Unwiderrufliches Bezugsrecht schützt den Berechtigten in der Nachlassinsolvenz

Wolfgang N. Sokoll | 21. März 2013

                                                                                      BUNDESGERICHTSHOF
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IX ZR 15/12                                                                                                                               Verkündet am: 27. September 2012

 

Leitsatz:

InsO § 140 Abs. 1, Abs. 3; VVG § 159 Abs. 3

Bezeichnet der Versicherungsnehmer einer Lebensversicherung als Bezugsberechtigten im Todesfall unwiderruflich seinen Ehegatten, ist die Zuwendung der Versicherungsleistung regelmäßig bereits mit der Bezeichnung als Bezugsberechtigter vorgenommen. Dies gilt auch dann, wenn die Versicherungsleistung im Erlebensfall dem Versicherungsnehmer zustehen soll und das Bezugsrecht des Ehegatten daran geknüpft ist, dass die Ehe mit dem Versicherten bei dessen Tod besteht.

 

Tenor:

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 27. September 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, Dr. Fischer und Grupp für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 13. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 11. Januar 2012 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand:

Der Kläger ist Verwalter in dem am 9. Dezember 2009 eröffneten Insolvenzverfahren über den Nachlass des am 22. Februar 2009 verstorbenen N. H. (fortan: Erblasser). Der Erblasser hatte vier Lebensversicherungen abgeschlossen. Nach seinem Tod zahlten die Versicherer die Versicherungssummen in Höhe von insgesamt 414.847,02 € an die Beklagte aus, mit welcher der Erblasser in dritter Ehe verheiratet war. Der Kläger focht das Bezugsrecht der Beklagten aus den Lebensversicherungen nach § 134 InsO an.

Die Beklagte erstattete dem Kläger die Versicherungssummen aus drei Lebensversicherungen in Höhe von insgesamt 288.099,07 €, weigerte sich aber unter Berufung auf ein unwiderrufliches Bezugsrecht, die weiteren 126.747,95 € zu zahlen. Bei diesem Betrag handelte es sich um die Versicherungssumme aus einer im Jahr 1991 umgewandelten Lebensversicherung. Der nach der Umwandlung gültige Versicherungsschein enthält unter der Überschrift „Leistungsempfänger“ folgenden Text: „Im Todesfall der Ehegatte, mit dem der Versicherte im Zeitpunkt seines Todes verheiratet ist. Sie haben ein unwiderrufliches Bezugsrecht verfügt.“

Die auf Zahlung von 126.747,95 € nebst Zinsen (auch aus dem von der Beklagten erstatteten Betrag ab dem Zeitpunkt der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens) und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gerichtete Klage hat beim Landgericht nur in Höhe der Zinsen aus dem erstatteten Betrag und anteiliger Anwaltskosten Erfolg gehabt. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht die Beklagte darüber hinaus in der Hauptsache zur Zahlung von 7.362,60 € nebst Zinsen verurteilt. Im Übrigen haben Klage und Berufung keinen Erfolg gehabt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.

 

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat mit Recht einen Anspruch des Klägers auf Erstattung der Versicherungssumme nach der allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage der § 143 Abs. 1, § 134 Abs. 1 InsO verneint.

                                                                                                        I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Beklagte habe zwar eine unentgeltliche Leistung des Schuldners erlangt. Diese sei jedoch nicht nach § 134 Abs. 1 InsO anfechtbar, weil sie früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sei. Der Erblasser habe der Beklagten am Tag der Eheschließung ein unwiderrufliches Bezugsrecht zugewandt. Zu diesem Zeitpunkt habe die Beklagte den Anspruch aus dem Versicherungsvertrag erworben, ohne dass der Erblasser dies vertragsrechtlich noch habe ändern können. Die Möglichkeit, dass die Beklagte das Bezugsrecht durch eine Scheidung verlieren konnte, mache dieses nicht zu einem widerruflichen. Die Schenkungsanfechtung könne auch nicht damit begründet werden, dass der Erblasser von seinem Recht, den Versicherungsvertrag zu kündigen, keinen Gebrauch gemacht habe. Ein über die Einräumung der Bezugsberechtigung hinausgehender Vermögenswert sei der Beklagten dadurch nicht zugeführt worden, außerdem fehle es insoweit an einer zweckgerichteten Zuwendung. Begründet sei die Schenkungsanfechtung hingegen bezüglich der Versicherungsprämien in Höhe von 7.362,60 €, die der Erblasser in den letzten vier Jahren erbracht habe. Für die dadurch bewirkte Mehrung des Versicherungsanspruchs habe die Beklagte keine Gegenleistung erbracht.

