Fehlende Angaben im Impressum kein Bagatellverstoß

Guido Kluck, LL.M. | 24. Juli 2009

Das Oberlandesgericht Hamm hat in seiner Entscheidung vom 2. April 2009 (AZ: 4 U 213/08) entschieden, dass das Fehlen der Angabe der Handelsregister- und der Umsatzsteuer-(bzw. Wirtschafts)identifikationsnummer in der Anbieterkennzeichnung eines Internetshops wettbewerbswidrig ist.

Über diese Entscheidung hatten wir bereits Anfang des Monats berichtet. Nun liegt uns die Entscheidung im Volltext vor, die wir Ihnen nachfolgend gerne vorstellen möchten.

OBERLANDESGERICHT HAMM
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 15. September 2008 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

A.

Die Klägerin nimmt die Beklagte – beide Parteien vertreiben sog. Quads und elektronische Geräte – auf Zahlung vorgerichtlicher Abmahnkosten in Höhe von 755,80 € in Anspruch. Die Klägerin mahnte die Beklagte, die ihre Waren u.a. auf der Internetseite www.x…. anbot, mit Schreiben vom 18.01.2008 wegen unterlassener Angaben des Handelsregisters nebst zugehöriger Nummer und einer Umsatzsteueridentitätsnummer nach dem UStG oder einer Wirtschaftsidentitätsnummer nach der AO wegen Verstoßes gegen § 5 TMG und §§ 312 c BGB, 1 Info-VO ab. Auf den Ausdruck "Kontakt" vom 18.01.2008 wird Bezug genommen. Die Klägerin berechnet hierfür ausgehend von einem Gegenstandswert von 15.000,- € Abmahnkosten in Höhe von netto 755,88 €.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG stattgegeben, weil die Abmahnung seiner Auffassung nach gemäß §§ 8 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG; 312 c BGB i.V.m. §§ 5 Abs. 1 Nr. 4, Nr. 6 TMG berechtigt gewesen sei. Dabei liege nicht nur ein Verstoß vor, der als unerheblich im Sinne von § 3 UWG zu erachten sei. Die Regelungen des TMG mit den darin enthaltenen Informationspflichten dienten dem Verbraucherschutz und der Transparenz von geschäftsmäßig erbrachten Telediensten. Durch die Verletzung werde der Schutz des Verbrauchers auf umfassende Information über seinen Vertragspartner unmittelbar berührt, was ein hohes Rechtsgut darstelle, wie sich auch daran zeige, dass ein Verstoß gegen die Regelung des § 5 Abs. 1 TMG nach § 16 Abs. 2 TMG eine Ordnungswidrigkeit darstelle, die bußgeldbewehrt sei. Auch der Höhe nach seien die von der Klägerin geltend gemachten Abmahnkosten nicht zu beanstanden, da diese nach einem Gegenstandswert von 15.000,- € berechnet worden seien, einem Wert, der für derartige Verstöße als üblich und angemessen anzusehen sei.

Die Beklagte greift das Urteil mit ihrer Berufung an, mit der sie die Abweisung der Klage begehrt. Sie macht geltend, dass es sich lediglich um Bagatellverstöße i.S.v. § 3 UWG handele. Die fehlenden Angaben, nämlich Registergericht nebst Registernummer und Umsatzsteueridentifikationsnummer, seien unter Gesichtspunkten des Verbraucherschutzes "völlig irrelevant". Den Verbraucher interessiere lediglich die Identität des Vertragspartners und wie er mit diesem in Kontakt treten könne. Hierfür seien diese Angaben nicht erforderlich. Ferner sei der Gegenstandswert von 15.000,- € nicht als üblich und angemessen anzusehen. Derartige Verstöße dürften maximal mit 3.000,- bis 5.000,- € zu bewerten sein.

Soweit die Beklagte erstinstanzlich noch den Einwand der Verjährung erhoben hatte, wird dieser nicht mehr aufrecht erhalten.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Diese hat zur Sache nicht mehr erwidert.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Die Klägerin kann von ihr die streitgegenständlichen Abmahnkosten von 788,80 € nach § 12 Abs. 1 S. 2 UWG ersetzt verlangen. Die Abmahnung vom 18.01.2008 war berechtigt.

I.

Die Klägerin ist als unmittelbare Mitbewerberin zur Geltendmachung der Verstöße gemäß § 8 Abs. 1 UWG befugt.

II.

