Unwirksame Ausschlussklauseln für Kapitalanlagen

Matthias Steinchen | 16. Mai 2013

Mit Abschluss einer Rechtsschutzversicherung erwartet der Versicherte, bei jeglichen juristischen Problemen anwaltliche Beratung bei Einstandspflicht der Versicherung in Anspruch nehmen zu können. Auch hinsichtlich der Kosten für einen möglicherweise anschließenden Prozesses vertraut der Versicherte auf deren Übernahme durch die Rechtsschutzversicherung.

Bei Vertragsschluss werden jedoch in der Regel auch die Allgemeinen Rechtsschutzbedingungen (ARB) der Versicherer Vertragsbestandteil. In diesen wird zunächst der Umfang der Leistungspflicht beschrieben. Hier wird festgelegt, in welchen Fällen die Versicherung tatsächlich für die Kosten zur Wahrnehmung rechtlicher Interessen aufkommen muss. Gleichsam ist in den ARB ein Katalog über diejenigen rechtlichen Interessen üblich, über welche sich wiederum gerade kein Versicherungsschutz entfalten solle. Die Beschränkung der Versicherungspflicht auf bestimmte Rechtsgebiete dient der Kostenkalkulation für die Versicherungen.

Sieht sich also der Versicherte mit einer Rechtsangelegenheit konfrontiert, welche aufgrund eines Ausschlusses vom Rechtsschutz ausgenommen ist, lehnt die Versicherung eine Übernahme der Kosten hierfür ab. Insbesondere wurde vielen Geschädigten der Lehman-Pleite der Deckungsschutz versagt. Dabei hätten genau diese eine finanzielle Unterstützung durch ihre Versicherungen zur Geltendmachung ihrer Ansprüche benötigt.

Die ARB der verschiedenen Versicherer sind zumeist ähnlich gestaltet, teilweise sind sie sogar identisch. Mit zwei Entscheidungen vom 8. Mai 2013 hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun Kapitalanlegern die Möglichkeit an die Hand gegeben, trotz eines dahingehenden Ausschlusses in den ARB der Versicherer die Kostenübernahme für eine Interessenwahrnehmung bei rechtlichen Problemen in den Bereichen des Wertpapierhandels und bei Beteiligungen an Gesellschaften als Geldanlage verlangen zu können.

In den Entscheidungen zu den Aktenzeichen IV ZR 174/12 und IV ZR 84/12 hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) nun mit folgender Formulierung zum Ausschluss des Leistungsumfangs in den ARB befasst:

„Rechtsschutz besteht nicht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit der Anschaffung oder Veräußerung von Effekten (z.B. Anleihen, Aktien, Investmentanteilen) sowie der Beteiligung an Kapitalanlagemodellen, auf welche die Grundsätze der Prospekthaftung anwendbar sind (z.B. Abschreibungsgesellschaften, Immobilienfonds).“

Der BGH hat diese Klausel im Rahmen einer Kontrolle der Allgemeinen Rechtsschutzbedingungen gemäß §§ 305 ff. BGB als unwirksam erachtet. Die Klausel verstößt nämlich gegen das sich aus § 307 Absatz 1 Satz 1 BGB ergebende sogenannte Transparenzgebot. Nach dieser Anforderung ist derjenige, welcher einem Vertrag allgemeine Bedingungen zugrunde legen möchte, dazu angehalten, die einzelnen Bestimmungen klar verständlich und durchschaubar darzustellen.

Bereits im Urteil vom 22. September 2011 – Az. 29 U 589/11 – hat sich das Oberlandesgericht München mit dieser Klausel auseinandergesetzt. Durch Recherche bei Wikipedia, im Duden, Brockhaus und beim FAZ.NET Börsenlexikon hatte sich das Gericht dabei erfolglos der Bedeutung des Begriffs „Effekte“ aus Sicht eines Versicherten zu nähern versucht. Gleichsam wurde der Ausschluss einer Leistungspflicht bezüglich des nicht festumrissenen Begriffs „Prospekthaftung“ als unwirksam erachtet.

Damit trifft die Versicherung bei Verwendung dieser Formulierung eine Pflicht zum Einstand in Rechtsangelegenheiten betreffend den Wertpapierhandel oder Geschäften im grauen Kapitalmarkt. Betroffene von fehlerhaften Kapitalanlageberatungen, welche bisher eine anwaltliche Beratung aufgrund des Risikos weiterer Kosten trotz Vorhaltens einer Rechtsschutzversicherung vermieden haben, können diese nun mit Rückendeckung ihrer Versicherung in Anspruch nehmen. Wenn Sie der Meinung sind, dies könne auf Ihren Fall zutreffen, sprechen Sie uns einfach an.

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Matthias Steinchen

Rechtsanwalt Matthias Steinchen ist Ihr Ansprechpartner für die Bereiche Bank- und Kapitalmarktrecht, Gesellschaftsrecht und Immobilien-recht. Im Kapitalmarktrecht berät er Sie umfassend in Ihren Geschäftsbeziehungen mit Finanzdienstleistungsinstituten. Dabei liegt sein Fokus auf der Beratung von Kapitalanlegern.

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