                                                                                                        II.

Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand. Die von der Beklagten aufgrund ihres Bezugsrechts erlangte Versicherungssumme unterliegt nicht der Schenkungsanfechtung nach § 134 Abs. 1 InsO.

1. Allerdings hat die Beklagte die Versicherungssumme durch eine unentgeltliche Leistung des Erblassers im Sinne von § 134 InsO erlangt. Die vom Versicherer an die bezugsberechtigte Beklagte ausgezahlte Versicherungssumme stellt eine mittelbare Zuwendung des Erblassers dar, für welche die Beklagte ihrerseits keine Leistung zu erbringen hatte (BGH, Urteil vom 23. Oktober 2003 – IX ZR 252/01, BGHZ 156, 350, 355). Die entsprechende Beurteilung des Berufungsgerichts ist frei von Rechtsfehlern. Sie wird von der Revisionserwiderung auch nicht in Frage gestellt.

2. Die Anfechtung scheitert jedoch, weil die anfechtbare Rechtshandlung außerhalb des Zeitraums von vier Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegt, auf den § 134 Abs. 1 InsO die Anfechtbarkeit beschränkt. Mit Recht hat das Berufungsgericht den Zeitpunkt der Eheschließung zwischen der Beklagten und dem Erblasser als maßgeblich für die Vornahme der Leistung erachtet. Die beim Abschluss des Versicherungsvertrags noch nicht bestehende Ehe wurde unstreitig mehr als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens geschlossen.

a) Wann eine unentgeltliche Leistung im Sinne von § 134 Abs. 1 InsO als vorgenommen gilt, bestimmt sich nach § 140 InsO. Maßgeblich ist nach dessen Absatz 1 der Zeitpunkt, in dem die rechtlichen Wirkungen einer Rechtshandlung eintreten. Dies ist der Fall, sobald die gesamten Erfordernisse vorliegen, an welche die Rechtsordnung die Entstehung, Aufhebung oder Änderung eines Rechtsverhältnisses knüpft. Bezeichnet der Versicherungsnehmer einer Lebensversicherung einen Dritten unwiderruflich als Bezugsberechtigten, erwirbt der Dritte den Anspruch auf die Versicherungsleistung regelmäßig sofort (BGH, Urteil vom 17. Februar 1966 – II ZR 286/63, BGHZ 45, 162, 165 f; vom 18. Juni 2003 – IV ZR 59/02, NJW 2003, 2679; vom 26. Januar 2012 – IX ZR 99/11, WM 2012, 517 Rn. 7; § 159 Abs. 3 VVG nF). Im Falle einer widerruflichen Bezeichnung erlangt der Bezugsberechtigte hingegen die Rechte aus dem Versicherungsvertrag erst mit dem Ableben der versicherten Person; bis dahin hat er auch keine gesicherte Rechtsstellung, sondern lediglich eine tatsächliche Aussicht auf den Erwerb der Rechte (BGH, Urteil vom 26. Januar 2012, aaO Rn. 8 mwN; § 159 Abs. 2 VVG nF, § 166 Abs. 2 VVG aF). Die Beurteilung, welche Art der Bezugsberechtigung vorliegt, hat aber stets die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, denn maßgeblich ist letztlich der Wille des Versicherungsnehmers, der bestimmen kann, ob, wann und unter welchen Voraussetzungen das Recht übergehen soll (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 1981 – IVa ZR 80/80, BGHZ 79, 295, 298; vom 18. Juni 2003, aaO S. 2680; vom 2. Dezember 2009 – IV ZR 65/09, NJW-RR 2010, 544 Rn. 10).

b) Im Streitfall war, wie die Auslegung ergibt, ein unwiderrufliches Bezugsrecht vereinbart mit der Folge, dass die Beklagte im Zeitpunkt ihrer Eheschließung mit dem Erblasser die Rechte aus dem Versicherungsvertrag erwarb.

