WhatsApp-AGB: AGB auf Deutsch für WhatsApp ein Muss

Georg Schleicher | 20. Mai 2016

Das Kammergericht Berlin hatte sich mit der interessanten und äußerst praxisrelevanten Fragestellung zu befassen, in welcher Sprache Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) auf Unternehmenswebsites bereitgestellt werden müssen.

Mit Urteil vom 08. April 2016 (Az.: 5 U 156/14) hat das KG Berlin entschieden, dass die AGB von WhatsApp unwirksam sind, weil WhatsApp deutschen Verbrauchern das „Kleingedruckte“ ausschließlich in englischer Sprache zur Verfügung stellt. Ohne Übersetzung ins Deutsche sind sämtliche englischsprachigen WhatsApp-AGB unwirksam.

Deutschsprachiger Internetauftritt, englischsprachige AGB

Der der Entscheidung des KG Berlin zugrundeliegende Sachverhalt ist denkbar einfach gelagert. Der in den USA ansässige Nachrichtendienst WhatsApp unterhält unter der Webadresse  http://www.whatsapp.com  einen Internetauftritt, über den WhatsApp deutschen Verbrauchern seine Produkte und Dienstleistungen anbietet und für diese Werbung betreibt. Der Internetauftritt, deren Inhalt nahezu vollständig in deutscher Sprache gehalten ist, richtet sich gezielt an deutsche Verbraucher.

Hierbei verwendet WhatsApp Allgemeine Geschäftsbedingungen. Diese können über einen Link, der ebenfalls in deutscher Sprache bezeichnet ist, nämlich „Datenschutz & AGB“, abgerufen werden. Nach Anklicken des Links erscheinen aber widererwartend nicht AGB in deutscher Sprache, sondern ausschließlich englischsprachige AGB. Auf eine Übersetzung der englischsprachigen AGB ins Deutsche hatte WhatsApp verzichtet.

Grund für die Unwirksamkeit der WhatsApp-AGB

Sämtliche englischsprachigen AGB von WhatsApp sind nach der Auffassung des KG Berlin unwirksam, weil sie nicht ins Deutsche übersetzt worden sind. Auf Grund der fehlenden Übersetzung liege eine unangemessene Benachteiligung der deutschen Verbraucher vor, weil englischsprachige AGB für sie nicht klar und verständlich seien. Der Grund für die mangelnde Klarheit und Verständlichkeit liege darin, dass die AGB von WhatsApp nicht in einem für jedermann leicht verständlichen Englisch, sondern in einem speziellen Juristen- und Wirtschaftsenglisch verfasst sind, über deren Kenntnisse der durchschnittliche deutsche Verbraucher in der Regel nicht verfüge.

Zur Unwirksamkeit der WhatsApp-AGB führt das KG in seiner Entscheidung aus:

„So wie sich der konkret in Rede stehende Internetauftritt der Beklagten darstellt (Anlage K 1), zielt dieser auf die bereite Allgemeinheit im Inland ansässiger Verbraucher ab und spricht diese durchweg in deutscher Sprache an und erklärt beispielsweise anhand einer deutschen Beispielstelefonnummer („+4917655551234“) wie der sog. „Verifizierungsprozess“ von Statten geht (Anlage K 1, Seite 13). Der Link zu den hier streitgegenständlichen Bestimmungen wird ebenfalls in deutscher Sprache bezeichnet, nämlich „Datenschutz und AGB“ (Anlage K 1, letzte Seite). Vor diesem Hintergrund muss und kann ein Verbraucher (ohne Anklicken des Links) nicht damit rechnen, hier fremdsprachigen AGB, und zwar im Streitfall einem umfangreichen, komplexen Regelwerk von sehr, sehr vielen Klauseln (Anlage K 5) ausgesetzt zu sein. Alltagsenglisch mag verbreitet sein, für juristisches, vertragssprachliches und überhaupt kommerzielles Englisch, so wie es sich hier in Anlage K 5 darstellt, gilt das aber nicht. Daher sind sämtliche Klauseln dieses Regelwerks, solange sie nicht ins Deutsche übersetzt werden, von vornherein und ungeachtet ihres eigentlichen Inhalts als intransparent und alle Verbraucher (abgesehen von solchen mit englischen Muttersprachkenntnissen bzw. besagten fachsprachlichen Kenntnissen) treuwidrig benachteiligend zu beurteilen.“

Praxishinweis

Ein Unternehmen, deren Website in deutscher Sprache gehalten ist und sich an deutsche Verbraucher richtet, um bei diesen für Produkte und Dienstleistungen zu werben, muss AGB in deutscher Sprache vorhalten. Ob das Unternehmen seinen Sitz in Deutschland oder im Ausland hat, spielt dabei keine Rolle.

Nicht ausreichend ist es hingegen, in deutscher Sprache zu werben, die AGB aber in einer anderen Sprache, wie beispielsweise Englisch, bereitzuhalten. Fremdsprachige AGB sind in diesem Fall unwirksam, weil der durchschnittliche deutsche Verbraucher sie nicht im erforderlichen Maße verstehen kann.

In diesem Zusammenhang ist noch auf folgende Konstellationen hinzuweisen:

  • Ist die Website eines in Deutschland ansässigen Unternehmens in mehreren Sprachen abrufbar, muss das Unternehmen auch mehrsprachige AGB zur Verfügung stellen. Wer beispielsweise seine Website in Deutsch und Englisch betreibt, muss deutsch- und englischsprachige AGB bereitstellen.
  • Ein Unternehmen mit Sitz in Deutschland, das seine Produkte und Dienstleistungen im Ausland über eine Website anbietet, die in der dortigen Landessprache gehalten ist, muss die AGB auch in der jeweiligen Landessprache zur Verfügung stellen. Wer beispielsweise seine Produkte in Frankreich über eine Website anbietet, die dort in französischer Sprache abrufbar ist, müssen die AGB in Französisch bereitgestellt werden. In diesem Kontext ist darauf hinzuweisen, dass bei Verkäufen in das EU-Ausland die speziellen Verbraucherschutzvorschriften des jeweiligen Landes zu berücksichtigen sind.

Als Faustregel gilt also: AGB müssen auf einer Unternehmenswebsite in den Sprachen bereitgestellt werden, in denen die Website abrufbar ist.

 

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Georg Schleicher

Rechtsanwalt Georg Schleicher ist Ansprechpartner für die Bereiche Urheber- und Medienrecht, Gewerblicher Rechtsschutz, Gesellschaftsrecht sowie Vertragsrecht. Schwerpunkte seiner Tätigkeit sind Vertragsverhandlungen und –gestaltung, außerprozessuale sowie gerichtliche Beratung von Selbstständigen, Freiberuflern und Unternehmen aus der Kultur- und Kreativwirtschaft, insbesondere auf dem Gebiet der Film- und Medienproduktion.

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