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Ein bahnbrechendes Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) könnte wegweisend für den Datenschutz in Deutschland sein. Es geht um Millionen von Facebook-Nutzern, deren personenbezogene Daten durch ein sogenanntes Scraping-Tool kompromittiert wurden. Der BGH hat entschieden, dass den Betroffenen ein Schadensersatzanspruch zusteht.
In diesem Blogartikel erklären wir den zugrunde liegenden Sachverhalt, die Entscheidung des Gerichts und deren Auswirkungen auf die Praxis. Dabei beleuchten wir, wie Unternehmen und Verbraucher sich zukünftig vor ähnlichen Vorfällen schützen können.
Im Jahr 2019 wurden die persönlichen Daten von etwa 533 Millionen Facebook-Nutzern durch ein massives Datenleck öffentlich zugänglich gemacht. Diese Daten wurden nicht durch einen klassischen Hackerangriff gestohlen, sondern mittels Scraping erfasst. Scraping beschreibt die automatisierte Sammlung von öffentlich zugänglichen Informationen – in diesem Fall wurden Daten wie Namen, Telefonnummern und Geburtsdaten über Schwachstellen in der Plattform abgegriffen.
Facebook behauptete, die Sicherheitslücken umgehend geschlossen zu haben. Dennoch wurden die kompromittierten Informationen später in einschlägigen Internetforen gefunden. Betroffene Nutzer klagten, da ihre Privatsphäre massiv verletzt wurde und sie potenziellen Risiken wie Identitätsdiebstahl ausgesetzt waren.
Das Verfahren erreichte den Bundesgerichtshof (BGH) im Rahmen eines sogenannten Leitentscheidungsverfahrens (Az. VI ZR 1024/23). Solche Verfahren sollen für Klarheit bei grundsätzlichen rechtlichen Fragen sorgen. Im Kern ging es um die Anwendung des Art. 82 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), der einen Schadensersatzanspruch bei Datenschutzverletzungen regelt.
Ein zentraler Streitpunkt war die Frage, ob bereits der bloße Verlust personenbezogener Daten einen Schadensersatzanspruch begründet – oder ob Betroffene konkrete Nachteile wie finanzielle Verluste nachweisen müssen.
Der BGH urteilte, dass ein Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO nicht zwingend den Nachweis eines konkreten Schadens voraussetzt. Bereits die Tatsache, dass personenbezogene Daten unrechtmäßig verarbeitet oder offengelegt wurden, begründet eine immaterielle Beeinträchtigung. Diese Beeinträchtigung reicht aus, um einen Ersatzanspruch zu rechtfertigen.
Das Gericht stellte außerdem fest, dass Facebook seiner Verantwortung als Plattformbetreiber nicht gerecht wurde. Die Nutzung der bekannten Scraping-Technologie hätte durch geeignete Sicherheitsvorkehrungen verhindert werden können. Zudem betonte der BGH die besondere Schutzbedürftigkeit der Nutzer, da diese oftmals keine Kontrolle über die Verarbeitung ihrer Daten haben.
Das Urteil erleichtert es Betroffenen von Datenschutzverletzungen, Schadensersatz geltend zu machen. Es ist nicht mehr erforderlich, einen konkreten materiellen Schaden wie finanzielle Verluste oder Betrugsfälle nachzuweisen. Stattdessen wird der Fokus auf die immaterielle Belastung gelegt, die durch den Verlust der Datenhoheit entsteht.
Bereits nach dem Urteil haben Verbraucherorganisationen reagiert und Musterschreiben für Schadensersatzforderungen veröffentlicht. Betroffene sollten folgende Schritte beachten:
Die Entscheidung hat auch erhebliche Auswirkungen auf Unternehmen. Plattformbetreiber und andere datenverarbeitende Unternehmen müssen ihre Sicherheitsstandards überprüfen und anpassen. Folgende Aspekte sind besonders relevant:
Die Entscheidung des BGH im Fall des Facebook-Datenlecks ist ein Meilenstein im deutschen Datenschutzrecht. Sie stärkt die Rechte von Betroffenen und setzt klare Maßstäbe für den Umgang mit personenbezogenen Daten. Für Verbraucher bedeutet dies einen verbesserten Schutz und einfacheren Zugang zu Schadensersatz. Unternehmen hingegen stehen vor der Aufgabe, ihre Datenschutzstandards nachhaltig zu verbessern.
Mit dem Urteil wird deutlich, dass Datenschutz kein Nebenschauplatz, sondern ein zentrales Thema moderner Unternehmensführung ist. Wer den Schutz personenbezogener Daten vernachlässigt, riskiert nicht nur rechtliche Konsequenzen, sondern auch den Verlust von Vertrauen und Reputation.
Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).
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