aa) Dem steht nicht entgegen, dass dem Ehepartner nur die Versicherungsleistung im Todesfall unwiderruflich zugewendet wurde und die Erlebensfallleistung dem Versicherungsnehmer zustehen sollte. Auch im Fall eines solchen gespaltenen Bezugsrechts erwirbt der begünstigte Dritte die Rechte aus dem Versicherungsvertrag regelmäßig sofort, allerdings unter der auflösenden Bedingung, dass der Versicherte den Ablauf der Versicherung erlebt, während der Rechtserwerb des Versicherungsnehmers entsprechend aufschiebend bedingt ist (BGH, Urteil vom 17. Februar 1966, aaO S. 166; vom 20. Mai 1992 – XII ZR 255/90, BGHZ 118, 242, 247). Die geteilte Begünstigung widerspricht nicht dem Wesen einer unwiderruflichen Bezugsberechtigung des Dritten mit sofortigem Rechtsübergang, weil sich der Versicherungsnehmer der Möglichkeit, das Bezugsrecht des Dritten nach eigenem Gutdünken aufzuheben, vollständig begeben hat. Nur durch einen sofortigen Rechtsübergang lässt sich die auch bei einer solchen Regelung erstrebte, gegen den Zugriff von Gläubigern des Versicherungsnehmers geschützte Fürsorge für den begünstigten Dritten im Fall des Todes des Versicherten vor Ablauf der Versicherung erreichen. Dies rechtfertigt die Annahme einer auflösenden Bedingung, deren Einfügung den sofortigen Eintritt der rechtlichen Wirkungen des Rechtsgeschäfts nicht hindert(§ 158 Abs. 2 BGB). Sind aber die rechtlichen Wirkungen eingetreten, gilt die Rechtshandlung im Sinne von § 140 Abs. 1 InsO als vorgenommen ungeachtet des Umstands, dass die Wirkungen im Falle des Eintritts der auflösenden Bedingung enden können. Nach dem Grundgedanken des § 140 InsO soll für die Anfechtbarkeit einer Rechtshandlung derjenige Zeitpunkt maßgeblich sein, in dem der Anfechtungsgegner eine Rechtsstellung erlangt hat, die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens ohne die Anfechtung beachtet werden müsste (Begründung zu § 159 RegE-InsO, BT-Drucks. 12/2443 S. 166; BGH, Urteil vom 17. September 2009 – IX ZR 106/08, BGHZ 182, 264 Rn. 9; MünchKommInsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 140 Rn. 1). Auflösend bedingte Rechte sind, solange die Bedingung nicht eingetreten ist, im Insolvenzverfahren wie unbedingte Rechte zu beachten (§ 42 InsO).

bb) Die Ansicht der Revision, der Erblasser habe sich vorbehalten, im Falle einer Kündigung des Versicherungsvertrags den dann zu erstattenden Rückkaufswert beanspruchen zu können, trifft nicht zu. Es braucht deshalb nicht entschieden zu werden, ob aus diesem Umstand zu folgern wäre, dass die Rechte aus dem Versicherungsvertrag erst im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls auf die Beklagte übergingen.

(1) Bei gespaltenem Bezugsrecht mit unwiderruflicher Begünstigung eines Dritten mit der Todesfallleistung bleibt der Versicherungsnehmer zur Kündigung des Versicherungsvertrags berechtigt. Der dann bestehende Anspruch auf den Rückkaufswert steht jedoch grundsätzlich dem Dritten zu, denn das Recht auf den Rückkaufswert ist nur eine andere Erscheinungsform des Rechts auf die Versicherungssumme und gehört deshalb zu den vertraglich versprochenen Leistungen bei einer Lebensversicherung (BGH, Urteil vom 17. Februar 1966, aaO S. 167; vom 20. Mai 1992, aaO; vom 18. Juni 2003, aaO S. 2680; vom 2. Dezember 2009, aaO Rn. 11, 14). Gläubiger des Schuldners können deshalb zwar das Recht des Schuldners zur Kündigung pfänden. Die Kündigung geht aber ins Leere, weil das Kündigungsrecht nur zusammen mit dem Rückkaufswert gepfändet werden kann (BGH, Urteil vom 17. Februar 1966, aaO S. 168; vom 18. Juni 2003, aaO).

