Bestandsschutz von sog. Berliner Altmietverträgen?

Simona B. Ignatova | 28. Februar 2012

Steigende Betriebskosten und Mieterhöhung – ein Alltag in Berlin.

Nicht selten wurde in sog. Berliner Altmietverträgen eine Brutto- bzw. Inklusivmiete vereinbart und durch diese wurden sämtliche umlagefähige Betriebskosten mit abgegolten. In derartigen Fällen kann der Vermieter weder eine Umstellung auf eine Nettomiete, noch eine Mieterhöhung wegen gestiegener Betriebskosten einseitig vornehmen. Insoweit stünden Altmietverträge unter sog. Bestandsschutz. Die Neueinführung von Betriebskosten bedürfte demnach grundsätzlich der Zustimmung des Mieters.

Etwas anderes gilt jedoch für Nebenkosten, die verbrauchs- bzw. verursachungsabhägig erfasst werden können. Bei der Abrechnung von Heiz- und Warmwasserkosten gilt die Heizkostenverordnung, nach der diese Kosten mindestens zu 50 %, höchstens zu 70 % nach dem erfassten Wärmeverbrauch der Nutzer auf diese zu verteilen sind. Wasser sowie Abwasserkosten können auch verbrauchsabhängig abgerechnet werden. Der Mieter hat jedoch keinen Anspruch auf den Einbau einer Wasseruhr.

Sollte jedoch der Vermieter Erfassungsgeräte eingebaut haben, kann er die Mietstruktur durch eine einseitige Erklärung in Textform umstellen. Dies ist also lediglich bei Betriebskosten zulässig, die verbrauchs- oder verursachungsabhängig erfasst werden. Voraussetzung ist jedoch, dass dies dem Mieter vor dem Abrechnungszeitraum konkret mitgeteilt wird und die Bruttomiete entsprechend herabgesetzt wird.

Aktuell musste auch der unter anderem für mietrechtliche Fragen zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs – BGH vom 21.09.2011 VIII ZR 97/11  – über folgenden Fall entscheiden.

Mit Mietvertrag vom 18. Mai 1979 mietete der Mieter von der Rechtsvorgängerin der Vermieter eine Vierzimmerwohnung. In dem Mietvertrag war ursprünglich eine monatliche Kaltmiete vereinbart. Nebenkosten sind bei dem monatlich zu zahlenden Betrag nicht aufgeführt.

Schriftlich wurde dem Mieter mitgeteilt, dass beabsichtigt wird, ab dem darauffolgenden Kalenderjahr den Wasserverbrauch über einen noch einzubauenden Kaltwasserzähler zu erfassen und verbrauchsabhängig abzurechnen. Außerdem wurde erklärt, für die Kosten der Wasserversorgung ab dem nächsten Abrechnungszeitraum einen Vorschussbetrag in einer bestimmten Höhe, den sie näher erläuterten, zu erheben und die Miete um diesen monatlichen Betrag zu kürzen.

In dem Urteil wird klargestellt, dass dem Vermieter die gesetzliche Befugnis eingeräumt wird, unter bestimmten Voraussetzungen einseitig die Mietstruktur zu ändern und – wie hier – von einer Bruttokaltmiete zu einer Nettokaltmiete mit verbrauchsabhängiger Abrechnung der gesondert erfassten Kaltwasserkosten überzugehen.

Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Senats zu einer Erhöhung der Miete wegen gestiegener Betriebskosten (Senatsurteil vom 21. Januar 2004 – VIII ZR 101/03). Danach ist ein Vermieter bei einem Altmietvertrag, der als Miete nur einen bestimmten Betrag vorsieht, nicht berechtigt, die Miete wegen gestiegener Betriebskosten zu erhöhen. Darum geht es im Streitfall jedoch nicht. Die Kläger haben keine Mieterhöhung wegen gestiegener Betriebskosten erklärt, sondern mit Schreiben vom 29. Dezember 2006 unter Herabsetzung der Miete die Mietstruktur geändert und für die Kaltwasserkosten eine verbrauchsabhängige Abrechnung eingeführt, so der BGH.

Insoweit stehen die sog. Berliner Altmietverträge nicht unter Bestandsschutz.

