Ältere Marke ohne Eintragung vs. Jüngere Marke mit Eintragung: Wer gewinnt?

Guido Kluck, LL.M. | 6. November 2018

Marken schaffen Vertrauen des Kunden in das entsprechende Produkt und stehen für Herkunft des Produktes und seine Qualität. Nicht zuletzt gewährt die Eintragung einer Marke dem Inhaber aber auch umfassende Schutzrechte und kann auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten durchaus empfehlenswert sein. Obwohl dies längst nicht alle Vorteile einer Markeneintragung sind, lassen einige Unternehmen, aus welchen Gründen auch immer, keine solche vornehmen. Doch besteht auch für sie ein gewisser Schutz vor der Benutzung ihres Kennzeichens durch Mitbewerber?

Als Beispiel für die Beantwortung der Frage soll folgendes Beispiel dienen: Der Einzelunternehmer A nutzt das Kennzeichen „X“ für die Bewerbung der von ihm angebotenen Leistung. Jahre später lässt sich die B GmbH, die im selben Segment tätig ist, das Zeichen „X“ als Marke eintragen. Kann die B GmbH nun gegen A vorgehen und ihm die Nutzung der Marke „X“ untersagen oder ist A rechtlich davor geschützt?

Grundsätzlich wird dem Markeninhaber mit der Eintragung der Marke nach § 14 Markengesetz (MarkenG) ein ausschließliches Recht gewährt. Dritten ist es infolgedessen untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers, die Marke oder ein ähnliches Zeichen, sofern Verwechslungsgefahr besteht, zu benutzen.

Da im Beispielsfall die B GmbH Inhaberin der Marke ist, kann sie somit grundsätzlich dem A die Nutzung des Zeichens „X“ verbieten. Doch kommen vorliegend zwei Ausnahmetatbestände in Betracht.

Verkehrsgeltung

Da wäre zunächst die „Verkehrsgeltung“. Diese ist in § 4 Nr. 2 MarkenG gesetzlich festgeschrieben. Dort heißt es, dass der Markenschutz nicht nur durch die Eintragung eines Zeichens als Marke, sondern auch durch die Benutzung eines Zeichens im geschäftlichen Verkehr entsteht, soweit das Zeichen innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Marke Verkehrsgeltung erworben hat. Der Markenschutz durch Benutzung setzt somit sowohl die Markenfähigkeit des Zeichens voraus, als auch den Erwerb von Verkehrsgeltung.

Was genau zur Entstehung einer solchen Verkehrsgeltung erforderlich ist, hängt zwar grundsätzlich von den Umständen des Einzelfalles ab, doch genügt es in der Regel, wenn ein nicht unerheblicher Teil des Verkehrs in der Beziehung einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft sieht (BGH, Urteil vom 12.03.1969 – I ZR 32/67), also ein bestimmtes Produkt oder eine Leistung einem bestimmten Unternehmen zuordnen kann.

Welcher Grad von Bekanntheit aber genau erreicht werden muss, dafür existieren keine genauen Vorgaben. Bei der Entscheidung der Frage, ob Verkehrsgeltung besteht, stehen die Unterscheidungs- beziehungsweise Kennzeichnungskraft in Wechselwirkung mit dem Grad der Bekanntheit. Als Faustregel gilt: Je größer die Unterscheidungs- beziehungsweise Kennzeichnungskraft, desto niedriger muss der Grad der Bekanntheit sein. Verkehrsgeltung kann so schon ab 20-30% Bekanntheit angenommen werden, in der Regel liegt der erforderliche Wert aber bei über 50% Bekanntheit.

Zu beachten ist jedoch, dass der Markenschutz durch Verkehrsgeltung immer nur für ein konkretes Zeichen in Bezug auf ein konkretes Produkt oder eine Leistung erlangt werden kann. Zudem kann der Markenschutz durch Verkehrsgeltung auch wieder entfallen, wenn etwa der Grad der Bekanntheit sinkt, da er allein abhängig vom tatsächlichen Zustand der Verkehrsgeltung ist. Außerdem muss derjenige, der sich auf den Markenschutz kraft Verkehrsgeltung beruft, den entsprechenden Nachweis erbringen. Dies wird teilweise, gerade in Bezug auf die Verkehrsgeltung in der Vergangenheit, schwer möglich und unter Umständen mit hohen Kosten verbunden sein.

