BGH zum Identitätsdiebstahl
Der BGH (Urt. v. 06.06.2019 – I ZR 216/17) musste über […]
Der BGH entschied, dass Teilnehmer von Online-Casinos ihre Zahlungen zurückfordern können, wenn sie auf illegalen Spielverträgen basieren.
Grundsätzlich gilt, dass Online-Glücksspiele in Deutschland illegal sind. Darunter fallen dementsprechend auch Online-Casinos. Dies ergibt sich aus der Regelung des § 4 Abs. 4 GlüStV. Dementsprechend ist das Veranstalten und Vermitteln von öffentlichen Glücksspielen im Internet verboten. Lediglich in einem Bundesland, nämlich Schleswig-Holstein, sind Glücksspiele im Online-Bereich gestattet. Bei diesem Bundesland handelt es sich um das einzige, dass noch Lizenzen für Online-Glücksspiel-Anbieter erteilt. Dabei weisen die lizenzierten Anbieter darauf hin, dass die Angebote nur für Nutzer mit Wohnsitz oder häufigem Aufenthalt in Schleswig-Holstein gelten.
Dennoch lassen es sich Online-Glücksspiel-Betreiber nicht nehmen, weiterhin täglich Millionenbeiträge durch Online-Casinos umzusetzen. Klar ist, dass diese hohen Beträge nicht allein durch Glücksspieltätigkeiten aus dem Bundesland stammen, in dem Online-Casinos und Co. gestattet sind.
Bereits 1962 hatte der BGH entschieden, dass geleistete Zahlung aus illegalen Spielverträgen zurückgefordert werden können.
Trotz des in Deutschland größtenteils existenten Verbots bestehen massenhafte Online-Angebote, die das Spielen von Glücksspielen online möglich machen.
Die Realität zeigt, dass die staatlichen Aufsichtsbehörden überlastet sind und gegen die Flut an angeboten nicht ankommen. Vor allem problematisch gestaltet sich die Verfolgung der Anbieter. So können Briefe nicht zugestellt werden, weil Adressen nicht stimmen oder die Anbieter der illegalen Online-Casinos um Ausland sitzen, in der Regel handelt es sich dabei um andere EU-Mitgliedsstaaten wie etwa Gibraltar oder Malta. Dies führt neben Zustellungsproblemen auch dazu, dass der Vollzug einer Maßnahme teilweise nicht umsetzbar ist.
Einen Plan, effektiv gegen die Anbieter vorzugehen und so die Verbraucher zu schützen, konnten die Verwaltungsbehörden bisher nicht vorweisen. Insoweit überrascht es nicht, dass die Zahl der Anbieter steigt.
Die Gefahren solcher Spiele sind neben dem großen Suchtpotenzial und der Gefahr der übermäßigen Ausgaben für die Teilnahme auch darin zu sehen, dass die Spiele und Webseiten anfällig sind für Manipulationen.
Zudem sind die Spiele in der Regel weniger rentabel, als die Anbieter es auf ihren Webseiten behaupten. Da die reelle Chance auf Gewinn niedriger ist, als es dem Kunden versprochen wird, handelt es sich um ein sogenanntes unfaires Spiel.
Da die Verwaltungsbehörden überlastet sind, müssen die Verbraucher selbst für ihre Rechte einstehen, wenn es denn zu einer Schädigung gekommen ist.
Der BGH legte in seinem Urteil von 1962 bereits erste Grundsteine, wie dies aussehen kann:
„Ein Spielvertrag, der gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist schlechthin nichtig; und das auf Grund eines solchen Vertrages Geleistete kann aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung zurückgefordert werden. § 762 Abs. 1 Satz 2 BGB steht dem nicht entgegen; er schließt – bei nicht verbotenem Spiel – die Rückforderung nur aus, soweit sie darauf gestützt wird, dass das Spiel nach § 762 Abs. 1 Satz 1 BGB keine Verbindlichkeit begründet hat. Die Bestimmung ist auf Spiele, die gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen, nicht anwendbar (Staudinger BGB 11. Aufl. Randz. 12 vor § 762; RGRK BGB 11. Aufl. § 762 Anm. 22).“ (BGH Urt. v. 12.07.1962 – Az.: VII ZR 28/61)
Der für Verbraucher äußerst positive Beschluss des BGH ist für den Kampf gegen das illegale Online-Glücksspiel von enormer Wichtigkeit, gerade in der jetzigen sich immer weiter digitalisierenden Welt. Der BGH hielt fest, dass das Geleistete zurückgefordert werden kann, wenn ein Spielvertrag gegen ein gesetzliches Verbot verstößt.
