Erste Abmahnungen wegen der Verwendung der alten Musterwiderrufsbelehrung
Vor wenigen Wochen ist die Übergangsfrist für die Einbindung der neuen […]
In diesem Monat ist es wieder soweit. Die Lebensversicherungen müssen ihren Kunden mitteilen, welchen Zins sie im neuen Jahr noch für deren Lebensversicherungspolicen bezahlen werden. Das Problem für die Lebensversicherungsgesellschaften hierbei besteht in dem weiterhin anhaltenden Zinstief des Leitzinses der Zentralbanken. Lars Heermann (Versicherungsexperte bei der Ratingagentur Assekurata) geht ausweislich der Welt am Sonntag „aufgrund des weiterhin anspruchsvollen Zinsumfeldes auch für 2018 von fallenden Überschussbeteiligungen“ aus. Durch die Mitteilungspflicht an die Kunden ist es nun nicht mehr möglich diese Situation vor den Kunden zu verschleiern.
Der frühere Erfolgskurs und die heutige Problematik in der aktuellen Zinsphase ergibt sich dabei aus dem Geschäftsmodell selbst. Bei einer Lebensversicherung wurde dem Kunden in der Vergangenheit regelmäßig von dem Versicherer eine Mindestverzinsung versprochen, die höher lag als die Inflation. Die Versicherer legten die Beiträge der Kunden mit noch höheren Renditen an den Märkten an und beteiligten diese dann wiederum an dem daraus erzielten Gewinn. Kunden erhielten auf diese Weise manchmal lohnende und absolut sichere Renditen. In einer Niedrigzinsphase müssten die Versicherungsgesellschaften die Beiträge der Kunden nun in spekulative alternative Vermögenswerte investieren, um die zur Aufrechterhaltung dieses Geschäftsmodells, für sie notwendigen Renditen zu erzielen. Die gesetzliche Regelung sieht allerdings vor, dass zum Schutze des Kunden insbesondere in festverzinsliche Papiere wie Staatsanleihen investiert werden muss. Hierdurch erlangen die Versicherer keine so hohen Renditen mehr, dass sich das Geschäftsmodell für sie lohnen würde. Dies führt dann wiederum dazu, dass Versicherer derzeit nur noch einen Garantiezins von 0,9 Prozent bieten, während auf der anderen Seite die Inflationsrate bei 1,8 Prozent liegt.
Für die Versicherungsgesellschaften besteht das Problem nun in sog. Altverträgen, welche bereits vor einigen Jahren mit den Kunden abgeschlossen wurden und die entsprechende Garantiezinsversprechen beinhalten. Diese Verträge müssen von der Versicherungsgesellschaft weiterhin bedient werden. Ein Ausgleich könnte hierbei über das Neugeschäft mit niedrigeren Zinsversprechen erfolgen. Allerdings ist das Produkt aufgrund der niedrigen Zinsversprechen unterhalb der Inflationsrate nicht mehr besonders attraktiv.
Doch die Versicherungsgesellschaften haben anscheinend einen Ausweg gefunden, der für sie ein gutes Geschäft ist. Allerdings zu Lasten der Kunden. Viele Versicherer reduzieren das Neugeschäft. Einige haben es sogar komplett eingestellt. Und nach der Welt am Sonntag sollen Branchenschwergewichte wie Ergo und Generali den Verkauf von Altbeständen prüfen. Die Arag Leben hat ihren Versicherungsbestand von 322000 Lebens- und Rentenversicherungen nach einem Bericht der Stiftung Warentest Ausgabe Finanztest im Juli 2017 an die Frankfurter-Leben-Gruppe übertragen. Insgesamt wurden in vergleichbarer Weise bisher bereits mehr als 1,8 Millionen Verträge an gleich gelagerte sog. „Run-off-Gesellschaften“ übertragen. Weitere Übertragen von mehreren Millionen Lebens- und Rentenversicherungsverträgen sollen auf insgesamt drei „Run-off-Gesellschaften“ folgen.