Gelingt der Nachweis jedoch, so stünde A im Beispielsfall nach § 4 MarkenG ein ausschließliches Recht im Sinne von § 14 Abs. 1 MarkenG zu. Er könnte dann bei Verletzung seines Markenrechts durch die B GmbH, etwa durch die Benutzung seiner Marke, Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche geltend machen. Unter Umständen könnte A sogar die Löschung der durch die B GmbH eingetragenen Marke nach § 12 MarkenG verlangen.

Bösgläubigkeit

Ein weiterer Gesichtspunkt zur Lösung des Beispielsfalles könnte eine eventuell bestehende Bösgläubigkeit der B GmbH als Eintragungshindernis beziehungsweise Löschungsgrund sein, die diese ein absolutes Schutzhindernis nach § 8 MarkenG darstellen würde. Denn nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die bösgläubig angemeldet worden sind.

Doch wann liegt solch eine Bösgläubigkeit beim Markenanmelder vor? Nach Ansicht des BGH (Beschluss vom 15.10.2015 – I ZB 69/14) kommt eine böswillige Markenanmeldung in Betracht, wenn „der Anmelder weiß, dass ein anderer dasselbe oder ein verwechselbares Zeichen für dieselben oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben, und besondere Umstände hinzukommen, die das Verhalten des Anmelders als sittenwidrig erscheinen lassen“. Für eine bösgläubige Markenanmeldung wäre es somit nicht ausreichend, wenn die B GmbH allein davon weiß, dass der A das Zeichen „X“ seit Jahren im selben Segment benutzt. Es müssen weitere Umstände hinzutreten.

In dem zitierten Beschluss führen die Richter dazu aus, dass solche besonderen Umstände darin liegen können, dass die Eintragung aus dem Grund erfolgen soll eine Störung des Mitbewerbers beziehungsweise durch die Eintragung eine Sperrwirkung herbeizuführen und die Markeneintragung so zweckwidrig als Mittel des Wettbewerbs eingesetzt wird.

Bei der Beurteilung der Bösgläubigkeit ist dabei auf den Zeitpunkt der Anmeldung abzustellen. Geht man also davon aus, dass die B GmbH bei der Anmeldung Kenntnis davon hatte, dass A das Zeichen „X“ bereits seit Jahren für ähnliche Waren oder Dienstleitung benutzt und die Anmeldung vornimmt, um dadurch den Wettbewerb unzulässig zu beeinflussen, so läge im Beispielsfall ein absolutes Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG vor. Die Marke „X“ hätte dann von vornherein nicht für die B GmbH eingetragen werden dürfen. Da die Eintragung aber trotzdem bereits erfolgt ist, steht A zumindest ein Löschungsanspruch nach § 50 MarkenG gegen die B GmbH zu.

Fazit

Sowohl im Hinblick auf die Verkehrsgeltung, als auch auf die Bösgläubigkeit als absolutes Schutzhindernis, ist A gegen die B GmbH rechtlich vor der Untersagung der Markennutzung geschützt. Im Gegenteil könnte A gegen die B GmbH Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz geltend machen und gegebenenfalls sogar die Löschung der Marke erwirken.

Es zeigt sich also, dass Markenschutz durchaus auch ohne Eintragung des entsprechenden Zeichens in das Markenregister bestehen kann. Doch da sich die Durchsetzung dieser Ansprüche teilweise als sehr schwierig, etwa aufgrund der Beweispflicht im Rahmen der Verkehrsgeltung, und kostenintensiv darstellen kann, ist es grundsätzlich empfehlenswert die eigene Marke frühzeitig eintragen zu lassen. Auf diese Weise wird von Anfang an ein umfassender Schutz gewährleistet und ein unnötiger Prozess zur Durchsetzung der eigenen Markenrechte kann vermieden werden.

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Guido Kluck, LL.M.

Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).

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