Resturlaub im Corona-Jahr 2020

Guido Kluck, LL.M. | 7. Dezember 2020

Es ist wieder Jahresende und daher stellen sich viele Arbeitnehmer die Frage, was aus den noch offenen Urlaubstagen werden soll. Arbeitsrecht gilt auch in Corona-Zeiten!

Viele Gerichte müssen sich seit Jahren vermehrt mit Fragen rund zum Thema Urlaub beschäftigen. Darunter sind auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) und das Bundesarbeitsgericht.

Hintergrund sind oft die verschiedenen Interessen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die beim Thema Urlaub aufeinandertreffen.

Arbeitgeber möchten den Jahresurlaub am Ende eines jeden Jahres gerne aufgebraucht sehen, Arbeitnehmr hingegen würden ihren Urlaub lieber für bestimmte Zeiten aufsparen und erst aufbrauchen, wenn sie ihn wirklich benötigen (Kita- und Schulschließungen, besseres Wetter).

Hier bedarf es nun eines Blicks in das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG).

Wir erklären wir Ihnen alles was Sie zu Ihrem Urlaubsanspruch wissen müssen!

Kann bereits genehmigter Urlaub zurückgenommen werden?

Ist der Urlaub vom Arbeitgeber genehmigt worden, können Arbeitnehmer ihn nicht mehr einseitig zurücknehmen. Der Urlaub dient Erholungszwecken und hat nichts mit einer Reise zu tun, denn erholen kann man sich auch zu Hause. 

Jedoch ist eine Änderung des Urlaubszeitpunkts immer nach Absprache mit Ihrem Arbeitgeber möglich. 

Rechtstipp für Arbeitgeber: sobald Sie einem Arbeitnehmer die Rücknahme von bereits genehmigten Urlaub gestatten, dürfen Sie nach dem sog. Gleichbehandlungsgrundsatz nicht grundlos von dieser Praxis abweichen. 

Kann man den Urlaub wegen Corona auf das kommende Jahr übertragen?

Hier genügt ein Blick in das Bundesurlaubsgesetz, um die Frage zu beantworten. 

§ 7 Abs. 3 BUrlG: „Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. 

Rechtstipp: nach der Rechtsprechung muss der Arbeitgeber seiner Hinweispflicht nachkommen und den Arbeitnehmer auffordern seinen Urlaub zu nehmen. Erst danach könnte der Urlaub mit Ablauf des Jahres erlöschen. 

Auch auf die Frage, ob man Urlaub ansparen kann, um ihn für die Betreuung der Kinder bei einem möglichen Lock-Down im Jahr 2021 aufzubrauchen, kann nach oben verwiesen werden. Nach § 7 Abs. 3 S.2  BUrlG gilt, dass eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr nur statthaft ist, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. 

Übrigens: Im Fall der Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden! (§ 7 Abs. 3 S. 3 BUrlG).

Kann man Pandemie-bedingt in „Zwangs-Urlaub“ geschickt werden?

Das Bundesurlaubsgesetz spricht davon, dass der Arbeitgeber den Urlaub „gewährt“. (§§ 6 Abs. 1 und 2, § 7 Abs. 2  ff. BUrlG)

Der Gesetzgeber schließt jedenfalls nicht komplett aus, dass der Arbeitgeber Urlaub nicht anzuordnen hat. Jedoch geht aus § 7 Abs. 1 deutlich hervor, dass bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen sind. Ein „Zwangs-Urlaub“ ist also nach BUrlG nicht möglich.

Ausnahmen wären nur bei dringenden betrieblichen Belangen oder Urlaubswünschen anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, möglich. 

Rechtstipp: Der Urlaub ist aber zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluß an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt!

Und wie sieht es aus bei Kurzarbeit-Null?

Grundsätzlich kann Urlaub auch in der Kurzarbeit beantragt und gewährt werden. Der Verdienst wird während des Urlaubs in voller Höhe ausgezahlt, auch wenn das Gehalt durch die Kurzarbeit momentan reduziert ist. Dies ist in § 11 Abs. 1 S. 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) geregelt. Allerdings hat der EuGH entschieden (Urt. v. 13.12.2018 – C-385/17), dass bei Kurzarbeit, bei der gar nicht mehr gearbeitet wird (Kurzarbeit-Null), die Urlaubsansprüche des Arbeitnehmers in dieser Zeit ebenfalls reduziert werden können. Dies gilt auch bei einem Ruhen des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen (BAG, Urt. v. 19.03.2019 – 9 AZR 315/17).

Kurz: bei der Kurzarbeit „Null“ hat der Arbeitnehmer über die gesamte Arbeitszeit Kurzarbeit. Es bleibt also keine Arbeitszeit mehr übrig, die mit Urlaub als Erholungszweck aufzuwiegen ist. Der Urlaub kann also nicht gewährt werden, wenn sowieso keine Arbeitspflicht mehr besteht. 

Sie haben Fragen zum Thema Arbeitsrecht und Urlaub? Melden Sie sich bei uns! Unser spezialisiertes Team wird Ihnen schnell und unkompliziert weiterhelfen.

Fazit

Das Arbeitsrecht und das Bundesurlaubsgesetz sind zwei stark reglementierte Bereiche. Dennoch sind viele Punkte dispositiv und nach Rücksprache und Genehmigung des Arbeitgebers möglich. So kann der Urlaub mit ins neue Jahr genommen werden, wenn es der Arbeitgeber genehmigt, und auch bereits genehmigter Urlaub kann, noch Rücksprache mit Ihrem Chef, wieder verändert werden. 

Hier empfiehlt es sich einfach an den Arbeitgeber heranzutreten und die Sachlage zu erklären. Wenn Sie schlüssig erläutern, wieso eine Änderung für Sie wichtig wäre, wird der Arbeitgeber ein offenes Ohr dafür haben.

Lesen Sie auch unseren Artikel zum Thema: „Coronavirus und Urlaubsansprüche“ 

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Guido Kluck, LL.M.

Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).

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