Facebooks Faktencheck missverständlich
Das OLG Karlsruhe beschäftigte sich kürzlich in einem Eilverfahren mit einem […]
Mietminderungen sind immer wieder ein Grund für Streit. Oft auch für einen handfesten Rechtstreit zwischen Mietern und Vermietern. Die Höhe der Mietminderung, die rechtzeitige Anzeige des Mangels gegenüber dem Vermieter oder das tatsächliche Vorliegen eines Minderungsgrundes sind nur einige mögliche Ausgangspunkte einer juristischen Auseinandersetzung. Die zentrale Norm in diesem Kontext lautet § 536 BGB.
Zum besseren Verständnis sei Absatz 1 der Norm zitiert:
„Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.“
Es bedarf folglich eines während der Mietzeit auftretenden erheblichen Mangels an der Mietsache.
Die von Mietern angegebenen Minderungsgründe können sehr vielfältiger Natur sein. Eine defekte Duschtasse, ein fehlerhafter Fahrstuhl, Feuchtigkeit, Geruchsemissionen der Gaststätte im Erdgeschoss, Ungeziefer, funktionslose Gegensprechanlagen, kaputte Gemeinschaftsantennenanschlüsse, fehlende Steckdosen, lautlose Klingeln, eine ungewöhnlich raue Badewanne, Schimmel oder Trittschallgeräusche des Nachbarn können Minderungsansprüche begründen. Diese Aufzählung könnte in größerem Umfang eine Fortsetzung finden.
Es soll aber auch darauf hingewiesen sein, dass Vermieter ihren Mietern in gewissen Konstellationen lediglich eine geminderte Miete berechnen. Dies ist oft der Fall, wenn auf angrenzenden Nachbargrundstücken erheblicher Baulärm zu verzeichnen ist. Starke Geräuschbelästigungen können schließlich in schlimmen Fällen ein Auslöser für physische und psychische Beschwerden beim Betroffenen sein. Deswegen werden verständige Mieter und Vermieter bei entsprechender Lärmbeeinträchtigung von einer Minderung der Tauglichkeit der Mietsache ausgehen. Für die Höhe des Minderungsanspruches ist allerdings eine angemessene Herabsetzung des Mietzinses entscheidend. Hier kommt es also insbesondere auf die Intensität der Einschränkung oder sogar Aufhebung der Gebrauchsmöglichkeit einerseits und die korrelierende (gerechte) Mietzahlungspflicht andererseits an.
Normaler Strassenlärm berechtigt unter Umständen gar nicht zur Mietminderung (AG Steinfurt, WuM 1983, 235) und lautes Feiern eines Rudervereins nur zu wenigen Prozent (LG Berlin, GE 2009, 1047). Eine im Haus befindliche Tanzschule kann immerhin zur Minderung von 1/5 der Miete führen (AG Köln, WuM 1988, 56). Lärmende Bauarbeiten im Mietshaus können sogar zur Halbierung der Miete beitragen (AG Weißwasser, WuM 1994, 601). Die Bandbreite ist groß, wie man sehen kann.
In seinem Urteil vom 19. Dezember 2012 (Az. VIII ZR 152/12) befasste sich der Bundesgerichtshof auch mit einem Fall, in welchem Streit um innerstädtischen Verkehrslärm entbrannt war. Explizit ging es um die Zunahme von Verkehrslärm in einer bekannten Berliner Straße. Die Rede ist von der Schlossallee. Der Lärmanstieg resultierte aus einer Verkehrsumleitung anderer Zubringerstraßen auf die Schlossallee wegen Bauarbeiten. Die Mieter waren über ein Jahr dem erhöhten Geräuschpegel des nun stärkeren Verkehrsaufkommens in ihrer Straße ausgesetzt. Sie zögerten nicht und minderten die Miete. Diese Minderung wollte der Vermieter nicht gelten lassen und klagte auf Zahlung der rückständigen Miete. Das Amtsgericht beurteilte die Rechtslage zu Gunsten des Vermieters. Anders entschied in der Berufungsinstanz das Landgericht. Das Landgericht sprach dem Vermieter nur circa die Hälfte des eingeklagten Betrages zu.
Der unter anderem für Mietrecht zuständige achte Zivilsenat des BGH folgt den Ausführungen des Landgerichts nicht. Wenn nämlich eine geringe Lärmbelästigung vertraglich vereinbart ist – ausdrücklich oder konkludent – führt ein erheblicher Anstieg zu einem Mangel und dieser zu einem berechtigten Minderungsverlangen. Wenn eine solche Vereinbarung fehlt, ist jedoch die Verkehrsanschauung unter Berücksichtigung des Nutzungszwecks und des Grundsatzes von Treu und Glauben, § 242 BGB, entscheidend. Es muss in solchen Fällen festgestellt sein, ob ein redlicher Vertragspartner von einem Mangel ausgehen darf. Üblicher Innenstadtlärm, der gewisse Grenzwerte nicht übersteigt, berechtigt daher nicht zur Mietminderung.
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