Räumungsanspruch vs. Mietminderungsrecht

Simona B. Ignatova | 29. Februar 2012

Mieter mindert die Miete. Was nun? Räumungsklage einreichen vs. Prozesskosten sparen?

Nicht zum ersten Mal musste das Amtsgericht Mitte in Berlin (Urteil vom 7. April 2010 – 15 C 63/09) über die Berechtigung von Mietern zur Mietminderung infolge von Lärmbelästigung durch Feriengäste entscheiden, wie wir bereits in unserem Blogartikel „Viel Lärm um nichts“ berichtet haben. Die von den Mietern vorgenommene Minderung der Miete von 20 % hielten die Richter für angemessen. Diesmal gab sich die Vermieterin mit der Entscheidung des Amtsgerichts nicht zufrieden und legte Berufung ein. Das Berufungsgericht wies den Anspruch der Mieter auf Rückzahlung des unter Vorbehalt gezahlten Minderungsbetrages daraufhin ab. Die Mieter teilten die Rechtsauffassung der Berufungsrichter nicht und legten Revision zum Bundesgerichtshof ein.

Ausweislich der Pressemitteilung des BGH – Nr. 28/2012 – hat der VIII. Zivilsenat in seinem Urteil vom 29.02.2012 (VIII ZR 155/11) nunmehr entschieden, dass das Berufungsgericht die Anforderungen an die Darlegung eines Sachmangels i.S.v. § 536 BGB in unvertretbarer Weise überspannt hat.

Konkret wurde ein Teil der Wohnungen in einem Mehrfamilienhaus in Berlin-Mitte an Touristen vermietet. Der Bundesgerichtshof sah keinen Mangel in der Vermietung an Touristen und Feriengäste an sich. Dies führt nicht zwangsläufig zu Beeinträchtigungen der übrigen Mieter, die über das Maß von Störungen hinausgeht, die bei einer Wohnnutzung typischerweise zu erwarten und in einer Wohnanlage mit vielen Parteien kaum zu vermeiden sind, so der BGH.

Gem. § 536 Abs. 1 BGB kann der Mieter die Miete dann mindern, wenn ein Sachmangel, der nicht nur unerheblich ist, vorliegt. Einwirkungen, die über das gewöhnliche und sozialadäquate Maß (weit) hinausgehen, braucht der Mieter nicht beanstandungslos zu dulden und kann die Miete entsprechend mindern.

In diesem Zusammenhang ist der Mieter darlegungs- und beweispflichtig.

Nicht selten werden Lärmprotokolle gefertigt und in den Prozess eingeführt.

Nun stellt der VIII. Senat des BGH klar, dass die Anforderungen an die vom Mieter geforderte Darlegung der Beeinträchtigungen nicht zu überspannen sind. Da die Minderung nach § 536 Abs. 1 BGB kraft Gesetzes eintritt, muss der Mieter nur einen konkreten Sachmangel, der die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt, vortragen. Das Maß der Gebrauchsbeeinträchtigung (oder einen bestimmten Minderungsbetrag) braucht er hingegen nicht anzugeben. Bei wiederkehrenden Beeinträchtigungen durch Lärm oder Schmutz ist deshalb die Vorlage eines „Protokolls“ nicht erforderlich. Vielmehr genügt grundsätzlich eine Beschreibung, aus der sich ergibt, um welche Art von Beeinträchtigungen (Partygeräusche, Musik, Lärm durch Putzkolonnen auf dem Flur o.ä.) es geht, zu welchen Tageszeiten, über welche Zeitdauer und in welcher Frequenz diese ungefähr auftreten.

Diesen Anforderungen wird der Vortrag der Mieter vorliegend gerecht, so der BGH.

Räumung vs. Mietminderung – aktuell am 29.02.2012 – [0:1]

WK Legal berät und vertritt sowohl Mieter als auch Vermieter in sämtlichen mietrechtlichen Fragestellungen. Wenn Sie mehr erfahren wollen, schreiben Sie uns eine E-Mail an info@wklegal.de

Sie haben zu diesem Artikel weitergehende Fragen? Stellen Sie Ihre Fragen direkt und unverbindlich an den Autor dieses Artikels über das nachfolgende Kontaktformular.

[insert_ajaxcontact id=2443]

 

Jetzt teilen:

Simona B. Ignatova

Rechtsanwältin Simona B. Ignatova ist bei WK LEGAL als freie Mitarbeiterin seit 2011 tätig. Ihr Tätigkeitsbereich umfasst das allgemeine Zivilrecht, das (Gewerbe-) Miet-, WEG- sowie Real Estate- Recht. Sie berät kleine und mittelständische Unternehmen, wie auch Privatpersonen, insbesondere aus dem süd- und osteuropäischen Raum - in verschiedenen Bereichen des internationalen Privatrechts.

ÜBER DIESEN AUTOR ARTIKEL VON DIESEM AUTOR

Das könnte Sie auch interessieren

Holen Sie sich Unterstützung

SIE HABEN NOCH FRAGEN?

Online Termin vereinbaren

Buchen Sie direkt online Ihren Termin für eine kostenlose Erstberatung. Der für Sie zuständige Rechtsanwalt wird Sie dann zu dem von Ihnen ausgewählten Termin anrufen.

Antworten per WhatsApp

LEGAL SMART beantwortet rechtliche Fragen auch per WhatsApp. Schreiben Sie uns einfach an und stellen Sie Ihre Frage. Antworten gibt es anschließend direkt auf Ihr Handy.

LEGAL SMART Anwaltshotline

Viele Fragen lassen sich mit einem Profi in einem kurzen Gespräch rechtssicher klären. Mit der LEGAL SMART Anwaltshotline steht Ihnen unser Anwaltsteam für Ihre Fragen zur Verfügung. Bundesweite Beratung über die kostenlose Anwaltshotline unter 030 - 62 93 77 980.

LEGAL SMART RECHTSPRODUKTE

ANWALTLICHE LEISTUNG ZUM FESTPREIS

LEGAL SMART Rechtsprodukt Markenanmeldung EU
899,00 €

Markenanmeldung EU

Mit der EU Marke ist Ihre Marke europaweit geschützt und sichert Sie und Ihre Marke vor parallelen Marken in anderen europäischen Staaten. Nutzen Sie jetzt Ihre Chance auf Ihre EU Marke

LEGAL SMART Rechtsprodukt Markenanmeldung DE+
499,00 €

Markenanmeldung DE+

Mit einer alle Bereiche berücksichtigenden Prüfung erhalten Sie den besten Schutz für Ihre Marke und können Ihre eigene Marke in jeder Hinsicht einsetzen

LEGAL SMART Rechtsprodukt Patientenverfügung
99,00 €

Patientenverfügung

Überlassen Sie Ihre Behandlung im Ernstfall nicht dem Zufall. Bestimmen Sie mit einer Patientenverfügung selbst, welche Behandlung Sie wünschen und welche nicht.

MEHR PRODUKTE Anwaltliche Leistung zum Festpreis

LEGAL SMART Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

LEGAL SMART ist die Legal Tech Kanzlei für wirtschaftsrechtliche Themen. Durch konsequente Prozessoptimierung interner und externer Prozesse bieten wir neue Lösungen für verschiedene Fragestellungen. So ist das Recht für jeden zugänglich; schnell, digital und trotzdem mit der Expertise und Kompetenz einer erfahrenen Wirtschaftsrechtskanzlei. Denn Legal Tech ist mehr als nur der Einsatz von Technologie. Legal Tech ist die Bereitstellung juristischer Kompetenz.