Verbraucherschützer gegen Facebook
Der BGH sollte kürzlich eigentlich einen jahrelang andauernden Rechtsstreit beenden, in […]
Das BAG urteilte am 21.04.2021 (Az. 2 AZR 342/20), dass ein entlassener Arbeitnehmer nicht verlangen kann, dass ihm der frühere Arbeitgeber eine Kopie seiner gesamten E-Mail-Kommunikation von ihm und über ihn zur Verfügung stellt.
Was dieses Urteil für Arbeitnehmer bedeutet, erfahren Sie in diesem Artikel!
Nach einer Kündigung könnte der Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage erheben und dann mit dem Arbeitgeber einen Vergleich aushandeln, um eine Abfindung festzulegen.
Und hier kommt es dann oft zu der Geltendmachung des DSGVO-Auskunftsanspruchs: oft akzeptiert der Arbeitgeber die zu hohe Abfindung nicht – der Arbeitnehmer macht daraufhin den „DSGVO-Auskunftsanspruch“ gem. Art. 15 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) geltend.
Dieser Anspruch auf der DSGVO ist ein sehr weitgehender Auskunftsanspruch, der häufig für den Arbeitnehmer mit großem Aufwand verbunden ist. Oft knickt an dieser Stelle der Arbeitgeber ein und zahlt lieber die überhöhte Abfindung.
In diesem Fall verlangte ein Arbeitnehmer nach der Kündigung durch den Arbeitgeber nicht nur Auskunft über die von dem Unternehmen verarbeiteten personenbezogenen Daten über ihn, sondern er begehrte auch eine Kopie des gesamten E-Mail-Verkehrs von ihm sowie all jener Mails, in denen er persönlich erwähnt wird.
Die Klage auf Erteilung einer Kopie der personenbezogenen Daten des Klägers hatte das Arbeitsgericht abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr teilweise entsprochen und sie im Übrigen abgewiesen. Es hat angenommen, der Kläger habe zwar einen Anspruch auf Erteilung einer Kopie seiner personenbezogenen Daten, die Gegenstand der von der Beklagten Auskunft waren, nicht aber auf die darüber hinaus verlangten Kopien seines E-Mail-Verkehrs sowie der E-Mails, die ihn namentlich erwähnen.
Der Senat hat offengelassen, ob das Recht auf Überlassung einer Kopie gemäß Art. 15 III DSGVO die Erteilung einer Kopie von E-Mails umfassen kann, da ein solcher zugunsten des Klägers unterstellter Anspruch entweder mit einem i.S.v. § 253 II Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmten Klagebegehren oder, sollte dies nicht möglich sein, im Wege der Stufenklage nach § 254 ZPO gerichtlich geltend gemacht werden muss.
Daran fehlte es hier! Bei einer Verurteilung des Arbeitgebers, eine Kopie des E-Mail-Verkehrs des Klägers zur Verfügung zu stellen sowie von E-Mails, die ihn namentlich erwähnen, blieb aber unklar, Kopien welcher E-Mails die Beklagte zu überlassen hätte. Gegenstand der Verurteilung wäre damit die Vornahme einer nicht vertretbaren Handlung i.S.v. § 888 ZPO, für die im Zwangsvollstreckungsrecht nicht vorgesehen ist, dass der Schuldner an Eides statt zu versichern hätte, sie vollständig erbracht zu haben.
Das BAG urteilte, dass der Antrag auf Erteilung einer Datenkopie gem. Art. 15 Abs. 3 DSGVO exakt gefasst sein muss und ein unbestimmter Klageantrag mangels Vollstreckungsfähigkeit nicht geltend gemacht werden kann. Damit äußerte sich das BAG nur zu den formellen Gründen und ging nicht auf die datenschutzrechtlichen Aspekte ein.
Damit hat es dennoch einer neuen Masche Grenzen gesetzt, mit der Beschäftigte in Kündigungsschutzprozessen Druck ausüben, um zumindest eine höhere Abfindung zu ergattern. Die Klage wäre daraufhin zumindest schwieriger.
Rechtlich ist weiterhin fraglich, wo in solchen Konstellation die Grenze zum Rechtsmissbrauch überschritten wird. Vor allem aus arbeitsrechtlicher Sicht ist die Geltendmachung des DSGVO-Auskunftsanspruch bei Ablehnung einer oftmals zu überhöhten Abfindung eher schwierig.
