieser Entwicklungen wird A misstrauisch.
Ab den Folgejahren bleiben Ausschüttungen vollkommen aus.
Weitere Entwicklung des Fonds
Aufgrund der schlechten Weltwirtschaft und des Überangebots von Schiffen wegen zu vieler neu aufgelegter Fonds, liegt das Schiff im Folgenden brach. Dabei verursacht es dennoch Kosten, da es in einem Hafen vor Anker liegt und gewartet werden muss. Alternativ kann man das Schiff kraftstoffsparend ganz langsam über die Meere fahren lassen, sogenanntes „Slow Steaming“, was billiger sein kann als ein Ankerplatz.
Die „Banana Cruise Liner GmbH & Co. KG“ kann diese Kosten zur Unterhaltung nicht mehr bedienen. Das von den Anlegern eingesammelte Geld, also das, was tatsächlich als Eigenkapitalausstattung verfügbar war, wurde bereits vollends für die Weichkosten aufgebraucht. Dementsprechend fürchtet die Kreisbank K um ihr Darlehen. Zunächst wird eine Rettung des Fonds über Finanzierungskonzepte versucht, dazu finden mehrere Gesellschafterversammlungen statt. Im Jahr 2013 kündigt die Kreisbank K den bestehenden Kreditvertrag.
Um wenigstens die laufenden Kosten für das Management und die Reederei zu bedienen, wendet sich die „Banana Cruise Liner GmbH & Co. KG“ an ihre letzten verbleibenden Schuldner, ihre eigenen Kommanditisten. Diese haben ja Ausschüttungen erhalten. Und diese wurden aus dem Gesellschaftsvermögen, also von den von den Anlegern selbst geleisteten Einlagen, aufgebracht. In diesem Moment lebt die Haftung der Kommanditisten und somit auch des A wieder auf: er hat bisher EUR 3.000,00 zurückerhalten bzw. noch nicht eingezahlt. Diese soll er nun wieder in den notleidenden Fonds einzahlen, obwohl er bisher nicht einmal das für den Anlageerwerb aufgenommene Darlehen getilgt hat. Allein die Darlehensraten übersteigen seine finanziellen Möglichkeiten. Als Mitgesellschafter der „Banana Cruise Liner GmbH & Co. KG“ kann er sich seiner Beteiligung nicht einfach entledigen, insbesondere, weil er noch für weitere sieben Jahre an seine Beteiligung gebunden ist.
Der Fond meldet im Folgenden die Insolvenz an. Der Insolvenzverwalter fordert von Anleger A einen weiteren Betrag in Höhe von EUR 2.000,00, der zur Finanzierung eines Konsolidierungskonzeptes dienen soll oder von einem Poolgarant geleistet wurde. Er soll also faktisch zusätzlich noch Geld in den Fond nachschießen.
Chancen
An dieser Stelle ist es wichtig, dass sich Anleger A mit einem auf das Kapitalmarktrecht speziell ausgebildeten Anwalt in Verbindung setzt. Denn sein Misstrauen im Jahr 2010 könnte als grob fahrlässige Verkennung der Rechtslage beurteilt werden. Und damit wären seine Ansprüche bereits im Jahr 2014 verjährt.
Im vorliegenden Fall könnten dem Anleger A Schadensersatzansprüche gegen den Anlageberater, die Bank und sogar gegen das Emissionshaus und die Reederei zustehen, da die an sie gezahlte Provisionen (sogenannte „kick-backs“) im Verkaufsgespräch unerwähnt geblieben sind. Denn eine Bank nimmt besonderes Vertrauen in Anspruch, wenn sie ihren Kunden berät. Der Kunde kann nicht erwarten, dass die Bank ein Eigeninteresse an dem Geschäft hat.
Des Weiteren gibt es einen nur begrenzten Zweitmarkt für Anteile an geschlossenen Immobilienfonds. Von einer freien Veräußerbarkeit, wie vom Berater behauptet, kann jedenfalls keine Rede sein. Auch dies könnte einen Beratungsfehler darstellen.
Darüber hinaus hätte ihm der Fondsprospekt bereits so rechtzeitig vor dem Beratungsgespräch ausgehändigt werden müssen, sodass er ungestört eine eigene Lektüre hätte vornehmen können.
Zudem hat der Anlageberater nicht auf das besondere Risiko hingewiesen, dass die Finanzierung durch Kreditaufnahme bei Ausbleiben prognostizierter Einnahmen oder Ausschütten den Aufwand für die vertragsgemäße Bedienung des Kredites nicht aus eigenen Mitteln aufgebracht werden könnte. Auch damit hat er seine Pflichten aus dem Beratungsvertrag verletzt.
An diesem Punkt sollte sich A mit einem auf dieses spezielle Rechtsgebiet ausgebildeten Anwalt in Kontakt treten. Dieser kann diese Ansprüche für den A noch innerhalb der Verjährungsfrist geltend machen. Unserer Erfahrung nach führen persönliche Schreiben an die jeweiligen Gesellschaften leider zu keinem Erfolg.
Anlageprodukte sind komplexe Produkte. Dabei ist der vorliegende Beispielsfall noch stark vereinfacht. Daher empfehlen wir, auch bei geringsten Zweifeln oder Ahnungen mit einem fachlich versierten Anwalt in Verbindung zu treten.
Empirisch gesehen verfolgen die wenigsten Kapitalanleger ihre Ansprüche. Dies mag daran liegen, dass sie ihre Investition bereits abgeschrieben, ihren Glauben in das System, welches sie bereits um ihre Ersparnisse gebracht hat, verloren haben oder weil sie meinen, das Tätigwerden eines Anwalts verursacht nur weitere unnütze Kosten. Rufen Sie uns einfach dazu einmal an. Wir nehmen eine Ersteinschätzung Ihres Falles vor und besprechen anhand der Möglichkeiten, mit denen wir Ihnen helfen können, erst einmal alles Weitere – ohne jegliche Risiken für Sie. Wir haben Interesse daran, Ihnen Ihr Geld zurückzuholen; nicht, Sie noch einmal vergeblich zahlen zu lassen.
Rechtsanwalt Matthias Steinchen ist Associate der Kanzlei WK LEGAL und vertritt insbesondere Anleger gerichtlich und außergerichtlich in sämtlichen kapitalmarktrechtlichen Fragestellungen. Wenn sie mehr erfahren wollen, oder Fragen zu Ihren Anlagen haben, besuchen Sie uns unter http://www.wklegal.de/ oder schreiben Sie einfach eine E-Mail an Steinchen@wklegal.de
Rechtsanwalt Matthias Steinchen ist Ihr Ansprechpartner für die Bereiche Bank- und Kapitalmarktrecht, Gesellschaftsrecht und Immobilien-recht. Im Kapitalmarktrecht berät er Sie umfassend in Ihren Geschäftsbeziehungen mit Finanzdienstleistungsinstituten. Dabei liegt sein Fokus auf der Beratung von Kapitalanlegern.
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