Versicherungsschutz bei Schäden durch Überschwemmung infolge von Starkregen
Welche Versicherung kommt für Schäden auf, wenn man durch Starkregen von […]
Endlich, muss man sagen, hat sich der BGH zum Abgasskandal geäußert (Beschl. v. 08.01.2019 – VII ZR 225/17). Dabei handelt es sich um einen zwanzigseitigen (Hinweis-) Beschluss zu unzulässigen Abschalteinrichtungen, die in Fahrzeuge verschiedener Hersteller eingebaut wurden. Dabei geht es einerseits um die Frage, ob diese Einrichtungen einen Sachmangel begründen und andererseits darum, ob der Hersteller ein neues, nicht modifiziertes Fahrzeug nachliefern muss, wenn nur das Nachfolgemodell verfügbar ist. Um das sensationelle Ergebnis vorwegzunehmen: Das Gericht bejahte beide Fragen!
Dass die im Rahmen des Abgasskandals mit Abschalteinrichtungen bestückten Fahrzeuge im Sinne von § 434 BGB mangelhaft sind, ist Voraussetzung für die Entstehung von Gewährleistungsansprüchen (§ 437 BGB: Nacherfüllung, Rücktritt, Minderung, Schadensersatz). „Sachmangel“ bedeutet, dass die Ist-Beschaffenheit von der Soll-Beschaffenheit abweicht. Dies nahm der BGH im konkreten Fall für Fahrzeuge mit Abschalteinrichtungen an, weil sie sich i.S.v. § 434 Abs. 1 S.2 Nr. 2 BGB nicht für die gewöhnliche Verwendung eignen. Das ergibt sich ganz einfach daraus, dass die Gefahr besteht, dass dem Fahrzeug die Betriebserlaubnis von der zuständigen Behörde entzogen wird, weil es eine i.S.v. Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 eine unzulässige Abschaltvorrichtung enthält, die den (ungestörten) Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr nicht gewährleisten kann. Unseren Artikel über diese Thematik finden Sie hier. Kurzum: Emissionskontrollsysteme in Fahrzeugen dürfen nicht manipuliert werden. Das ist hier durch die Abgasrückführung aber der Fall. Auch eine der in Art. 5 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 geregelten Ausnahmen ist nicht einschlägig. Darauf berief sich unter anderem Mercedes.
Im Anschluss beschäftigt sich der BGH ausführlich mit der Frage, ob die Fahrzeughersteller bei einem Nacherfüllungsverlangen (§ 439 Abs. 1 BGB) in Form einer Neulieferung das Nachfolgemodell des gekauften Fahrzeugs rausgeben müssen, sofern das ältere Modell nicht mehr produziert und daher auch nicht mehr verkauft wird. Wenn dieses nicht mehr verfügbar ist, könnte die Neulieferung unmöglich und daher ausgeschlossen sein, § 275 Abs. 1 BGB. In dem dem BGH vorliegenden Fall, ging es um einen VW Tiguan, der in der zweiten Generation gar nicht mehr lieferbar war. Das Gericht nahm eine „interessengerechte Auslegung des Kaufvertrags“ vor. Dabei ging es auf § 439 Abs. 1 BGB ein, der bei der Nacherfüllung ausdrücklich eine Neulieferung der gekauften Sache vorsieht. Die neue Sache müsse aber nur gleichartig und gleichwertig sein, nicht hingegen mit der alten identisch. Bei Autos sei den Parteien bewusst, dass es regelmäßig Nachfolgemodelle erscheinen, die an die Stelle des Vorgängermodells treten. Hier sei außerdem zu beachten, dass die vorherige Modellreihe insgesamt mangelhaft war und daher überhaupt nur ein Fahrzeug der nächsten Generation in Frage komme.
Wie wir bereits in vorherigen Artikeln (hier und hier) berichtet haben, entschieden die bisher mit solchen Fällen betrauten Gerichte sehr unterschiedlich. Der BGH hat als oberster Gerichtshof der ordentlichen Gerichtsbarkeit einen gewissen Einfluss auf die Entscheidungen der anderen Gerichte. Besonders bemerkenswert war bei dem Hinweisbeschluss des BGH, dass er diesen hätte gar nicht abgeben hätte müssen, da der Kläger (Fahrzeugkäufer) nach einem Vergleich mit VW die Revision zurückgezogen hat und es damit in dem konkreten Fall gar nicht mehr auf die Entscheidung des BGH ankam. Dem Gericht war die Bedeutung der Klärung der Frage nach der Mangelhaftigkeit von manipulierten Dieselfahrzeugen aber bewusst und wollte daher ein Zeichen setzen. Die Aussicht der Schummeldieselfahrer auf eine erfolgreiche Klage sind damit gestiegen – Instanzgerichte orientieren sich an der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe in vergleichbaren Fällen. Da ist aber eben auch der Haken: In dem aktuellen Fall des BGH ging es um manipulierte Neuwagen, bei denen eine Nachlieferung vom Fahrzeughändler verlangt wurde. Viele andere Käufer haben aber den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt oder verlangen Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung. Auch solche Fälle werden ziemlich sicher noch auf dem Tisch des BGH landen, der seine verbraucherfreundliche Sicht im Abgasskandal nun bereits dargelegt hat.
Die Käufer betroffener Fahrzeuge im Abgasskandal sollten sich nicht mit einem angebotenen Software-Update wie von Mercedes zufriedengeben (Artikel dazu hier) oder gar den mit dem Abgasskandal einhergehenden Wertverlust hinnehmen, sondern überlegen, rechtliche Schritte gegen Volkswagen und Co. einzuleiten. Unsere Kanzlei berät Sie gerne dazu, welche konkrete Vorgehensweise in Ihrem Fall die beste wäre.
Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).
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