(2) Dies gilt auch im Streitfall. Zwar kann der Versicherungsnehmer aufgrund seiner Gestaltungsfreiheit den Rückkaufswert vom unwiderruflichen Bezugsrecht ausnehmen und bestimmen, dass der Rückkaufswert nach Kündigung vor Ablauf der Versicherung ihm verbleibt oder einem Dritten zustehen soll (BGH, Urteil vom 18. Juni 2003, aaO). Eine solche Bestimmung wurde hier jedoch nicht getroffen. Nach der von der Revision angeführten Klausel Nr. 2 im ursprünglichen Versicherungsschein vom 19. November 1985 galt in Abänderung der Allgemeinen Bedingungen für die kapitalbildende Lebensversicherung als vereinbart, dass der Versicherungsnehmer unter Aufhebung der dort vorgesehenen Fristen jederzeit auf den Schluss des laufenden Versicherungsmonats den Rückkaufswert oder die Umwandlung in eine beitragsfreie Versicherung mit herabgesetzter Versicherungssumme verlangen kann. Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (ALB) sahen demgegenüber in § 4 bei vereinbarter Ratenzahlung eine Kündigungsfrist von einem Monat zum Schluss des Ratenzahlungsabschnitts vor. Die individualvertragliche Abänderung betraf somit nur die Fristen für die Inanspruchnahme des Rückkaufswerts und für die Umwandlung in eine beitragsfreie Versicherung, nicht aber die Frage, wem die Rückvergü-tung zustand. § 4 ALB bezeichnet ebenso wie die im Versicherungsschein enthaltene Klausel den Versicherungsnehmer als Empfänger der Rückvergütung. Im Sonderfall der unwiderruflichen Einräumung des Bezugsrechts an einen Dritten steht der Anspruch auf den Rückkaufswert jedoch, wie ausgeführt, grundsätzlich dem Dritten zu. Dies wird weder durch die Allgemeinen Versicherungsbedingungen in Frage gestellt noch durch die angesprochene Klausel im Versicherungsschein, die insoweit die Allgemeinen Bedingungen nicht abändert.

cc) Die Einschränkung, dass der Ehegatte bezugsberechtigt sein sollte, mit dem der Versicherte im Zeitpunkt seines Todes verheiratet ist, machte die Zuwendung des Bezugsrechts nicht unwirksam. Sie hindert auch nicht die Beurteilung, dass es sich um ein unwiderrufliches Bezugsrecht handelte mit der Folge, dass der Ehegatte des Versicherten die Rechte aus dem Versicherungsvertrag sofort oder – wenn die Ehe noch nicht bestand – im Zeitpunkt der Eheschließung erwarb unter der auflösenden Bedingung, dass die Ehe vor dem Eintritt des Versicherungsfalls geschieden wird.

(1) Bezeichnet der Versicherungsnehmer eines Lebensversicherungsvertrags gegenüber dem Versicherer einen Dritten als Bezugsberechtigten, kommt zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer ein Vertrag zugunsten Dritter nach §§ 328, 331 BGB zustande, der ein unmittelbares Recht des Dritten gegenüber dem Versicherer begründet. Der Dritte muss dabei noch nicht konkret bezeichnet sein; es genügt, dass er bestimmbar ist (BGH, Urteil vom 28. Juni 1979 – VII ZR 248/78, BGHZ 75, 78 f; vom 3. Mai 1995 – XII ZR 29/94, BGHZ 129, 297, 305; vom 16. November 2007 – V ZR 208/06, WM 2008, 491 Rn. 10; RGZ 102, 127, 129; 106, 120, 126). Diese Voraussetzung war mit der gewählten Bezeichnung des beim Tod des Versicherungsnehmers mit diesem verheirateten Ehegatten gegeben. Der Rechtserwerb des Dritten kann auch unter Bedingungen gestellt werden mit der Folge, dass er sich erst mit Eintritt der aufschiebenden Bedingung vollzieht oder bei Eintritt der auflösenden Bedingung endet (BGH, Urteil vom 20. Juni 1986 – V ZR 162/85, WM 1986, 1258; MünchKomm-BGB/Gottwald, 6. Aufl., § 328 Rn. 34). Je nach Vorliegen der Bedingung kann dies dazu führen, dass die Person des begünstigten Dritten wechselt. Dies ist im Hinblick auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit unbedenklich, sofern die Bestimmung des Begünstigten der ablaufenden Zeit überlassen, aber – wie hier – durch ein sachliches Merkmal gesichert ist (RGZ 128, 246, 249 f).