Bei § 4 Abs. 4 GlüStV handelt es sich um eine sogenannte Verbotsvorschrift, gegen die ein Spielvertrag zwischen Online-Casino und Verbraucher eindeutig verstößt. Wird dennoch ein Spielvertrag geschlossen, ist dieser nach § 134 BGB nichtig. Konsequenz davon ist, dass die Rechtsgrundlage, nämlich der zuvor geschlossene Vertrag, entfällt. Der Verbraucher kann daher das Geleistete auf Grundlage der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 BGB) zurückfordern.
In diesem Sinne können Verbraucher, wenn sie beispielsweise im Rahmen ihres Online-Glücksspiels verloren haben, das Geleistete auf dem Zivilrechtsweg zurückverlangen. Da die Chancen nicht gering einzuschätzen sind, lohnt sich das Anstreben eines Gerichtsverfahrens. Gerade die Tatsache, dass die Abweisung einer Klage bzw. die Ablehnung des Rückforderungsanspruchs eines durch ein illegales Online-Casino geschädigten Verbrauchers mit der Legalisierung einer an sich in Deutschland illegalen Forderung gleichzusetzen wäre, spricht dafür, dass die Gerichte pro Verbraucher entscheiden werden.
Die Betroffenen haben gemäß § 195 BGB drei Jahre Zeit, ihre Ansprüche durchzusetzen.
Bereits hier berichteten wir über einen Fall, in dem es um die Rückzahlung einer Zahlung im Rahmen des Online-Glücksspiels ging.
Aber auch Banken, Kreditkartenanbieter und Bezahldienste können Adressat des Rückzahlungsanspruchs sein, da Einsätze beim Online-Glücksspiel häufig über Kreditkarten oder Bezahldienste getätigt werden.
Durch das Verbot des Glücksspiels hätten die Zahlungen gar nicht geleistet werden dürfen. Im Ergebnis bedeutet dies, dass eine Bank eine Kreditkartenzahlung verweigern muss, wenn ersichtlich ist, dass die Zahlung der Teilnahmen an einem verbotenen Online-Glücksspiel dient.
Die Bank kann dieses durch den sog. Merchant Memory Code (MCC), der die Branche kennzeichnet, die die Zahlung verlangt, erkennen.
Wenn also Banken oder Bezahldienste ihre Kontrollpflichten verletzen, können Ansprüche gegen sie ebenfalls geltend gemacht werden.
Bereits hier berichteten wir darüber, wann Gezahltes von Bezahldiensten zurückverlangt werden kann.
Die durch das Bundesland Schleswig-Holstein lizenzierten Anbieter dürfen Online-Glücksspiele legal betreiben. Wenn demnach ein Spieler aus Schleswig-Holstein auf einer lizenzierten Website online Glücksspiele spielt, entfällt der soeben beschriebene Anspruch auf Rückzahlung.
Im Umkehrschluss müssen dies Casino-Betreiber dafür sorgen, dass Bürger anderer Bundesländer nicht an den Spielen teilnehmen dürfen, da sie sonst möglicherweise an einem illegalen Glücksspiel teilnehmen würden. Der Anspruch auf Rückzahlung gemachter Einlagen würde zugunsten Bürger anderer Bundesländer weiterhin bestehen.
Wir helfen Ihnen gerne, ihre Einsätze zurückzuholen. Melden Sie sich gerne bei uns und wir machen den Rest!
Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).
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