Es bestehen weiterhin Unsicherheiten über den datenschutzrechtlichen Umfang des Art. 15 Abs. 3 DSGVO. Daher können hier Sanktionen drohen, wenn der Auskunftsanspruch nicht ernst genommen wird.
Wir raten Ihnen daher zunächst noch den sicheren Weg einzuschlagen und soweit wie möglich fristgerecht und ordnungsgemäß Auskunft gem. Art. 15 Abs. 3 DSGVO zu erteilen. Somit können Sie ein Bußgeld umgehen (bis zu € 20 Mio. oder von bis zu 4 % des weltweit erzielten Vorjahresumsatzes).
Arbeitnehmern könnte ein Schadensersatzanspruch zustehen und die Gerichte sprechen oftmals fünfstellige Beträge zu.
Rechtstipp: Die DSGVO schreibt wörtlich, dass die Sanktionen „abschreckend“ sein sollen!
Ein Klageantrag auf Überlassung einer Kopie von E-Mails ist nach einem Urteil des BAG nicht hinreichend bestimmt i.S.v. § 253 II Nr. 2 ZPO, wenn die E-Mails, von denen eine Kopie zur Verfügung gestellt werden soll, nicht so genau bezeichnet sind, dass im Vollstreckungsverfahren unzweifelhaft ist, auf welche E-Mails sich die Verurteilung bezieht.
Nach einer Kündigung möchte der Betroffene selbstverständlich noch „so viel wie möglich“ rausholen. Dass dabei nicht die Grenzen des Rechtsmissbrauchs überschritten werden dürfen ist eindeutig. Es sollte daher niemals der DSGVO-Auskunftsanspruch an die Abfindung gebunden sein! Der Auskunftsanspruch kann und muss unabhängig geltend gemacht werden. Die Geltendmachung von Schadensersatz kann die Abfindung erhöhen.
Arbeitgeber sollten darauf achten, dass sie in einem Vergleich bzw. im Aufhebungsvertrag ausdrücklich festlegen, dass mit der Abfindung eventuelle Schadensersatzansprüche abgegolten sind!
Sie haben Fragen zum Thema Arbeitsrecht und DSGVO? Melden Sie sich bei uns! Wir stehen Ihnen schnell und unkompliziert zur Seite und beraten Sie gerne!
Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).
ÜBER DIESEN AUTOR ARTIKEL VON DIESEM AUTORDer BGH sollte kürzlich eigentlich einen jahrelang andauernden Rechtsstreit beenden, in […]
Bei der Veröffentlichung von Bildern muss man sich an die DSGVO […]
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) urteilte am 24.08.2023 (Az. 2 AZR 17/23), dass […]
Buchen Sie direkt online Ihren Termin für eine kostenlose Erstberatung. Der für Sie zuständige Rechtsanwalt wird Sie dann zu dem von Ihnen ausgewählten Termin anrufen.
LEGAL SMART beantwortet rechtliche Fragen auch per WhatsApp. Schreiben Sie uns einfach an und stellen Sie Ihre Frage. Antworten gibt es anschließend direkt auf Ihr Handy.
Viele Fragen lassen sich mit einem Profi in einem kurzen Gespräch rechtssicher klären. Mit der LEGAL SMART Anwaltshotline steht Ihnen unser Anwaltsteam für Ihre Fragen zur Verfügung. Bundesweite Beratung über die kostenlose Anwaltshotline unter 030 - 62 93 77 980.
Sie haben eine Filesharing Abmahnung erhalten? Lassen Sie sich vom Profi verteidigen und reduzieren Sie Ihre Kosten.
Lassen Sie sich umfassend und invidiuell beraten zu Ihrer rechtlichen Frage. Fast 85% aller rechtlichen Probleme lassen sich bereits mit der anwaltlichen Erstberatung klären.
Machen Sie keine Kompromisse. Lassen Sie Ihren Vertrag anwaltlich prüfen, bevor Sie ihn unterschreiben. Professionell und zum Festpreis.
LEGAL SMART ist die Legal Tech Kanzlei für wirtschaftsrechtliche Themen. Durch konsequente Prozessoptimierung interner und externer Prozesse bieten wir neue Lösungen für verschiedene Fragestellungen. So ist das Recht für jeden zugänglich; schnell, digital und trotzdem mit der Expertise und Kompetenz einer erfahrenen Wirtschaftsrechtskanzlei. Denn Legal Tech ist mehr als nur der Einsatz von Technologie. Legal Tech ist die Bereitstellung juristischer Kompetenz.