Kündigung eines Hornisten wegen Verkleinerung des Orchesters
Kündigt der Arbeitgeber einem Orchestermusiker, weil er das Orchester verkleinern will, […]
Das Bundesarbeitsgericht hat mit Beschluss vom 13.09.2022 (Az. 1 ABR 22/21) entschieden, dass Arbeitgeber nach § 3 II Nr. 1 ArbSchG verpflichtet sind, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann.
Alles was Sie zu diesem Beschluss wissen müssen, erfahren Sie auf unserem Blog. Lesen Sie auch unseren Artikel: „Der Fingerabdruck geht dann doch zu weit“
Der Betriebsrat und die Arbeitgeberinnen, die eine vollstationäre Wohneinrichtung als gemeinsamen Betrieb unterhalten, schlossen im Jahr 2018 eine Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit. Dabei scheiterten aber die Verhandlungen zur Arbeitszeiterfassung. Die beiden Parteien hatten bereits die Lesegeräte für eine solche Vorrichtung angeschafft, die Einführung aber aufgegeben, als Verhandlungen über eine Betriebsvereinbarung scheiterten.
Nachdem der Betriebsrats beim Arbeitsgericht eine Einigungsstelle zum Thema „Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Einführung und Anwendung einer elektronischen Zeiterfassung“ beantragt hatte, wurde diese auch eingesetzt. Jedoch rügten die Arbeitgeberinnen deren Zuständigkeit. Daraufhin leitete der Betriebsrat dieses Beschlussverfahren ein.
Hierbei begehrte der Betriebsrat die Feststellung, dass ihm ein Initiativrecht zur Einführung eines elektronischen Zeiterfassungssystems zusteht. Das Bundesarbeitsgericht gab dem Festellungsbegehren im Beschlusswege statt.
Die Richter urteilten, die Unternehmen müssen die Arbeitszeit ihrer Beschäftigten systematisch erfassen. Nach Auffassung des BAG, können auch die Beschäftigten ein Interesse an der Einführung einer elektronischen Zeiterfassung und von „mehr Kontrolle“ haben, gerade wenn es um die genaue Dokumentation von Arbeitszeit und Überstunden gehe. Demnach kann Gefahren in der Praxis wie unbezahlten Überstunden, Verletzung von Ruhepausen oder Kappung von Arbeitszeitguthaben nur entgegengewirkt werden, wenn ein objektives System zum Einsatz kommt. Daher ist es grundsätzlich positiv für Arbeitnehmer zu werten und soll ausschließlich dem Schutz der Beschäftigten dienen.
Die Richter legten § 3 Abs. 3 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz europakonform aus, wonach ein Arbeitgeber ohnehin verpflichtet ist, die Arbeitszeiten der Arbeitnehmer zu erfassen.
So der deutsche Wortlaut der Norm: „ (1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Er hat die Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und erforderlichenfalls sich ändernden Gegebenheiten anzupassen. Dabei hat er eine Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten anzustreben. (2) Zur Planung und Durchführung der Maßnahmen nach Absatz 1 hat der Arbeitgeber unter Berücksichtigung der Art der Tätigkeiten und der Zahl der Beschäftigten 1. für eine geeignete Organisation zu sorgen und die erforderlichen Mittel bereitzustellen sowie 2. Vorkehrungen zu treffen, dass die Maßnahmen erforderlichenfalls bei allen Tätigkeiten und eingebunden in die betrieblichen Führungsstrukturen beachtet werden und die Beschäftigten ihren Mitwirkungspflichten nachkommen können.“
Im Prozess unterlag der Betriebsrat, da er nach dem Beschluss des BAG gem. § 87 BetrVG kein Mitbestimmungsrecht hat. Diese besteht nur, wenn und soweit die betriebliche Angelegenheit nicht schon gesetzlich geregelt ist.
Der Betriebsrat hat nach § 87 I Eingangssatz BetrVG in sozialen Angelegenheiten nur mitzubestimmen, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht. Bei unionsrechtskonformer Auslegung von § 3 II Nr. 1 ArbSchG ist der Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, die Arbeitszeiten der Arbeitnehmer zu erfassen.
Rechtstipp: Laut EuGH müssen die Mitgliedstaaten die Arbeitgeber verpflichten, ein objektives, verlässliches und zugängliches System einzurichten, um die von einem jeden Arbeitnehmer geleistete tägliche Arbeitszeit zu erfassen.
Für Arbeitnehmer ist die Arbeitszeiterfassung, ein objektives und verlässliches Mittel, um die tägliche und wöchentliche Arbeitszeit festzuhalten. Dadurch kann man die wöchentliche Höchstarbeitszeit, die Überstunden sowie die täglichen und wöchentlichen Ruhezeiten besser eingehalten.
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Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).
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