Die Kündigungsfristen im Arbeitsverhältnis – Gibt es eine Höchstgrenze?
An sich müsste man meinen, dass lange Kündigungsfristen sowohl für Arbeitnehmer […]
Mergers & Acquisitions (M&A), Fusionen und Übernahmen, sind ein Sammelbegriff für Unternehmenstransaktionen, bei denen sich Gesellschaften zusammenschließen oder den Eigentümer wechseln. In diesem Bereich ist unter anderem das Arbeitsrecht von großer Bedeutung. Das liegt daran, dass die Menschen hinter dem Unternehmen, also die Geschäftsleitung, das Management und die Arbeitnehmer im Fokus der Verhandlung zwischen Käufer und Verkäufer des Unternehmens stehen, da sie maßgeblich ausschlaggebend für den Erfolg des Unternehmens sind. Zudem stellen die Lohn- und Gehaltskosten meist den höchsten Kostenpunkt des Unternehmens dar, weshalb dem Arbeitsrecht allgemein für Unternehmen eine große wirtschaftliche Bedeutung zukommt.
Bei einem M&A-Prozess stehen sich dabei die unterschiedlichen Interessen der Parteien gegenüber. Der Erwerber möchte für ihn wichtige Arbeitnehmer im Unternehmen halten und gleichzeitig wissen, ob die Voraussetzung für die spätere Umsetzung arbeitsrechtlicher Maßnahmen vorliegen. Sein Ziel ist eine erfolgreiche Integration des Unternehmens. Der Verkäufer strebt seinerseits an wirtschaftliche und rechtliche Risiken zu beseitigen um eine Stärkung seiner Verhandlungsposition zu erreichen.
Im folgenden Beitrag soll nun dargestellt werden, welche arbeitsrechtlichen Gesichtspunkte bei einer M&A-Transaktion zu beachten sind. Dabei wäre es eindeutig zu kurz gegriffen, erst in der Integrationsphase auf das Arbeitsrecht einzugehen. Bereits im Vorfeld einer Unternehmenstransaktion sollten vielfältige arbeitsrechtliche Fragen gestellt und geklärt und entsprechende Maßnahmen ergriffen werden.
Die Due Diligence ist die sorgfältige Prüfung und Analyse eines Unternehmens durch den potenziellen Käufer, vor allem im Hinblick auf die wirtschaftlichen, rechtlichen, steuerlichen und finanziellen Verhältnisse des Zielunternehmens. Diese Prüfung soll mögliche Risiken des Unternehmenskaufes aufdecken. Die arbeitsrechtliche Due Diligence soll vor allem bestehende Restrukturierungsmöglichkeiten und diesbezüglich bestehende Probleme aufzeigen. In dieser Prüfungs-Phase der Unternehmenstransaktion sollten, um dies zu ermöglichen, umfassende Informationen über das Zielunternehmen angefordert werden („Document Request List“).
Die Informationen sollten eine aktuelle Liste der Arbeitnehmer unter Angabe von Alter, Eintrittsdatum, Funktion und Vergütung, besonderem Bestandsschutz und Voll- oder Teilzeitbeschäftigung enthalten. Zudem sollte näher über Arbeits- und Dienstverträge Auskunft gegeben werden. Außerdem sollte eine Liste mit allen sonstigen Vereinbarungen bezüglich Gewinn- und Umsatzbeteiligungen sowie sonstiger Bezüge, sowie Angaben zu allen Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen und Informationen zu bereits ausgesprochenen oder bevor stehenden Kündigungen, sowie Informationen zu arbeitsrechtlichen Rechtsstreiten verlangt werden. Um sich zudem ein Bild über die Verantwortungsbereiche zu machen sollten auch Organigramme und Organisationspläne angefordert werden.
Für das weitere Vorgehen ist zunächst wichtig, ob es sich bei der Transaktion um einen Asset- oder einen Share-Deal handelt. Beim Share Deal erwirbt der Käufer die Gesellschaft durch den Kauf aller oder fast aller Anteile einer Personen- oder Kapitalgesellschaft. Beim Asset-Deal hingegen, erwirbt der Käufer Vermögenswerte des Unternehmens, also die Wirtschaftsgüter einzeln.
Handelt es sich um einen Asset-Deal, so gehen bei Vorliegen eines Betriebsübergangs alle Arbeitsverhältnisse gemäß § 613a BGB auf den Erwerber über. Hier kann sich mitunter die Schwierigkeit der Zuordnung von Arbeitnehmern stellen, wenn nur ein Teil des Betriebes übergeht. Grundsätzlich gehen dann nur die Arbeitsverhältnisse über, die dem übergehenden Betriebsteil zuzuordnen sind. Im Zweifel geschieht diese Zuordnung nach dem Schwerpunkt des Arbeitsplatzes. Die vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer sind nach § 613a Abs. 5 BGB in Textform über Zeitpunkt, Grund, Folgen des Übergangs und die anstehenden Maßnahmen zu informieren. Die Unterrichtung kann sowohl vom bisherigen als auch vom neuen Arbeitgeber vorgenommen werden. Werden die Arbeitnehmer nicht oder nicht richtig informiert, kann dies zu schwerwiegenden Folgen führen.
