Kein „Absitzen“ der Insolvenz auf Kosten des Staates und der Gläubiger

Wolfgang N. Sokoll | 23. Oktober 2012

Ein Schuldner, der über das Insolvenzverfahren die Restschuldbefreiung anstrebt, kann die Stundung der Kosten des Insolvenzverfahrens beantragen, wenn er die Kosten nicht aufbringen kann. Andernfalls kann das Verfahren nicht eröffnet werden. Diese Vergünstigung gibt es jedoch nicht zum Nulltarif. Der erwerbslose aber arbeitsfähige Schuldner hat sich vielmehr um eine angemessene Erwerbstätigkeit zu bemühen und er darf zumutbare Tätigkeiten nicht ablehnen. Ein schuldhafter Verstoß hiergegen kann auch zur Aufhebung der Stundung (§ 4 c Nr. 4 InsO) und in der Treuhandphase im Interesse der Gläubiger auch zur Versagung der Restschuldbefreiung führen (§ 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO).

Mit Beschluss vom 13.09.2012 – IX ZB 191/11 – bestätigte der 9. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) seine Rechtsprechung dazu, welche Bemühungen dem Schuldner zur Erlangung einer angemessenen Erwerbstätigkeit abverlangt werden können. Anlass war eine Aufhebung einer Verfahrenskostenstundung durch das Amtsgericht Gera und die Zurückweisung einer dagegen gerichteten sofortigen Beschwerde durch das Landgericht Gera. Das Landgericht war der Auffassung, ein erwerbsloser Schuldner müsse sich wöchentlich mindestens 35 Stunden lang mit der ernsthaften und rückhaltlosen Suche nach einem Arbeitsplatz beschäftigen, und bezog sich zur Begründung auf § 1574 Abs. 2 BGB (Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes) und die dazu ergangene Rechtsprechung.

Der BGH hält diese Anforderungen für überspannt. Ein Schuldner müsse sich nicht, wie teilweise von den Familiengerichten hinsichtlich der Aufbringung des Unterhalts für minderjährige unverheiratete Kinder und den ihnen gleichgestellten Volljährigen gefordert, 20 bis 30-mal pro Monat bewerben. Andererseits sei das Maß der Bemühungen aber auch nicht vom Sozialrecht her zu bestimmen. Der BGH bestätigte vielmehr seine mit Beschluss vom 19.05.2011 – IX ZB 224/09 – kundgetane Auffassung, dass vom Schuldner verlangt werden kann, dass er im Regelfall bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitssuchend gemeldet ist und laufend Kontakt zu den dort für ihn zuständigen Mitarbeitern hält. Weiter müsse er sich selbst aktiv und ernsthaft um eine Arbeitsstelle bemühen, etwa durch stetige Lektüre einschlägiger Stellenanzeigen und durch entsprechende Bewerbungen. Die Anzahl der Bewerbungen solle in der Regel bei zwei bis drei pro Woche liegen, sofern entsprechende Stellen angeboten werden.

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Wolfgang N. Sokoll

Rechtsanwalt und Mediator Wolfgang N. Sokoll war bis Ende November 2016 bei WK LEGAL Ihr Ansprechpartner für das Arbeitsrecht, das Insolvenzrecht, das Versicherungsrecht, das Forderungsmanagement, die Zwangsvollstreckung und die außergerichtliche Streitbeilegung insbesondere im Wege der Mediation. Seit dem erreichen Sie ihn in seiner Anwaltskanzlei in Berlin Charlottenburg in der Hardenbergstraße 12 telefonisch unter 030 120857200, per Fax unter 030 120857209 und per E-Mail unter info@mediation-recht.net.

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