Die in Rede stehenden Verstöße als solche sind unstreitig. Es fehlte im Impressum der Beklagten auf ihren Angebotsseiten entgegen §§ 312 c BGB i.V.m. §§ 5 Abs. 1 Nr. 4, Nr. 6 TMG die Angabe des Handelsregisters und der diesbezüglichen Nummer und der Umsatzsteueridentifikationsnummer, wie dies gesetzlich vorgeschrieben ist. Diese Angaben sind leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten. Bei den genannten Vorschriften handelt es sich nach zutreffender Rechtsprechung um Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG. Die geforderten Informationspflichten dienen dem Verbraucherschutz und der Transparenz von geschäftsmäßig erbrachten Telediensten (vgl. BGH GRUR 2007, 159, – Anbieterkennzeichnung im Internet; Köhler, in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27. Aufl. 2009, § 4 Rn. 11.169 m.w.N.). Soweit dies vor allem hinsichtlich der Umsatzsteueridentifikationsnummer, die in erster Linie dem Fiskus dient, jedenfalls zweifelhaft sein könnte (dazu näher unten Ziff. III 2), ist zu berücksichtigen, dass auch deren Angabe nach dem gesetzgeberischen Willen einer wettbewerblich einheitlichen und transparenten Außendarstellung ebenso zum Schutz der Marktteilnehmer geschuldet ist.

III.

Es handelt sich dabei nicht, wie es von der Beklagten verfochten wird, lediglich um Bagatellverstöße im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG, zumal hierbei bereits seit dem 12.12.2007 die Vorschriften der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken zu berücksichtigen sind, die in das neue, am 30.12.2008 in Kraft getretene UWG eingeflossen sind.

1.

Hinsichtlich der Handelsregisternummer gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 4 TMG kann von einer Unwesentlichkeit zweifelsohne nicht ausgegangen werden. Die Angabe der Handelsregisternummer dient einerseits der Identifizierung des Anbieters und andererseits einer Art Existenznachweis. Wer im Handelsregister eingetragen ist, existiert zumindest formell und ist nicht nur ein Phantasiegebilde (Fezer-Mankowski, UWG, 2005, § 4-S12 Rn. 168). Außerdem ergeben sich hieraus die gesellschaftsrechtlichen Haftungsgrundlagen. Diese Umstände sind für den Verbraucher, der den Anbieter nötigenfalls in Anspruch nehmen und verklagen will, von überaus großer Bedeutung. Allein die Möglichkeit der Kontaktierung durch die Angabe des Namens und der Adressdaten reicht insofern keinesfalls aus. Das – völlige – Fehlen der Angabe des Handelsregisters und der Registernummer kann jedenfalls seit Inkrafttreten der UGP-Richtlinie und damit auch zum Zeitpunkt des Verstoßes nicht mehr als eine wettbewerbsrechtliche Bagatelle angesehen werden.

Der Verstoß ist geeignet, das wirtschaftliche Verhalten des Durchschnittsverbrauchers wesentlich zu beeinflussen. Das ist schon dann zu bejahen, wenn einer Verordnung des europäischen Gesetzgebers, die die Verbraucher schützen soll, in der Weise zuwider gehandelt wird, dass die darin geregelten Informationspflichten verletzt werden. Nach Art. 7 V der UGP- Richtlinie werden als wesentlich nämlich alle Informationen eingestuft, die das Gemeinschaftsrecht in Bezug auf die kommerzielle Kommunikation vorsieht. Zu solchen Informationen gehören nach Anhang II zu dieser Vorschrift gerade auch die Pflichtangaben des Art. 5 der Richtlinie 2000/31/EG über bestimmte Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Verkehrs im Binnenmarkt. Diese ist damals in § 6 TDG umgesetzt worden, der Vorschrift, die dem § 5 TMG entspricht. Sie verlangt die Angabe des Handelsregisters und der entsprechenden Registernummer. Unabhängig von dieser eindeutigen europarechtlichen Vorgabe ist es auch gerade Zweck der Anbieterkennzeichnung, darauf hinzuwirken, dass gewisse Standards bei der Angabe von dem Verbraucherschutz dienenden Informationen gebildet und eingehalten werden. Auch im Hinblick darauf liegt auch nach dem neuen UWG immer schon dann ein nicht nur unwesentlicher Verstoß vor, wenn solche Pflichtangaben wie hier völlig unterbleiben. Gerade auch die Angabe des Handelsregisters und der Registernummer verfolgen diesen Zweck in dem Falle, dass Gesellschaften Teledienste anbieten. Eine Unterscheidung danach, welche der Pflichtangaben, die der Gesetzgeber im TMG für erforderlich hält, wesentlich sind und welche nicht, verbietet sich. Ein Verstoß gegen den Kern einer solchen Schutzvorschrift kann schwerlich eine Bagatelle im Sinne des § 3 UWG sein. Es kommt noch hinzu, dass Verstöße gegen solche Verbraucherschutzbestimmungen auch generell geeignet sein dürften, den betreffenden Händlern wegen der Nichteinhaltung der Informationspflichten einen Wettbewerbsvorsprung gegenüber den gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen, die umfassend informieren. Von dem Verstoß gegen eine gesetzliche Vorschrift können insofern auch eine Vielzahl von Marktteilnehmern betroffen sein, weil alle interessierten Verbraucher, die sich mit den Angeboten befassen, nicht so informiert werden, wie es der Gesetzgeber für erforderlich hält. Dies gilt in besonderem Maße – auch wenn dies vorliegend nicht von Belang ist – bei eher atypischen oder für die Marktteilnehmer weniger bekannten Gesellschaftsformen, wie in dem Fall, dass es sich bei dem Anbieter um eine Limited handelt. Die fehlende Information kann dazu führen, dass der Verbraucher keinen genauen Überblick darüber erhält, welche Probleme ihm dadurch entstehen können, dass es sich bei dem Anbieter um eine derartige Gesellschaft handelt, über die er möglicherweise weder etwas weiß noch über die er sich ansonsten leicht informieren kann. Es besteht ein Interesse der Verbraucher, Informationen darüber zu erlangen, wo diese Gesellschaft registerrechtlich beheimatet ist, ob sie in einem deutschen Register eingetragen ist, wer die Gesellschafter sind und wie ihre Vertragsverhältnisse geregelt sind. Gerade bei unzureichenden Informationen im Internet besteht zudem eine nicht unerhebliche Nachahmungsgefahr, die ebenfalls die Verbraucher verunsichern kann.