Beim Share-Deal kommt § 613a BGB hingegen nicht zur Anwendung, da in diesem Fall der Inhaber des Unternehmens nicht wechselt. Dies kann möglicherweise einen geplanten Personalabbau erleichtern, so dass diese Option grundsätzlich immer mit zu berücksichtigen ist.
Die übergehenden Arbeits- und Dienstverträge sollten anhand der erhaltenen Informationen eingehend überprüft werden, um das Risiko für den Erwerber besser einschätzen zu könne und herauszufinden, ob geplanten Änderungen im Bereich des Personals umsetzbar sind. Dabei geht es vor allem darum herauszufinden, welche Leistungen das Zielunternehmen den Arbeitnehmern gewährt und ob besonders kostenintensive Klauseln in den Verträgen enthalten sind. Auch sollten einzelne Regelungen, zum Beispiel im Rahmen einer ABG-Kontrolle, auf ihre Wirksamkeit überprüft werden. Dies kann unter anderem Klauseln über die pauschale Abgeltung von Überstunden oder Wettbewerbsverbote betreffen. Im Hinblick auf befristetet Arbeitsverträge ist vor allem die Zulässigkeit der Befristung nach § 14 TzBfG zu prüfen.
Ein weiteres Augenmerk sollte auf der Beschäftigungsdauer und den bestehenden Kündigungsfristen liegen. Dabei gilt es zu beachten, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Wiedereinstellung haben kann, wenn ihm zum Beispiel zunächst wegen einer beabsichtigten Betriebsstillegung gekündigt wird, es jedoch später doch noch zu einem Betriebsübergang auf einen Erwerber kommt. Dieser Anspruch kann auch noch nach Ablauf der dreiwöchigen Frist aus dem Kündigungsschutzgesetz geltend gemacht werden. Das Risiko eines solchen Wiedereinstellungsanspruch darf daher im Rahmen der Due Diligence nicht außer Acht gelassen werden. Besonderheiten bestehen, wenn sich das zu erwerbende Unternehmen bereits im Insolvenzverfahren befunden hat und der Insolvenzverwalter vor dem Erwerb eine Insolvenzkündigung aus betriebsbedingten Gründen ausgesprochen hat. Die Unternehmenstransaktion sollte dann unter Berücksichtigung der in diesem Fall einschlägigen Rechtsprechung erfolgen.
Im Hinblick auf befristetet Arbeitsverträge ist vor allem die Zulässigkeit der Befristung nach § 14 TzBfG zu prüfen. Hinsichtlich freier Mitarbeiter ist zu prüfen ob in einigen Fällen eventuell eine „Scheinselbstständigkeit“ vorliegt und es sich infolgedessen bei diesen Arbeitnehmern eben nicht um freie Mitarbeiter handelt. Auch Tarifverträge und gegebenenfalls vorhandene Betriebsvereinbarungen sind zu beachten.
Zudem ist es sinnvoll sich einen Überblick über die Möglichkeit einer Trennung von leitenden Personen und die damit gegebenenfalls verbundenen Kosten zu verschaffen. Dies kann wichtig für den Erwerber sein, um möglichst schnell eigene Leute in leitenden Positionen einzusetzen.
Die Ermittlung und Bewertung all dieser Gesichtspunkte ermöglicht es dem Erwerber sich ein genaues Bild vom Zielunternehmen zu machen und infolgedessen das Risiko, das dessen Erwerb mit sich bringt richtig einzuschätzen. Punkte, die sich negativ für den Erwerber auswirken, können zu seinen Gunsten bei der Preisverhandlung angeführt werden.
Doch auch der Veräußerer kann im Vorfeld der Unternehmenstransaktion Maßnahmen ergreifen, die sich zu seinen Gunsten auswirken. Er kann rechtliche und wirtschaftliche Risiken beseitigen, um so eine Stärkung seiner Verhandlungsposition zu erreichen und sein Unternehmen für Interessenten attraktiver zu machen. Ihm muss es vor allem darauf ankommen, die oben aufgezeigten Punkte, die für den Erwerber ein Risiko beziehungsweise eine Belastung darstellen zu beseitigen. Zum Beispiel besteht für ihn die Möglichkeit schon im Vorhinein unwirksame Klauseln in Arbeitsverträgen zu heilen.
Es zeigt sich also, dass viele arbeitsrechtliche Gesichtspunkte bei einer Unternehmenstransaktion, und vor allem schon in deren Vorfeld, von entscheidender Bedeutung sind um diese erfolgreich abschließen zu können und eine reibungslose Integration zu ermöglichen.
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Rechtsanwalt Stefan Weste (M.B.L.) war bis zum 31.08.2018 Partner der Kanzlei WK LEGAL am Standort Berlin. Zu seinen Tätigkeitsschwerpunkten gehörten die Bereiche Arbeitsrecht, Mergers & Acquisitions, Intellectual property sowie das Vertragsrecht.
ÜBER DIESEN AUTOR ARTIKEL VON DIESEM AUTORAn sich müsste man meinen, dass lange Kündigungsfristen sowohl für Arbeitnehmer […]
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