Betriebsbedingte Kündigung wegen Corona?

Guido Kluck, LL.M. | 27. Juli 2021

Vielen Unternehmen sind durch die Corona-Pandemie in eine wirtschaftliche Schieflage geraten, aus der sie sich noch nicht wieder erholen konnten. Oftmals kommt für Unternehmen dann nur noch eine Möglichkeit in Frage: betriebsbedingte Kündigungen.

Ob betriebsbedingte Kündigungen wegen Corona möglich sind, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Betriebsbedingte „Umstrukturierung“ als Lösung?

Bei einer betriebsbedingten Umstrukturierung, die weitreichende Kündigungen für die Arbeitnehmer zur Folge hat, müssen die betrieblichen Erfordernisse „dringend“ sein. Das geht aus § 1 Abs.2 S.1 KSchG hervor. Die Kündigung muss die Interessen des Betriebes notwendig machen und wegen der betrieblichen Lage unvermeidbar sein. 

Die betriebsbedingte Umstrukturierung ist mit außer- aber auch mit innerbetrieblichen Gründen zu rechtfertigen. Der Arbeitgeber könnte sich auf einen Rückgang von Aufträgen berufen. Das müsste er dann aber auch rechnerisch belegen können. Geht die Umstrukturierung auf innerbetriebliche Gründe zurück, so liegt die Entscheidung meist im Unternehmen oder im Betrieb selbst, zB. wenn es zu Einsparungen kommen soll.  

Rechtstipp: Unternehmerischen Entscheidungen sind vor dem BAG nur sehr eingeschränkt überprüfbar!

Coronakrise – kein Sonderkündigungsrecht 

Unternehmen sollten sich über eines im klaren sein: die Corona-Pandemie begründet kein Sonderkündigungsrecht! Eine Kündigung darf also nicht einfach nur auf die Corona-Pandemie gestützt werden.

Es bestehen weiterhin die gleichen Anforderungen an eine betriebsbedingte Kündigung. Das bedeutet, dass das Unternehmen genau darlegen muss, wie die wirtschaftliche Lage aussieht. Selbstverständlich muss es sich auch an alle anderen gesetzlichen Vorschriften zur Sozialauswahl usw. halten.

Rechtstipp: Eine Kündigung die nur wegen Corona ausgesprochen wurde, sollte juristisch überprüft werden. 

Der Arbeitgeber muss anhand seiner Auftrags- und Personalplanung im Einzelnen darlegen, warum nicht nur eine kurzfristige Auftragsschwankung vorliegt, sondern ein dauerhafter Auftragsrückgang zu erwarten ist.

Rechtstipp: Wird im Betrieb Kurzarbeit geleistet, spricht dies gegen einen dauerhaft gesunkenen Beschäftigungsbedarf.

Die Erklärung, es habe einen starken Umsatzrückgang gegeben und man habe nicht anders auf denselben reagieren können, als eine Anzahl von Kündigungen auszusprechen, ist ebenfalls keine ausreichende Begründung zur Rechtfertigung einer betriebsbedingten Kündigung (Urteile vom 25.08.2020 – 34 Ca 6664/20; 34 Ca 6667/20; 34 Ca 6668/20).

Rechtstipp: Eine solche Kündigung muss mit einer ordnungsgemäßen Auswahl nach sozialen Kriterien begründet werden!

Interessenausgleich und Sozialplan

Zunächst müsste Ihr Unternehmen einen Betriebsrat haben. Unternehmen ohne Betriebsrat sind selber bei Massenentlassungen nicht verpflichtet einen Sozialplan zu erstellen! Der Sozialplan dient dem Ausgleich oder der Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern eines Betriebs infolge der geplanten Betriebsänderungen entstehen. Es ist eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat, und muss grds. ausgehandelt werden. 

Das BAG betont dabei die „zukunftsorientierte Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion“ von Sozialplanregelungen (BAG, 11.11.2008; Az. 1 AZR 475/07). Demnach sei nicht Zweck des Sozialplans eine Entschädigung zu gewähren, da die „Vorsorgefunktion“ oft nicht mehr notwendig ist. So kann dies auch zum Nachteil der Arbeitnehmer berücksichtigt werden! Das gilt insbesondere bei Arbeitnehmern, die unmittelbar nach dem Ausscheiden aus dem Betrieb einen neuen Arbeitsplatz finden oder kurz vor Erreichen des Rentenalters stehen.

Rechtstipp: Das Alter des Unternehmens ist ausschlaggebend. In den ersten vier Jahren nach der Gründung ist gem. § 112a BetrVG bei Betriebsänderungen kein Sozialplan zu erstellen, auch wenn es einen Betriebsrat gibt!

Lesen Sie hierzu unseren Artikel: „Sozialauswahl bei Kündigungen“

Kündigungsschutzprozess

Bei Betroffenen, die eine betriebsbedingte Kündigung erhalten haben, kommt es zu einem Kündigungsschutzprozess. Dabei prüft das Arbeitsgericht, ob weniger einschneidende Maßnahmen gerechtfertigt gewesen wären (zB. Kurzarbeit o.ä.).

Hat sich jedoch im Unternehmen wegen Corona ein dauerhafter Arbeitsmangel entwickelt, der auch nach Ende der Krise fortbesteht, könnte eine betriebsbedingte Kündigungen die einzige Möglichkeit sein. 

Fazit

Allgemeine wirtschaftliche Schwierigkeiten sollten in Anbetracht der gravierenden Auswirkungen für die Arbeitnehmer richtigerweise keine betriebliche Kündigung rechtfertigen. Insgesamt treffen allgemeine wirtschaftliche Schieflagen alle Unternehmen in irgendeiner Art und Weise, sodass es hier einer konkreten Aufschlüsselung der Zahlen und des dauerhaften Auftrags- und Einnahmerückgangs bedarf. Hierzu stehen unsere Fachanwälte für Arbeitsrecht für Sie bereit und unterstützen Sie im Falle einer notwendigen betriebsbedingten Kündigung.

Oftmals fragen uns Mandanten, ob der Abschluss eines Aufhebungsvertrags günstiger ist. Das hängt aber von vielen Faktoren ab. Hier ist aber Achtung geboten, denn durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrags können Ihnen Nachteile beim Arbeitsamt entstehen und auch im Hinblick auf den Rentenbezug, kann es nachteilhaft sein! Lassen Sie sich zum Thema Aufhebungsvertrag unbedingt rechtlich beraten und eine eventuelle Abfindung nach Höhe und Umfang prüfen!

Rechtstipp: Falls Sie eine Kündigung erhalten haben müssen Sie gem. § 4 KSchG innerhalb einer Frist von 3 Wochen ab Zugang der Kündigung eine Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht einreichen. Auch wenn Sie die Frist knapp versäumt haben, besteht noch die Möglichkeit einer nachträglichen Klageerhebung. Hierzu beraten wir Sie gern.

Wenn Sie von einer Kündigung betroffen sind, können Sie sich in sehr vielen Fällen dagegen wehren. Sie haben Fragen zum Thema Kündigungsschutz und möchten gegen eine Kündigung vorgehen oder benötigten Beratung, um Ihr Unternehmen wieder wirtschaftlich zu stärken? Melden Sie sich bei uns! Unser im Arbeitsrecht spezialisiertes Team steht Ihnen gerne schnell und unkompliziert zur Seite und berät Sie gern.

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Guido Kluck, LL.M.

Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).

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