BGH: zur außerordentlichen Kündigung und Anwendbarkeit der Schonfrist
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VIII ZR 238/12 vom 15. August 2012 Der […]
Arbeitgebern wird durch die Arbeitsgerichte bekanntlich sehr viel Verantwortung in Bezug auf den Erhalt von Arbeitsplätzen übertragen, indem an Kündigungsgründe regelmäßig sehr hohe Anforderungen gestellt werden. Dies musste auch ein Arbeitgeber erkennen, dessen Mitarbeiter zunächst in Untersuchungshaft genommen wurde und der anschließend eine mehrjährige Freiheitsstrafe ohne Bewährung erhielt. Während das Landesarbeitsgericht Niedersachsen der Kündigungsschutzklage des inhaftierten Arbeitnehmers zunächst mit Urteil v. 27. Mai 2009, Az.: 2 Sa 1261/08 stattgab, wies das Bundesarbeitsgericht diese nunmehr mit Urteil vom 24. März 2011, Az.: 2 AZR 790/09 ab.
„Die Verbüßung einer mehrjährigen Freiheitsstrafe ist grundsätzlich geeignet, die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen. Haben die der strafgerichtlichen Verurteilung zugrunde liegenden Taten keinen Bezug zum Arbeitsverhältnis, kommt regelmäßig nur eine personenbedingte Kündigung in Betracht. Sowohl bei den Anforderungen an den Kündigungsgrund als auch bei der einzelfallbezogenen Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer seine Leistungsunmöglichkeit und die damit einhergehende Störung des Arbeitsverhältnisses selbst zu vertreten hat. Dem Arbeitgeber sind deshalb zur Überbrückung der Fehlzeit typischerweise geringere Anstrengungen und Belastungen zuzumuten als bei einer Verhinderung des Arbeitnehmers etwa wegen Krankheit. Zudem ist auf die voraussichtliche Dauer der Leistungsunmöglichkeit Bedacht zu nehmen. Jedenfalls dann, wenn gegen den Arbeitnehmer rechtskräftig eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren verhängt worden ist, kann der Arbeitgeber den Arbeitsplatz in der Regel dauerhaft neu besetzen.
In Anwendung dieser Grundsätze hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts – anders als die Vorinstanz – die Kündigungsschutzklage eines Arbeitnehmers abgewiesen. Der Kläger war bei der Beklagten seit 1992 als Industriemechaniker beschäftigt. Im November 2006 wurde er in Untersuchungshaft genommen. Im Mai 2007 wurde er – bei fortbestehender Inhaftierung – zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sieben Monaten verurteilt. Gleichzeitig wurde die zur Bewährung erfolgte Aussetzung einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten widerrufen. Laut Vollzugsplan war die Möglichkeit eines offenen Vollzugs zunächst nicht vorgesehen. Eine dahingehende Prüfung sollte erstmals im Dezember 2008 erfolgen. Die Beklagte besetzte den Arbeitsplatz des Klägers dauerhaft mit einem anderen Arbeitnehmer und kündigte das Arbeitsverhältnis im Februar 2008 ordentlich.
Die Kündigung ist aus einem in der Person des Klägers liegenden Grund gerechtfertigt. Der Beklagten war es unter Berücksichtigung der Dauer der Freiheitsstrafe nicht zumutbar, an dem Arbeitsverhältnis festzuhalten.“ (Quelle: Pressemitteilung Nr. 24/11, des Bundesarbeitsgericht)
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Rechtsanwalt Stefan Weste (M.B.L.) war bis zum 31.08.2018 Partner der Kanzlei WK LEGAL am Standort Berlin. Zu seinen Tätigkeitsschwerpunkten gehörten die Bereiche Arbeitsrecht, Mergers & Acquisitions, Intellectual property sowie das Vertragsrecht.
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