Für den Lebensversicherungskunden bedeutet dies im ersten Moment keine Veränderung. Denn an den vertraglich vereinbarten Garantien findet durch den Verkauf der Policen keine Veränderung statt, weil auch die dazugehörigen Kapitalanlagen übertragen werden müssen. Allerdings unterscheiden sich derartige Gesellschaften oft fundamental von den bisherigen Lebensversicherungsgesellschaften. Denn sie nehmen oftmals kein Neugeschäft und damit keine neuen Kunden an, sondern verwaltet lediglich die bestehenden Verträge.
Und dies könnte erhebliche Auswirkungen auf den Kunden haben. Im jüngsten Bericht des Ausschusses für Finanzstabilität, der das Bundesfinanzministerium berät, heißt es: „Versicherer im Run-off sind vom Wettbewerbsdruck abgekoppelt. Sie können sich darauf beschränken, die Versicherten nur im vorgeschriebenen Mindestumfang an den Überschüssen zu beteiligen.“ Der Bericht führt dann weiter aus: „Wird der Bestand zu klein, ist möglicherweise kein adäquater versicherungstechnischer Risikoausgleich im Kollektiv mehr möglich“. Hieraus ergibt sich also, dass Versicherte zukünftig einerseits nur noch im Mindestumfang an den Überschüssen beteiligt werden. Andererseits entsteht das weitaus größere Problem erst im Laufe der Jahre. Wenn nämlich ohne ein Neugeschäft keine neuen Gelder in diese Gesellschaften fließt stellt sich die Frage, wie diese „Run-off-Gesellschaften“ in einigen Jahren die vertraglich vereinbarten Renten zahlen sollen?
Durch die Auslagerung von Lebens- und Rentenversicherung auf die „Run-off-Gesellschaften“ erhalten diese ohne Neugeschäft voraussichtlich kein ausreichendes Kapital, um alle Vertragspflichten gegenüber allen Versicherten erfüllen zu können. Denn die möglichen Einsparpotentiale dürften hierfür nicht ausreichen. Die Konsequenz hieraus wäre, dass diese Gesellschaften abgewickelt werden, wenn die vorhandenen Kapitalreserven aufgebraucht sind und die Versicherten ihren Rentenanspruch lediglich noch zur Insolvenztabelle anmelden könnten. Eine Rentenzahlung dürften sie jedoch nicht erhalten.
Es ist ein Schreckgespenst, welches dort durch die Versicherungsgesellschaften auf Tableau gebracht wurde. Rechtliche Möglichkeiten dem Verkauf der Versicherungspolice zu widersprechen oder diesen auf sonstige Weise zu verhindern dürften die meisten Policen nicht hergeben. Der Versicherte ist damit insoweit hilflos dem Vorgehen der Versicherungsgesellschaften ausgeliefert.
Reaktionsmöglichkeiten für Versicherte bestehen lediglich insoweit, als dass diese versuchen könnten, sich von den Lebens- und Rentenversicherungsverträgen zu lösen. Kündigungen sind hierbei wirtschaftlich oft wenig lukrativ, weil Versicherungen in diesem Fall nur den sog. „Rückkaufswert“ auszahlen müssen, der sich in den ersten Jahren regelmäßig unterhalb der Hälfte der eingezahlten Beiträge beläuft.
Betroffene Versicherte, die eine Lebens- und/oder Rentenversicherung zwischen dem 21. Juli 1994 und dem 31. Dezember 2007 abgeschlossen haben, dürften darüber hinaus die Möglichkeit des sog. Widerrufsjokers haben. Denn eine Vielzahl der in dieser Zeit abgeschlossenen Verträge enthalten unwirksame Widerrufsbelehrungen, so dass auch heute noch der Widerruf erklärt werden kann. Auf diesem Wege könnten Versicherte die von ihnen eingezahlten Beiträge zurückverlangen und würden zusätzlich die gezogenen Nutzungen der Versicherungsgesellschaften erhalten.
Betroffene Versicherte, deren Versicherungsvertrag auf eine „Run-off-Gesellschaft“ übertragen wurde sollten also genau prüfen, ob sie auch gegenüber diesen Gesellschaften ausreichendes Vertrauen haben, dass diese ihre Vertragspflichten aus dem Versicherungsvertrag erfüllen kann oder ob eine Loslösung von dem Versicherungsvertrag der wirtschaftlich sicherere Weg für den Versicherten ist.
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Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).
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