Verbraucherschutz und Amazon
Erneut kam es zur Klage für den Verbraucherschutz durch die Verbraucherzentralen […]
„Dash Buttons“ sind kleine elektronische Geräte mit deren Hilfe über den Online-Anbieter Amazon Waren des täglichen Bedarfs, wie Waschmittel, Tierfutter oder Zahnpasta, eines vorher festgelegten Anbieters einfach per Knopfdruck bestellt werden können. Das erscheint auf den ersten Blick recht praktisch, doch ergeben sich aus der Einfachheit des Bestellvorgangs auch rechtliche Probleme.
Zum einen birgt der „Dash Button“ ein recht hohes Missbrauchsrisiko, da jeder eine Bestellung aufgeben kann, der in der Lage ist den Knopf zu erreichen. Zudem könnten gesetzliche Informationspflichten verletzt sein, da unmittelbar bei der Bestellung etwa der Preis der Ware nicht vom Gerät angezeigt wird.
Nicht zuletzt deshalb stehen die „Dash Buttons“ schon seit längere Zeit in der Kritik. Vor allem Verbraucherzentralen sehen in der Bestellpraxis erhebliche Verstöße gegen den Verbraucherschutz und geltendes Recht. Nun hat das Landgericht (LG) München I, auf eine Klage der Verbraucherzentrale NRW hin, Amazon zur Unterlassung der aktuellen Bestellpraxis hinsichtlich des „Dash Buttons“ verurteilt (LG München I, Urt. vom 01.03.2018, Az. 12 O 730/17). Die Verbraucherzentrale hatte Amazon zuvor vergeblich abgemahnt. Die Richter sahen vor allem erhebliche Verstöße gegen die Informationspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr.
Die Richter ordneten die Bestellung über den „Dash Button“ als einen Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr im Sinne von § 312i Abs. 1 S.1 BGB ein. Bei dieser Art von Vertragsschlüssen ist der Unternehmer verpflichtet dem Verbraucher bestimmte Informationen zeitlich und räumlich unmittelbar vor Abgabe der Bestellung klar und verständlich in hervorgehobener Weise zur Verfügung zu stellen. Dazu gehören unter anderem Angaben über die wesentlichen Eigenschaften der Ware und den Gesamtpreis.
Zwar werden diese Informationen in der Amazon Shopping App im Rahmen der Installation angezeigt und sind dort auch zu einem späteren Zeitpunkt abrufbar, jedoch wird die App für die Bestellung per Druck auf den „Dash Button“ nicht benötigt. Zudem werden die Informationen nach Auffassung des Landgerichts erst nach Drücken des Knopfes zur App gesendet.
Da der „Dash Button“ selber solche Informationen nicht anzeigt, werden dem Verbraucher die erforderlichen Informationen im maßgeblichen Zeitpunkt nach Ansicht des Gerichts also nicht erteilt und es liegt ein Verstoß gegen die gesetzlichen Informationsplichten vor.
Zwar hat Amazon mithilfe einer Klausel in den Nutzungsbedingungen des „Dash Buttons“ versucht bezüglich der Informationspflichten vorzusorgen, doch hat das LG München die Klausel für unwirksam erklärt.
In der betreffenden Klausel weist Amazon darauf hin, dass sich manche Angaben und Produktdetails bei späteren Nachbestellungen eventuell ändern können. Als Beispiel werden unter anderem Preis, Verfügbarkeit, Lieferkosten und der Anbieter der Ware genannt. Jede Bestellung unterliege laut den Nutzungsbedingungen den zum jeweiligen Zeitpunkt geltenden Angebotsdetails. Zudem macht Amazon in der Klausel auch darauf aufmerksam, dass der Kunde das Unternehmen mit seinem Einverständnis zu den Nutzungsbedingungen dazu ermächtige, die Bestellung mit einem Ersatzartikel der gleichen Produktart und derselben Marke (zum Beispiel mit leicht abweichender Füllmenge) zu erfüllen, falls das Produkt zum Zeitpunkt der Bestellung nicht verfügbar sei.
Das Gericht hält die Klausel für nicht ausreichend klar und verständlich und sieht in ihr eine unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers. Aus der Klausel gehe nicht hinreichend bestimmt hervor, inwieweit sich Angebot und Produktdetails ändern können und wie weit der Begriff des „Anbieters“ zu verstehen sei. Auch mit welchen Abweichungen vom ursprünglich ausgewählten Produkts zum „geeigneten Ersatzteil“ zu rechnen sei, sei nicht ersichtlich.
Nach Ansicht des LG München I liegt folglich ein Verstoß gegen das Transparenzgebot vor. Die Klausel ist somit nach § 307 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB unwirksam und kann nicht über die fehlenden Informationen zum Zeitpunkt der Bestellung hinweghelfen.
Und noch ein weiterer Verstoß wurde von den Richtern festgestellt. Denn bei Verträgen mit Verbrauchern im elektronischen Geschäftsverkehr muss die Bestellsituation nach § 312j Abs.3 BGB so gestaltet sein, dass der Verbraucher mit seiner Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet. Erfolgt die Bestellung über eine Schaltfläche, so ist diese Pflicht nur erfüllt, wenn die Schaltfläche gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist.
Die Anforderungen dieser sogenannten „Button-Lösung“ werden bei der Bestellung über den „Dash Button“ nicht eingehalten. Er stellt nach Ansicht des Gerichts eine Schaltfläche im Sinne der Vorschrift dar, weist aber keine entsprechende Beschriftung auf. Neben dem Logo des Herstellers auf der Vorderseite und technischen Angaben auf der Rückseite, verfügt er über keine weitere Beschriftung. Auch dies stellt also einen Verstoß gegen geltendes Recht dar.
Das LG München I hält die Bestellpraxis mittels des „Dash Buttons“ also für einen Verstoß gegen geltendes Recht und bejaht folglich einen Anspruch gegen Amazon auf Unterlassung und die Erstattung der Abmahnkosten. Aus Verbrauchersicht ist dieses Ergebnis gespalten zu beurteilen. Zum einen erleichtert die einfach Bestellung mittels des „Dash Buttons“ den Alltag, zum anderen dienen die Informationspflichten aber auch dem Schutz des Verbrauchers. Im Übrigen hat Amazon bereits verlauten lassen gegen das Urteil Berufung einlegen zu wollen. Es bleibt also abzuwarten, wie das Berufungsgericht den Fall beurteilt.
Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).
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