Die Tücken im Arbeitsvertrag- Teil 1 – Allgemeines
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Seit 2014 gibt es eine Norm im Sozialgesetzbuch, die es den Parteien eines Arbeitsvertrages erlaubt diesen über die Regelaltersgrenze hinaus zu verlängern. Doch ist auch die Befristung solcher Arbeitsverhältnisse bedenkenlos möglich? In einem aktuellen Urteil hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) sich nun dieser Frage gewidmet und festgestellt, dass die Befristung eines Arbeitsvertrages nach Erreichen des Rentenalters zulässig ist (EuGH, Urteil vom 28.02.2018, C-46/17).
In dem vorgelegten Fall hatte ein Lehrer aus Bremen geklagt, der kurz vor Erreichen des Rentenalters einen Antrag auf Weiterbeschäftigung gestellt hatte. Die Stadt Bremen hatte dem zugestimmt, das Arbeitsverhältnis aber auf ein weiteres Schuljahr befristet. Eine darüber hinausgehende Verlängerung wurde abgelehnt. Daraufhin klagte der Lehrer, da er in der Befristung einen Verstoß gegen das Unionsrecht sah und sich aufgrund seines Alters diskriminiert fühlte. Das zuständige Landesarbeitsgericht Bremen legte den Fall zur Klärung der aufgeworfenen Fragen dem EuGH vor.
Entscheidungserheblich war dabei vor allem die 2014 eingeführte Regelung in § 41 S. 3 Sozialgesetzbuch VI (SGB VI), die es den Parteien des Arbeitsvertrages erlaubt das Ende des Arbeitsverhältnisses auch über die Regelaltersgrenze hinauszuschieben, gegebenenfalls sogar mehrfach. Problematisch ist die Regelung im SGB VI insbesondere, da sie weder einen sachlichen Grund für die Befristung fordert noch Zahl und Dauer der zulässigen Befristungen nennt.
Der EuGH sollte nun darüber entscheiden, ob diese nationale Regelung mit dem Unionsrecht vereinbar ist. Dabei stellte sich insbesondere die Frage der Vereinbarkeit mit dem unionsrechtlichen Altersdiskriminierungsverbot aus der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie (2000/78/EG) und der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge, die vor dem Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverhältnisse schützen soll.
Der EuGH sieht jedoch keinen Verstoß gegen das Altersdiskriminierungsverbot und begründet dies damit, dass das Arbeitsverhältnis bei Erreichen der Regelaltersgrenze grundsätzlich automatisch beendet werde. Die Regelung in § 41 S. 3 SGB VI stelle lediglich eine Ausnahme zu diesem Grundsatz dar, nach der das Ende des Arbeitsverhältnis zeitlich unbegrenzt und ohne weitere Voraussetzungen mehrmals hinausgeschoben werden könne. Erforderlich sei lediglich die Zustimmung beider Parteien des Arbeitsvertrages. Personen, die das Rentenalter erreicht haben würden durch die Regelung nicht gegenüber jüngeren Personen benachteiligt, die dieses Alter noch nicht erreicht haben. Ein Verstoß gegen das unionsrechtliche Altersdiskriminierungsverbot sei also nicht ersichtlich.
Bezüglich eines Verstoßes gegen die Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge hält der EuGH es schon für fraglich, ob in der vorliegenden Verlängerung überhaupt ein Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge im Sinne der Rahmenvereinbarung gesehen werden könne. Denn die Richter halten es für möglich, dass die Regelung eine bloße Verschiebung des ursprünglich vereinbarten Rentenalters darstellt. Jedenfalls sei im vorliegenden Fall laut EuGH kein Missbrauch ersichtlich, denn der Arbeitnehmer behalte schließlich trotz der Weiterbeschäftigung seinen Rentenanspruch. Die Regelung sei somit zumindest insoweit zulässig, als die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses zulässig sei und der Arbeitnehmer eine abschlagsfreie Rente erhalte.
Zudem verwiesen die Richter des EuGH bei ihrer Entscheidung auch auf die Ausführungen des Landesarbeitsgerichtes Bremen. Dieses hatte zu bedenken gegeben, dass ein Arbeitnehmer, der die Regelaltersgrenze erreicht habe, sich regelmäßig am Ende seines Berufslebens befinde und somit ohnehin nicht vor der Wahl stehe einen unbefristeten Vertrag abzuschließen. Zudem unterschiede sich ein Arbeitnehmer, der das Regelalter für den Bezug der gesetzlichen Altersrente erreicht habe auch hinsichtlich seiner sozialen Absicherung von anderen Arbeitnehmern, die durch die Rahmenvereinbarung aufgrund dessen geschützt werden sollen. Nach Ansicht des EuGH ist in der Regelung aus § 41 S. 3 SGB VI also auch bei mehrfacher Befristung kein Verstoß gegen die Rahmenvereinbarung über Befristete Arbeitsverträge zu sehen.
Da der EuGH also keinen Verstoß gegen Unionsrecht festgestellt hat, wird das Landesarbeitsgericht Bremen die Klage des Rentners voraussichtlich abweisen. Das Urteil zeigt, dass der Befristung von Rentner-Arbeitsverträgen zumindest unionsrechtlich nichts entgegensteht. Eine solche Befristung ist also grundsätzlich möglich und auch zulässig.
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Rechtsanwalt Stefan Weste (M.B.L.) war bis zum 31.08.2018 Partner der Kanzlei WK LEGAL am Standort Berlin. Zu seinen Tätigkeitsschwerpunkten gehörten die Bereiche Arbeitsrecht, Mergers & Acquisitions, Intellectual property sowie das Vertragsrecht.
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