Im Zweifel für die Anhörung – jetzt auch im Wettbewerbsrecht
Mit Beschluss vom 27.07.2020 (Az. BvR 1379/20) entschied das Bundesverfassungsgericht (BVerfG), […]
Am Ende einer erfolgreichen Räumungsklage steht der Räumungstitel. Der Titel gibt dem Vermieter jedoch nur die Möglichkeit sein Recht gegen im Titel bezeichnete Personen durchzusetzen. Die Durchsetzung geschieht durch den Gerichtsvollzieher, wenn der Mieter nicht freiwillig die Wohnung herausgibt. Problematisch wird die Situation, falls eine andere Person als der Mieter, wie der Ehegatte, Lebenspartner, Untermieter oder ein gar gänzlich unbekannter Dritter die Wohnung öffnet und dem Gerichtsvollzieher mitteilt, er wohne auch in der zu räumenden Wohnung. Der Gerichtsvollzieher kann grundsätzlich nämlich nur gegen im Urteil benannte Besitzer vollstrecken, sprich räumen.
Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 18. Juli 2003 – IXa ZB 116/03) führt in einem solchen Fall explizit aus, dass
„gegen einen Untermieter die Räumungsvollstreckung nicht aufgrund des gegen den Hauptmieter ergangenen Titels betrieben werden kann. Denn gemäß § 750 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann die Zwangsvollstreckung nur gegen eine Person begonnen werden, die im Titel und in der Vollstreckungsklausel als Schuldner bezeichnet ist. Gewährleistet wird damit, daß staatlicher Zwang nur zur Durchsetzung eines urkundlich bereits ausgewiesenen Anspruchs erfolgt, und zwar für und gegen die im Titel genannten Personen“.
Da sich der Anspruch des Vermieters auf „Rückgabe der Mietsache“ nach Beendigung des Mietverhältnisses (bspw. durch außerordentliche fristlose Kündigung) richtet, ist ihm folglich der Besitz an der Mietsache zu verschaffen. Da nun aber nicht nur der im Urteil genannte Mieter Besitz ausübt, sondern eine oder mehrere dritte Personen, ist auch die Herausgabe durch sie erforderlich. Es müsste somit auch gegen diese Besitzer oder Mitbesitzer ein Räumungstitel erwirkt werden, wenn kein freiwilliger Auszug erfolgt. Dies kostet selbstverständlich kostbare Zeit. Sind die Mitbewohner bekannt, so kann der Vermieter diese im Räumungsrechtstreit mitverklagen und so einen Räumungstitel erstreiten.
Bis zum Räumungsversuch unbekannte Personen können logischerweise nicht mitverklagt werden. Es ist ja eben nicht bekannt, dass sie überhaupt Besitz an der Wohnung haben. Diese Situation wird nun nicht unbedingt selten herbeigeführt, wenn der Mieter – aus welchen Gründen auch immer – die Rückgabe der Wohnung möglichst weit herauszögern will.
Mit der Novellierung des Mietrechts wird ein derartiges Verhalten zukünftig erschwert. Sollte der Versuch unternommen werden Räumungen dadurch zu verhindern, dass (zunächst unbekannte) Dritte in der Wohnung aufgenommen werden, besteht nunmehr für Vermieter die Möglichkeit durch eine einstweilige Verfügung kurzfristig einen ergänzenden Räumungstitel zu erlangen.
In § 940a ZPO wird dementsprechend der neu formulierte Absatz 2 eingefügt, der den folgenden Wortlaut hat:
„Die Räumung von Wohnraum darf durch einstweilige Verfügung auch gegen einen Dritten angeordnet werden, der im Besitz der Mietsache ist, wenn gegen den Mieter ein vollstreckbarer Räumungstitel vorliegt und der Vermieter vom Besitzerwerb des Dritten erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung Kenntnis erlangt hat“.
In Zukunft wird allerdings die Praxis zeigen müssen, ob die gesetzgeberischen Bemühungen auch tatsächlich und wie in der Entwurfsbegründung erwartet, umgesetzt werden können.
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