Pflicht zum „Weißen“ – Einschränkung der persönlichen Lebensgestaltung
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Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass der Arbeitgeber durch sein Weisungsrecht befugt sein kann, den Arbeitsort seiner Arbeitnehmenden ins Ausland zu verlegen (BAG, Urteile vom 30.11.2022, 5 AZR 336/21, 5 AZR 369/21, 5 AZR 462/21).
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Im rechtlichen Sinne versteht man unter einer Versetzung, eine innerbetriebliche Maßnahme, bei der der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer für einen gewissen Zeitraum (mehr als einen Monat) eine andere Aufgabe erteilt, ihn in eine andere Abteilung zuteilt, oder ihn an einen anderen Standort versetzt. Das kann auch ein ausländischer Arbeitsort sein.
Vier Piloten klagten vor dem LAG Nürnberg auf Feststellung, dass ihre Versetzungen von Nürnberg nach Italien unwirksam sind. Die vier Piloten sind bei einem irischen Luftverkehrsunternehmen angestellt und waren ursprünglich in Nürnberg stationiert.
Mit Schreiben vom 20.01.2020 erklärte ihr Arbeitgeber, dass der Standort in Nürnberg aufgelöst wird und verteilte die Piloten auf Standorte in Bologna und Bergamo.
Der Arbeitgeber der Piloten stützte die Versetzung auf eine Klausel des Arbeitsvertrages, die vorsah, dass die Arbeitnehmer an verschiedenen Orten stationiert werden können. Da die Klagen vor dem Landesarbeitsgericht Nürnberg ohne Erfolg blieben, legten die Kläger Revision zum BAG ein.
Exkurs: Der Arbeitsvertrag wird grundsätzlich regeln, wann eine Versetzung möglich ist und wann nicht. Demnach sollten Sie bei Vertragsabschluss explizit darauf achten, an welchem Ort Sie arbeiten werden. Dabei spricht eine fehlende Ortsangabe eher dafür, dass eine Arbeit an verschiedenen Standorten möglich ist. Wollen Sie hingegen nur an einem Standort tätig sein, sollte Sie diesen Im Arbeitsvertrag explizit aufnehmen. Lassen Sie sich daher von unserem im Arbeitsrecht spezialisierten Team beraten.
Ferner kommt es auch auf Ihre Tätigkeitsbeschreibung an. Je ungenauer diese Tätigkeit beschrieben ist, desto eher ist eine Versetzung möglich! Auch können Sie den Arbeitgeber bei Vertragsschluss direkt auf eine Versetzungsklausel ansprechen. Diese ist selbstverständlich verhandelbar.
Rechtstipp: Eine Versetzungsklausel ist jedenfalls dann offenkundig unzulässig, wenn der Arbeitnehmer durch die Versetzung weniger Lohn oder einen geringerwertigen Arbeitsplatz erhält.
Ein weit verbreiteter Rechtsirrtum ist, dass eine Versetzungsanordnung einer Zustimmung bedarf. Das ist jedoch nicht so. Die innerbetriebliche Versetzung stellt eine einseitige Maßnahme dar, die nicht zustimmungsbedürftig ist. Das liegt am Weisungsrecht des Arbeitgebers, das sehr weit reicht (§ 106 GewO). So sah es auch das BAG und wies die Revision gegen die landesgerichtlichen Urteile zurück.
Rechtstipp: Das Weisungsrecht ist nach dem BAG nicht auf das Territorium der Bundesrepublik Deutschland beschränkt. Der Arbeitgeber kann demnach aufgrund seines Weisungsrechts Arbeitnehmende anweisen, an einem Arbeitsort des Unternehmens außerhalb der Bundesrepublik tätig zu werden, wenn nicht im Arbeitsvertrag ausdrücklich oder den Umständen nach konkludent etwas anderes vereinbart wurde.
Eine Versetzung ist je nach Arbeitsvertrag und weiteren (rechtlichen) Umständen grundsätzlich möglich. Der Betriebsrat kann u.U. Einfluss auf eine Versetzung nehmen. Arbeitgeber müssen aber Arbeitnehmer mit Behinderung und familiären Belastungen einzelfallbezogen bewerten. Hier kann trotz vertraglicher Möglichkeit eine Versetzung eine unbillige Härte darstellen und damit rechtswidrig sein. Das heißt im Konkreten, dass das Weisungsrecht des Arbeitgebers durch billiges Ermessen begrenzt ist. In einer zwingend durchzuführenden „Billigkeitskontrolle“ prüft das Gericht immer, ob die Versetzung dem Arbeitnehmer im Einzelfall zumutbar ist.
Für international tätige Arbeitnehmer hat dieses Urteil durchaus große Relevanz. Versetzungen können auf die Lebensplanung großen Einfluss nehmen und müssen nicht unter allen Umständen immer realisierbar sein!
Bei Fragen zum Thema Versetzungen und Arbeitsrecht, melden Sie sich bei uns! Unser im Arbeitsrecht spezialisiertes Team steht Ihnen gerne schnell und unkompliziert zur Seite und berät Sie gern.
Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).
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