Fristlose Kündigung bei einmaligem unentschuldigten Fehlen?

Guido Kluck, LL.M. | 19. Januar 2021

Fehlt ein Arbeitnehmer an einem einzigen Tag seines Arbeitsverhältnisses unentschuldigt, rechtfertigt das i. d. R. nicht die fristlose Kündigung. Das entschied das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (Urt. v. 3. Juni 2020, Az. 1 Sa 72/20). 

Wir erläutern Ihnen das Urteil in diesem Artikel näher!

Streit um außerordentliche Kündigung wegen eines unentschuldigten Fehltages

Eine Arbeitnehmerin war seit dem 1. August 2019 angestellt. Am 1. und am 2. August erschien sie noch ganz normal zur Arbeit – am 7. August fehlte sie dagegen unentschuldigt. Insbesondere hatte die Mitarbeiterin keine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt. Am 8. August 2019 kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis daraufhin fristlos. Hiergegen wandte sich die gekündigte Arbeitnehmerin mittels einer Kündigungsschutzklage. 

Im Arbeitsvertrag wurde übrigens eine einwöchige Probezeitkündigungsfrist vereinbart, die nicht wirksam war. § 622 Abs. 3 S.1 BGB steht nämlich nicht zur Disposition der Arbeitsvertragsparteien, so dass diese einzelvertraglich keine kürzere Kündigungsfrist in der Probezeit vereinbaren können.

Rechtstipp: Auch in diesem Fall wären eine Arbeitsaufforderung und eine Abmahnung i. d. R. erforderlich. Das gilt auch, wenn das Arbeitsverhältnis erst zwei Tage bestanden hat.

Fristlose Kündigung bei Arbeitsverweigerung

Laut Richter besteht grundsätzlich die Möglichkeit bei „beharrlichen Arbeitsverweigerung“ eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund auszusprechen. Die Arbeitnehmerin hat nur am 7.8.2019 unentschuldigt gefehlt. Dieser Fehltag stellt sich, laut Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, nicht als so schwerwiegende Pflichtverletzung dar. 

Abmahnung nicht entbehrlich 

Der Arbeitgeber hielt die fristlose Kündigung für wirksam, da die Arbeitnehmerin erst zwei Tage gearbeitet hat und dann unentschuldigt fehlte. Es handele sich um ein „gescheitertes Arbeitsverhältnis“. Hier sei, nach Ansicht des Arbeitgebers, eine Abmahnung entbehrlich gewesen.

Die außerordentliche fristlose Kündigung ist aber nach Ansicht der zuständigen Richter unwirksam, da es eben an einer vorherigen Abmahnung fehle!

Rechtstipp: Das Fehlen eines Arbeitnehmers an bloß einem einzigen Arbeitstag ist regelmäßig nicht geeignet, eine fristlose Kündigung ohne Ausspruch einer vorhergehenden Abmahnung zu rechtfertigen. 

In diesem Fall gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin trotz Kündigungsandrohung der Arbeit weiter unentschuldigt ferngeblieben wäre. Ihre Pflichtverletzung sei daher, laut zuständigen Richtern, auch nicht derartig schwerwiegend, dass eine Abmahnung ausnahmsweise entbehrlich gewesen wäre. 

Zugang einer Kündigung

Eine Kündigung ist nach § 130 BGB stets zugegangen, wenn sie dem Gekündigten ausgehändigt wird. Soll das Kündigungsschreiben dem Arbeitnehmer im Betrieb persönlich übergeben werden, genügt die Aushändigung und Übergabe des Schreibens, so dass der Arbeitnehmer in der Lage ist, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen. 

Ist der Kündigungsempfänger nicht anwesend, so geht die Kündigung zu, wenn sie in den „Machtbereich“ des Empfängers gelangt und unter gewöhnlichen Umständen damit zu rechnen ist, dass er davon Kenntnis nimmt. 

Viele denken daher, dass man die Kündigung per Einschreiben mit Rückschein verschicken muss, damit es sicher zugeht. Auf dem Postweg kann es immer wieder zu Zustellproblemen kommen (Benachrichtigung nicht erhalten usw.). 

Die sicherste Zustellmethode ist daher die Zustellung mit Hilfe eines Gerichtsvollziehers, auch wenn es die teuerste Variante darstellen mag. Das Problem einer nicht zugestellten Kündigung kann man aber auch dadurch vermeiden, dass man anstelle eines Einschreibens mit Rückschein ein „Einwurfeinschreiben“ verschickt. Es wird vom Briefzusteller in den Hausbriefkasten des Empfängers gesteckt und gelangt damit auch in dessen Machtbereich. Das Einwurfeinschreiben kostet sogar weniger Porto!

Fazit

Im Ergebnis hält sich dieses Urteil an die gängige Rechtsprechung und bringt keine Neuerungen mit sich. 

Ein Arbeitgeber muss regelmäßig erst einmal abmahnen, bevor er das Arbeitsverhältnis fristlos kündigen kann. Dies gelte insbesondere, wenn der betroffene Arbeitnehmer nur einmal unentschuldigt gefehlt habe und zwar auch dann, wenn dies bereits am dritten Arbeitstag passiert sei, so das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein.

Im Arbeitsrecht bedarf es aber immer einer Würdigung des gesamten Sachverhalts unter genauer Begutachtung des Verhaltens der beiden streitenden Parteien. 

Haben Sie daher Fragen zum Thema Arbeitsrecht, möchten gegen eine Kündigung vorgehen oder eine Kündigung aussprechen? Melden Sie sich bei uns! Unser im Arbeitsrecht spezialisiertes Team hilft Ihnen gerne schnell und unkompliziert weiter und berät Sie gern.

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Guido Kluck, LL.M.

Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).

ÜBER DIESEN AUTOR ARTIKEL VON DIESEM AUTOR

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