(2) Die im Versicherungsvertrag getroffene Bestimmung über das Bezugsrecht bewirkte den Übergang der Rechte aus dem Versicherungsvertrag auf die Beklagte ab dem Zeitpunkt ihrer Eheschließung mit dem Erblasser, auflösend bedingt durch die Scheidung der Ehe (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 1981 – IVa ZR 80/80, BGHZ 79, 295, 298 ff; vom 14. Februar 2007 – IV ZR 150/05, VersR 2007, 784 Rn. 14 mwN). Für einen Willen des Erblassers, die Rechte aus dem Versicherungsvertrag zu einem möglichst frühen Zeitpunkt auf die Ehefrau zu übertragen, spricht der offensichtliche Versorgungscharakter der Begünstigung. Dieser war am besten zu realisieren, wenn das Bezugsrecht so früh wie möglich aus dem Vermögen des Versicherungsnehmers ausschied und damit dem Zugriff seiner Gläubiger entzogen wurde. Der dahingehende Wille des Erblassers manifestierte sich in der Bezeichnung des Bezugsrechts als unwiderruflich. Er verzichtete damit auf die Möglichkeit, die Bestimmung über das Bezugsrecht ohne Zustimmung des Begünstigten zu ändern. Bezugsberechtigt sollte allerdings nur der Ehegatte sein, mit dem der Versicherte im Zeitpunkt seines Todes verheiratet war. Ob diese Voraussetzung vorlag, konnte erst festgestellt werden, wenn der Versicherte verstarb. Gleichwohl kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass die Rechte aus dem Versicherungsvertrag erst zu diesem Zeitpunkt übergehen sollten, denn die gewünschte Absicherung der Ehefrau wäre dann nur in weit geringerem Maße erreicht worden. Im Übrigen diente die Klausel nicht dazu, dem Versicherungsnehmer die Möglichkeit zu verschaffen, die Person der Bezugsberechtigten zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal zu ändern. Sie sollte vielmehr sicherstellen, dass diejenige Frau die Versicherungsleistung erhielt, welche durch den Tod des Versicherungsnehmers ihren Ehemann verlor. Dies bringt den Versorgungscharakter der Regelung zum Ausdruck, der entscheidend dafür spricht, dass die Rechte aus dem Versicherungsvertrag nach dem Willen des Versicherungsnehmers sofort oder jedenfalls zum Zeitpunkt der Eheschließung – falls diese erst später erfolgen sollte – auf die Begünstigte übergehen und nur im Falle einer Scheidung der Ehe an den Versicherungsnehmer zurückfallen sollten. Die Übertragung der Rechte an den Ehegatten war daher durch die Scheidung der Ehe auflösend bedingt. Die Bestimmung einer auflösenden Bedingung durch den Versicherungsnehmer änderte aber nichts daran, dass die Beklagte die Rechte aus dem Versicherungsvertrag bereits mit der Eheschließung in vollem Umfang erlangte. Damit war die Rechtshandlung auch anfechtungsrechtlich im Sinne des § 140 Abs. 1 InsO bereits zu dem Zeitpunkt vorgenommen, als die Beklagte die Ehe mit dem Versicherten schloss. Die Rechtsstellung der Beklagten hätte im Falle eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Versicherungsnehmers trotz des Vorbehalts der fortbestehenden Ehe beachtet werden müssen, und der Insolvenzverwalter hätte auch keine Möglichkeit gehabt, die auflösende Bedingung herbeizuführen.

3. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, es sei auch nicht selbständig nach § 134 InsO anfechtbar, dass der Erblasser von seinem Recht, den Versicherungsvertrag zu kündigen, keinen Gebrauch gemacht habe, weil der Beklagten dadurch kein über die Einräumung der Bezugsberechtigung hinausgehender Vermögenswert zugeführt worden sei, lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

                           Kayser                           Gehrlein                        Vill                           Fischer                              Grupp                 

 

Vorinstanzen:

LG Darmstadt, Entscheidung vom 14.04.2011 – 27 O 7/11
OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 11.01.2012 – 13 U 90/11

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Wolfgang N. Sokoll

Rechtsanwalt und Mediator Wolfgang N. Sokoll war bis Ende November 2016 bei WK LEGAL Ihr Ansprechpartner für das Arbeitsrecht, das Insolvenzrecht, das Versicherungsrecht, das Forderungsmanagement, die Zwangsvollstreckung und die außergerichtliche Streitbeilegung insbesondere im Wege der Mediation. Seit dem erreichen Sie ihn in seiner Anwaltskanzlei in Berlin Charlottenburg in der Hardenbergstraße 12 telefonisch unter 030 120857200, per Fax unter 030 120857209 und per E-Mail unter info@mediation-recht.net.

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