Als Arbeitnehmer fristlos kündigen: Was sind berechtigte Gründe?

Guido Kluck, LL.M. | 2. Februar 2023

Fristlose Kündigungen werden immer gedanklich damit assoziiert, dass der Arbeitgeber plötzlich kündigt. Dieses Recht steht jedoch auch den Arbeitnehmern zu! Was berechtigte Gründe sind und wie Sie Ihr Kündigungsrecht ausüben können, erfahren Sie in diesem Artikel: 

Die ordentliche Kündigung als Regelfall 

Der Regelfall der Beendigung des Dienstverhältnisses ist die ordentliche Kündigung unter Einhaltung der gesetzlichen (§ 622 BGB), tarif- oder einzelvertraglich vereinbarten Kündigungsfrist. Ausnahmsweise kommt auch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der Kündigungsfrist in Betracht. 

Wann spricht man von einer fristlosen Kündigung? 

Eine fristlose Kündigung bezeichnet das Gesetz auch als „außerordentliche Kündigung“. Diese Kündigungsform bedeutet, dass Sie sofort ohne Einhaltung der gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfristen Ihre Tätigkeit bei einem Arbeitgeber beenden. Mit Aussprache der Kündigung beenden Sie das Arbeitsverhältnis. Die Aussprache einer fristlosen Kündigung ist dabei für beide Vertragsparteien möglich. 

Rechtstipp: Von einer außerordentlichen Kündigung wird dann gesprochen, wenn sie durch einen gesetzlichen Grund (den „wichtigen Grund“ iSd § 626 Abs. 1 BGB) gerechtfertigt ist und deswegen ausgesprochen wird.

Fristlose Kündigung auch zu einem bestimmten Zeitpunkt möglich? 

Ja, grundsätzlich ist die fristlose Kündigung auch zu einem späteren bestimmten Zeitpunkt möglich. Die fristlose Kündigung beendet zwar mit ihrem Zugang das Arbeitsverhältnis. Sie kann aber auch als außerordentliche Kündigung unter Einhaltung einer Frist, die kürzer, aber auch ebenso lang sein kann wie die ordentliche Kündigungsfrist erfolgen. Sie wirkt dann – ihre Wirksamkeit vorausgesetzt – zu dem angegebenen Zeitpunkt.

Wichtiger Grund ist ausschlaggebend 

Ein wichtiger Grund iSd Generalklausel des § 626 Abs. 1 BGB für eine außerordentliche Kündigung liegt dann vor, wenn Tatsachen gegeben sind, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Frist für eine ordentliche Kündigung oder bis zum Ablauf einer vereinbarten Befristung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Hierzu zählen: Mobbing, sexuelle Belästigung, Beleidigungen, falsche Verdächtigungen, ausgebliebene Gehaltszahlungen, Aggressionen am Arbeitsplatz usw.

Abmahnungen bei ausgebliebener Gehaltszahlung 

Sollten Sie in Erwägung ziehen, wegen ausgebliebener Gehaltszahlung außerordentlich zu kündigen, müssten Sie Ihren Arbeitgeber zuvor abgemahnt und unter Fristsetzung zur Zahlung des Gehalts aufgefordert haben. Erfolgt bis zur genannten Frist keine Zahlung, darf eine fristlose Kündigung erfolgen. Ähnliches gilt für Verstöße gegen das Arbeitsschutzgesetz. Lassen Sie sich hierzu von unserem im Arbeitsrecht spezialisierten Team beraten! 

Form- und Fristerfordernis 

Bezüglich einer außerordentlichen Kündigung gilt ein Form- und Fristerfordernis. Sie muss schriftlich erfolgen, das heißt nicht per E-Mail, sondern eigenhändig unterschrieben. Geben Sie die Kündigung am besten persönlich beim Arbeitgeber ab und lassen Sie sich den Erhalt auf einer Kopie bestätigen! Wenn Sie den Postweg wählen, achten Sie auf den Versand per Einschreiben mit Rückschein oder per Einschreiben. Im Streitfall kann der Beweis des Zugangs der Kündigung entscheidend sein. Grundsätzlich gibt es zwar keine Frist für die außerordentliche Kündigung, jedoch müssen Sie nach § 626 Abs. 2 BGB die Frist für die Aussprache der Kündigung beachten. Demnach müssen Sie innerhalb von zwei Wochen kündigen, nachdem Ihnen die maßgebenden Tatsachen bekannt wurden. Hält beispielsweise der Arbeitgeber entgegen der Vorschriften zur Arbeitssicherheit keine Schutzbekleidung bereit und ändert dies auch nach einer Abmahnung nicht, müssen Sie innerhalb von zwei Wochen fristlos kündigen. 

Rechtstipp: Arbeitnehmer dürfen Umstände, die dem Arbeitsschutz zuwiderlaufen nicht wissentlich über Monate in Kauf nehmen und dann “plötzlich” fristlos kündigen. Dann werden Arbeitnehmer nicht mehr als schutzwürdig betrachtet. 

Fazit 

Das Recht zur fristlosen Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB steht nicht nur Arbeitgebern zu, sondern auch Arbeitnehmern. Hier ist im Gegensatz zu § 1 KSchG das Erfordernis einer umfassenden richterlichen Interessenabwägung gesetzlich ausdrücklich angeordnet. Es muss ein wichtiger Grund vorliegen und die Auslegung dieses Grundes erfolgt vor Gerichten immer restriktiv. Lassen Sie sich hierzu von unserem spezialisierten Team beraten! Wir begleiten Sie vollumfänglich zum Thema Arbeitsrecht und vertreten Ihre rechtlichen Interessen.

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Guido Kluck, LL.M.

Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).

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