2.

Da sich eine Differenzierung nach den einzelnen Informationsangaben verbietet, gilt entsprechendes auch in Bezug auf die Umsatzsteueridentifikationsnummer oder die Wirtschafts-Identifikationsnummer i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 6 TMG.

Zweifel mögen in diesem Zusammenhang zwar daraus resultieren, dass die Angabe dieser Identifikationsnummern, die – so bei der Umsatzsteueridentifikationsnummer – für Auslandsgeschäfte benötigt und vom Bundesamt für Finanzen vergeben werden, weniger dem Kunden- bzw. Verbraucherschutz als vielmehr dem Fiskus dient (vgl. Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 2008, TMG, § 5 Rn. 65). Diese Nummer ist Teil des steuerlichen Kontrollmechanismus im europäischen Binnenmarkt, wobei hierauf freilich auch ein außen stehender Dritter vertrauen kann (Bunjes-Leonard, UStG, 7. Aufl. 2003, § 27 a Rn. 2). Mit dem Argument, dass insofern beim Fehlen der Steueridentitätsnummer kein nennenswerter oder ersichtlicher Wettbewerbsvorteil erzielt werde, wird mitunter die Auffassung vertreten, die Nichtangabe stelle keine relevante Wettbewerbswidrigkeit dar (Ernst, GRUR 2003, 759, 762; Fezer-Mankowski, a.a.O., § 4-S12 Rn. 170). Gegen die Annahme eines Bagatellverstoßes spricht hier, wie zuvor bereits ausgeführt, jedoch entscheidend, dass sich das Gericht als Rechtsprechungsorgan nicht erheben und abweichend von den europarechtlichen Vorgaben nunmehr aus eigener Machtvollkommenheit entscheiden kann, dass die geforderten Angaben eben doch unwesentlich und von daher nicht zu ahnden sind.

3.

Dies gilt umso mehr, als die streitgegenständlichen Angaben vorliegend völlig fehlen. Es liegt insofern nicht der Fall vor, dass nur einzelne Teile hiervon fehlen, wie etwa in dem von der Beklagten genannten Fall des KG, Beschl. v. 11.04.2008, Az. 5 W 41/08, in dem es u.a. im Hinblick auf §§ 312 c BGB; 1 Abs. 1 Nr. 3 BGB-InfoVO nur um das Fehlen des Vornamens des Geschäftsführers einer GmbH im Impressum des Internetauftritts ging. Ein Bagatellfall ist vorliegend zu verneinen.

IV.

Die Höhe der geltend gemachten Abmahnkosten ist schließlich nicht zu beanstanden. Ein Wert von 15.000,- € für die Hauptsache und die Abmahnung, die den Wettbewerbsstreit insgesamt erledigen sollte, liegt, zumal zwei Verbotstatbestände vorliegen, im Rahmen des nach der Senatsrechtsprechung Üblichen und Angemessenen. Hinsichtlich der Höhe im Einzelnen wird auf die Kostenberechnung im Schriftsatz der Klägerin vom 17.03.2008 (Bl. 41 d.A.) verwiesen.

V.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, § 543 ZPO.

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Guido Kluck, LL.M.

Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).

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