Arbeitsrecht: Neues im Jahr 2022
Zu den arbeitsrechtlichen Neuerungen gehören u.a. die digitale Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, der Mindestlohn […]
Achtung: Bei Corona-Quarantäne während des Urlaubs gibt es die Urlaubstage nicht zurück, so hat das Arbeitsgericht Bonn mit Urteil vom 07.07.2021 (Az. 2 Ca 504/21) entschieden. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt hat, denn dann sind die Voraussetzungen von § 9 BUrlG für die Nachgewährung von Urlaubstagen nicht erfüllt.
Einer Arbeitnehmerin wurde für den Zeitraum vom 30.11.2020 bis zum 12.12.2020 Erholungsurlaub gewährt. Aufgrund einer Corona-Infektion musste sie sich auf behördliche Anordnung in der Zeit vom 27.11.2020 bis zum 07.12.2020 in Quarantäne begeben. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung lag für diesen Zeitraum nicht vor. Die Arbeitnehmerin verlangt mit der von ihr erhobenen Klage die Nachgewährung von fünf Urlaubstagen von dem Arbeitgeber.
Das Arbeitsgericht Bonn wies die Klage ab und urteilte, dass die Voraussetzungen von § 9 BUrlG für die Nachgewährung von Urlaubstagen bei einer Arbeitsunfähigkeit nicht erfüllt sind.
§ 9 BUrlG: „Erkrankt ein Arbeitnehmer während des Urlaubs, so werden die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub nicht angerechnet.“
Der Arbeitnehmerin fehlte es eindeutig an einem ärztlichen Attest, sodass die Voraussetzungen des § 9 BUrlG tatsächlich nicht erfüllt sind.
Für Arbeitnehmer ist eins wichtig: Eine behördliche Quarantäneanordnung steht einem ärztlichen Zeugnis über die Arbeitsunfähigkeit nicht gleich!
Nach Ansicht des ArbG Bonn scheidet eine Anwendung von § 9 BUrlG bei einer behördlichen Quarantäneanordnung aufgrund einer Infektion mit dem Coronavirus aus. Die Richter begründeten die Entscheidung damit, dass weder eine planwidrige Regelungslücke noch ein mit einer Arbeitsunfähigkeit vergleichbarer Sachverhalt vorliegt. Das sehen wir genau so! Denn eine Erkrankung mit dem Coronavirus führt nicht zwingend und unmittelbar zu einer Arbeitsunfähigkeit.
Die Arbeitnehmerin konnte auch nicht vortragen, dass es ihr unmöglich gewesen sei, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erhalten, da sie sich in häuslicher Isolation befunden habe, Aufgrund des Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschuss über die Änderung der Arbeitsunfähigkeitsrichtlinie: Covid-19-Pandemie vom 15.10.2020 ab dem 19.10.2020 bis jedenfalls zum 31.12.2020 war nämlich die Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nach telefonischer Anamnese bis zu einer Höchstdauer von 14 Tagen möglich. Damit aber war es der Arbeitnehmerin möglich, auf telefonischem Weg eine Beurteilung ihrer Arbeitsfähigkeit durch ärztliches Zeugnis zu erlangen.
Dass die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers allein dem behandelnden Arzt obliegt, bestätigt dieses Urteil. Allein das ist auch nur mit der gesetzlichen Vorschrift in § 9 BUrlG vereinbar. Eine behördliche Isolierungsanordnung ist nach dem Sinn und Zweck zum Nachweis nicht ausreichend. Es ist nämlich keine Beurteilung der Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers erfolgt.
Arbeitgeber können auch bei einer Corona-Quarantäne während des Urlaubs vom Arbeitnehmer ein ärztliches Attest verlangen. Legt der Arbeitnehmer kein ärztliches Zeugnis vor, wird die Quarantäne nicht auf den Jahresurlaub angerechnet.
Kurz: Ohne Attest besteht kein Anspruch auf Nachgewährung der betroffenen Urlaubstage!
Jeder Arbeitnehmer hat in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Der Urlaub beträgt jährlich mindestens 24 Werktage. Als Werktage gelten alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind. Übrigens, nach der Konzeption des Bundesurlaubsgesetzes fallen urlaubsstörende Ereignisse grundsätzlich als Teil des persönlichen Lebensschicksals in den Risikobereich des einzelnen Arbeitnehmers (BAG, Urteil vom 09.08.1994 – 9 AZR 384/92). Nur für den Fall der Erkrankung, welche zu einer Arbeitsunfähigkeit führt, hat der Gesetzgeber mit § 9 BUrlG eine Ausnahmeregelung geschaffen.
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Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).
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