Hinsichtlich Betriebskosten, bei denen eine Verbrauchserfassung technisch gewährleistet ist, kann also die Inklusivmiete nach § 556a Abs. 2 Satz 1 BGB umgestellt werden. Allerdings muss die Erklärung des Vermieters, die die entsprechende Änderung der Mietstruktur ankündigt, den formalen Vorgaben der Vorschrift entsprechen. Dies ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Wirksamkeit der Erklärung, wie der AG Hamburg in einem Urteil vom 04.10.2007 – 49 C 112/07 – klarstellt. Nur auf diese Weise kann der Mieter erkennen, ob der Vermieter von seinem Bestimmungsrecht nach dieser Vorschrift wirksam Gebrauch gemacht hat.

WK Legal berät und vertritt sowohl Mieter als auch Vermieter in sämtlichen mietrechtlichen Fragestellungen. Wenn Sie mehr erfahren wollen, schreiben Sie uns eine E-Mail an info@wklegal.de

Sie haben zu diesem Artikel weitergehende Fragen? Stellen Sie Ihre Fragen direkt und unverbindlich an den Autor dieses Artikels über das nachfolgende Kontaktformular.

[insert_ajaxcontact id=2443]

Jetzt teilen:

Simona B. Ignatova

Rechtsanwältin Simona B. Ignatova ist bei WK LEGAL als freie Mitarbeiterin seit 2011 tätig. Ihr Tätigkeitsbereich umfasst das allgemeine Zivilrecht, das (Gewerbe-) Miet-, WEG- sowie Real Estate- Recht. Sie berät kleine und mittelständische Unternehmen, wie auch Privatpersonen, insbesondere aus dem süd- und osteuropäischen Raum - in verschiedenen Bereichen des internationalen Privatrechts.

ÜBER DIESEN AUTOR ARTIKEL VON DIESEM AUTOR

Das könnte Sie auch interessieren

Holen Sie sich Unterstützung

SIE HABEN NOCH FRAGEN?

Online Termin vereinbaren

Buchen Sie direkt online Ihren Termin für eine kostenlose Erstberatung. Der für Sie zuständige Rechtsanwalt wird Sie dann zu dem von Ihnen ausgewählten Termin anrufen.

Antworten per WhatsApp

LEGAL SMART beantwortet rechtliche Fragen auch per WhatsApp. Schreiben Sie uns einfach an und stellen Sie Ihre Frage. Antworten gibt es anschließend direkt auf Ihr Handy.

LEGAL SMART Anwaltshotline

Viele Fragen lassen sich mit einem Profi in einem kurzen Gespräch rechtssicher klären. Mit der LEGAL SMART Anwaltshotline steht Ihnen unser Anwaltsteam für Ihre Fragen zur Verfügung. Bundesweite Beratung über die kostenlose Anwaltshotline unter 030 - 62 93 77 980.

LEGAL SMART RECHTSPRODUKTE

ANWALTLICHE LEISTUNG ZUM FESTPREIS

LEGAL SMART Rechtsprodukt DSGVO Website Update
249,00 €

DSGVO Website Update

Das Update für Ihre Website nach den Anforderungen der DSGVO und haben Sie keine Angst vor Abmahnungen oder Bußgeldern.

LEGAL SMART Rechtsprodukt Vorsorgevollmacht
99,00 €

Vorsorgevollmacht

Bestimmen Sie selbst, wer Sie vertreten soll, wenn Sie Ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln können. Mit einer Vorsorgevollmacht können Sie hierzu alles selbst bestimmen.

MEHR PRODUKTE Anwaltliche Leistung zum Festpreis

LEGAL SMART Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

LEGAL SMART ist die Legal Tech Kanzlei für wirtschaftsrechtliche Themen. Durch konsequente Prozessoptimierung interner und externer Prozesse bieten wir neue Lösungen für verschiedene Fragestellungen. So ist das Recht für jeden zugänglich; schnell, digital und trotzdem mit der Expertise und Kompetenz einer erfahrenen Wirtschaftsrechtskanzlei. Denn Legal Tech ist mehr als nur der Einsatz von Technologie. Legal Tech ist die Bereitstellung juristischer Kompetenz.