BGH: Modernisierungsmaßnahme beurteilt sich nach gegenwärtigem Zustand der Wohnung
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 110/11 Verkündet am: […]
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Manchmal wohnen Mieter und Vermieter unter einem Dach. Manchmal legen Vermieter mehrere Wohnungen zu einer zusammen. Manchmal gibt es nach der Zusammenlegung nur noch zwei Wohnungen in einem Gebäude.
Grundsätzlich gilt gemäß § 573a BGB, dass ein Vermieter, welcher selbst in einem Haus mit nicht mehr als zwei Wohnungen sein zu Hause hat, unter erleichterten Bedingungen seinem Mieter kündigen kann. Für eine vermietete Doppelhaushälfte – also Wohnung des Mieters in der einen und Wohnung des Vermieters in der anderen Haushälfte – gilt die Vorschrift dem BGH zufolge nicht (BGH, Urteil vom 25. Juni 2008 – VIII ZR 307/07). Sollte es sich um ein Gebäude mit einer oder mehreren Gewerbeeinheiten (bspw. im Untergeschoß) und zwei Wohnungen (bspw. im Obergeschoß) handeln, so liegen die Voraussetzungen des § 573a BGB vor. Bei Vorhandensein von mehr als zwei Wohnungen, greift § 573a BGB hingegen nicht. Angemerkt sei in diesem Zusammenhang, dass Ferienzimmer oder Räume ohne eigene Kochgelegenheit oder Ausguss nicht als Wohnungen anzusehen sind.
Liegen die Voraussetzungen des § 573a BGB vor, dann muss der Vermieter sich nicht auf die in § 573 BGB genannten Gründe – Eigenbedarf, bessere wirtschaftliche Verwertung, erhebliche Pflichtverletzungen des Mieters etc. – zwecks Berechtigung zur Kündigung berufen. Ihm fällt die Möglichkeit der erleichterten Kündigung mit ihren speziellen Kündigungsfristen (mindestens 6 höchstens 12 Monate) zu.
Nunmehr hatte der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 16. Oktober 2013 – VIII ZR 57/13) sich mit einem Sachverhalt zu beschäftigen, in dem ein Vermieter dem Mieter trotz mietvertraglicher Kündigungsbeschränkung gemäß § 573a BGB kündigte.
Der verklagte Mieter mietete1998 eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in Berlin. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gab es in dem Gebäude drei vermietete Wohnungen. Der (unbefristete) Mietvertrag mit dem verklagten Mieter enthielt einen Passus, der besagte, dass der Vermieter das Mietverhältnis grundsätzlich nicht auflösen würde. In speziellen Ausnahmefällen könne das Mietverhältnis schriftlich unter Einhaltung der gesetzlichen Fristen gekündigt werden, wenn wichtige berechtigte Interessen des Vermieters eine Beendigung des Mietverhältnisses erforderten. Die fristlose Kündigung solle sich nach den gesetzlichen Vorschriften richten.
Viele Jahre später, namentlich 2006, wurde das Gebäude verkauft. Der Grundstückskaufvertrag enthielt eine jeweils weiterzugebende Mieterschutzbestimmung, die eine Kündigung wegen Eigenbedarfs und die Verwertungskündigung (vgl. § 573 Abs.2 BGB) verbot. Es kam, wie es kommen musste. 2009 wurde das Grundstück ohne die vorbenannte Mieterschutzbestimmung veräußert. Die klagenden Vermieter legten die restlichen Wohnungen zusammen und wohnten seitdem in dieser neuen „großen Wohnung“.
Der Mieter wurde gekündigt, da die neuen Vermieter die Wohnung für eine Familienangehörige benötigten. Sie kündigten wegen Eigenbedarfs und hilfsweise nach § 573a BGB. Der Mieter widersprach und berief sich auf bestehende Härtegründe.
Das Amtsgericht Schöneberg wies die Räumungsklage ab. Das Landgericht Berlin gab der Klage statt. Die vom Landgericht zugelassene Revision hatte Erfolg. Der BGH entschied, dass die Kündigung nach § 573a Abs. 1 Satz 1 BGB durch die im Mietvertrag enthaltene Kündigungsbeschränkung ausgeschlossen war. Zur Begründung wurde § 566 Abs. 1 BGB angeführt, wonach der Grundstückserwerber anstelle des bisherigen Vermieters in die Rechte und Pflichten des Mietverhältnisses und eben auch in die vereinbarten Kündigungsausschlüsse eintritt. Ferner wurde die unter § 574 Abs. 1 BGB (Kündigungswiderspruch wegen Vorliegens einer Härte für den Mieter) fallende Härtefallproblematik erörtert. Das Landgericht Berlin hatte jedoch noch nicht über die Eigenbedarfskündigung – welche nicht in allen Fällen einer Beschränkung der Kündigung unterfällt – entschieden, weswegen das Berufungsurteil aufgehoben und zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Berlin zurückverwiesen wurde.
Der Fall macht deutlich, dass beim Immobilienerwerb stets auch das gesamte Vertragswerk bezüglich der einzelnen zu übernehmenden Mietverhältnisse gründlich zu prüfen ist, um nicht mit unerwarteten Rechten und Pflichten konfrontiert zu werden.
Die Entscheidung zeigt jedoch auch, dass Mieter von Einliegerwohnungen grundsätzlich weniger geschützt sind, als Mieter eines Mietshauses mit einer Vielzahl von Wohnungen. Der vermieterseits durchaus intelligenteSchachzug der Zusammenlegung mehrerer Wohhnungen zu einer, um nur noch insgesamt zwei Wohnungen zu verzeichnen, macht deutlich, dass ein Kündigungsausschluss oft der letzte Schutzmechanismus ist, um möglichen zukünftigen Negativentwicklungen entgegen zu treten. Interessant wird der Fall, wenn Wohnungen zusammengelegt werden, um sich die erleichterte Kündigungsmöglichkeit zu verschaffen und nach erfolgreicher Kündigung wiederum in verschiedene „neue“ Wohnungseinheiten unterteilt wird.
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