BGH zum Identitätsdiebstahl
Der BGH (Urt. v. 06.06.2019 – I ZR 216/17) musste über […]
Auf dem größten Absatzmarkt für Gebrauchtwaren, der Internet-Auktionsplattform eBay, ist es in den letzten Jahren üblich geworden, dass die Verkäufer den Ausschluss der Gewährleistungsrechte erklären. Sätze wie „Keine Garantie, keine Gewährleistung, keine Rücknahme“ oder „Der Verkauf findet unter Ausschluss der Gewährleistung statt“ sind längst Bestandteil fast aller Auktionen. Doch ist unter juristischen Gesichtspunkten ein solcher Gewährleistungsausschluss auch wirksam? Wie so oft lautet die Antwort: Es kommt darauf an …
Ein gewerblicher Verkäufer, also ein Unternehmer im Sinne des § 14 BGB, kann die Gewährleistungsrechte gegenüber einem Verbraucher (§ 13 BGB) nicht wirksam ausschließen. Beim Verkauf von Neuware wäre eine Vereinbarung über eine kürzere als die durch das Gesetz vorgesehene zweijährige Verjährungsfrist schlicht unwirksam, es würden dann die gesetzlichen Regelungen greifen, ergo zwei Jahre ab Ablieferung der Kaufsache.
Ein gewerblicher Verkäufer, der Gebrauchtwaren verkauft, kann die Gewährleistung zwar nicht wirksam ausschließen, sie jedoch immerhin verkürzen. Wirksam wäre danach eine Vereinbarung, die die Verjährungsfrist auf ein Jahr verkürzt. Dies muss der Verkäufer jedoch deutlich erklären. Und es gilt eben nur für gebrauchte Artikel.
Private Verkäufer, die Neuware zum Kauf anbieten, können auch dafür die Frist zur Geltendmachung von Ansprüchen auf ein Jahr verkürzen. Auch in diesem Fall bedarf es eines deutlichen Hinweises auf die Verkürzung.
Bei Gebrauchtwaren steht es einem privaten Verkäufer allerdings zu, die Gewährleistungsansprüche gänzlich auszuschließen. Wiederum ist ein unmissverständlicher Hinweis in der Auktion erforderlich, damit der Gewährleistungsausschluss wirksam vereinbart ist. Gibt es keinen oder nur einen unzureichenden Hinweis gilt wiederum die regelmäßige zweijährige Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche. Auch im Verkehr zwischen Privaten. Formulierungen wie oben dürften in der Regel für den Gewährleistungsausschluss ausreichend sein.
All dies bedeutet selbstverständlich nicht, dass sich Verkäufer durch einen Ausschluss von Gewährleistungsrechten jeglicher Haftung entziehen können. In zwei Konstellationen greift der Ausschluss nicht.
Zum einen, wenn der Verkäufer eine sogenannte Beschaffenheitsgarantie für den Kaufgegenstand übernimmt. Das heißt, wenn eine Eigenschaft (Beschaffenheit) der Sache vom Verkäufer angegeben wird und dies in einer Weise, dass der Käufer auch von der Richtigkeit dieser Angabe ausgehen durfte und musste, dann gilt ein Gewährleistungsausschluss für diese Eigenschaft gerade nicht. Der Bundesgerichtshof formuliert es folgendermaßen: „Die Übernahme einer Garantie setzt daher – wie früher die Zusicherung einer Eigenschaft – voraus, dass der Verkäufer in vertragsmäßig bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein der vereinbarten Beschaffenheit der Kaufsache übernimmt und damit seine Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens dieser Beschaffenheit einzustehen.“ In dieser Entscheidung ging es hauptsächlich um die Laufleistung eines über eBay verkauften gebrauchten PKW, und in diesem Zusammenhang weist das Gericht auch auf Folgendes hin: „Beim Privatverkauf eines Gebrauchtfahrzeugs ist die Angabe der Laufleistung in der Regel lediglich als Beschaffenheitsangabe und nicht als Beschaffenheitsgarantie zu verstehen. Von einer stillschweigenden Garantieübernahme kann beim Privatverkauf eines Gebrauchtfahrzeugs nur dann ausnahmsweise auszugehen sein, wenn über die Angabe der Laufleistung hinaus besondere Umstände vorliegen, die bei dem Käufer die berechtigte Erwartung wecken, der Verkäufer wolle für die Laufleistung des Fahrzeugs einstehen. Alleine die Besonderheiten des Kaufs über das Internet mittels eines von eBay zur Verfügung gestellten Bietverfahrens rechtfertigen diese Annahme nicht.“ (BGH, Urteil vom 29.11.2006, Az. VII ZR 92/06) Es sollte – und das lässt sich auch auf andere Fallkonstellationen projizieren – also nicht vorschnell von einer Beschaffenheitsgarantie ausgegangen werden.
Zum anderen, wenn der Verkäufer einen Mangel an der Kaufsache arglistig verschweigt, also z.B. ein von ihm angebotener Gebrauchtwagen einen Unfall hatte,er ihn jedoch als unfallfrei bezeichnet. Doch auch hier kann nicht pauschal die Unfallfreiheit als wesentlicher Mangel bei Gebrauchtwagen betrachtet werden. Vielmehr sind in dieser Frage ebenso objektive Kriterien heranzuziehen. Der BGH formuliert es so: „Maßgeblich ist allein, ob ein verständiger Verkäufer damit rechnen muss, dass der verschwiegene Mangel Einfluss auf die Entscheidung des Käufers hat. Dann ist der Mangel unabhängig von seinem tatsächlichen Einfluss auf den Kaufentschluss wesentlich und der Verkäufer zur Offenbarung verpflichtet.“ (BGH, Urteil vom 15.07.2011, Az. V ZR 171/10)
Es lässt sich konstatieren, dass sich Verkäufer wie Käufer sehr genau ansehen müssen, was sie in die Artikelbeschreibung aufnehmen bzw. ihr entnehmen können und in welchem Zustand die angebotene Ware tatsächlich ist. Im Zweifelsfall bedarf es einer fundierten rechtlichen Einschätzung, ob ein Gewährleistungsausschluss möglich und wirksam ist.
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