Voller Erfolg gegen Hass-Kommentare
Die Grünen-Politikerin Renate Künast hat im Streit über hasserfüllte Facebook-Kommentare vor […]
Interessantes Urteil des BGH (Urteile vom 29. Juli 2021 – III ZR 179/20 und III ZR 192/20): die Nutzungsbestimmungen von Facebook sind teilweise unzulässig. Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Social Media Plattform nicht einfach Nutzerbeiträge löschen darf, ohne den Betroffenen darüber zu informieren.
Alles was Sie zu diesem Urteil wissen müssen, erfahren Sie in diesem Beitrag!
Die Parteien stritten in diesem Fall über die Rechtmäßigkeit einer vorübergehenden Teilsperrung der Facebook-Nutzerkonten der Kläger und der Löschung einiger Kommentare durch Facebook.
Facebook sollte die von ihnen in dem Netzwerk veröffentlichten und von der Beklagten gelöschten Beiträge freischalten und eine erneuten Sperre ihrer Nutzerkonten und Löschung ihrer Beiträge unterlassen.
Nach den Nutzungsbedingungen von Facebook in der seit dem 19.04.2018 geltenden Fassung darf nicht gegen die „Gemeinschaftsstandards“ verstoßen werden. In den jeweiligen Kommentaren schimpfte der Kläger gegen Migranten – das verstößt gegen die „Gemeinschaftsstandards“ von Facebook. Daher sperrte Facebook vorübergehend die Nutzerkonten. Die Kläger konnten in dieser Zeit nichts posten, nichts kommentieren und auch die Messenger-Funktion nicht nutzen.
Die zuständigen Richter urteilten aber, dass Facebook nicht aufgrund ihrer Nutzungsbestimmungen und Gemeinschaftsstandards zur Löschung der Beiträge der Kläger und Sperrung ihrer Nutzerkonten berechtigt gewesen ist.
Auch, wenn die Parteien die neuen AGB wirksam mit einbezogen haben, sind die in den geänderten Nutzungsbedingungen von Facebook eingeräumten Vorbehalte, betreffend die Entfernung von Nutzerbeiträgen und die Sperrung von Nutzerkonten, jedoch gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Die Richter entschieden, dass durch diese Klausel die Nutzer des Netzwerks entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt werden.
Denn bei dieser Klausel bedarf es einer umfassenden Würdigung und Abwägung der wechselseitigen Interessen, weswegen gerade auf die Grundrechte abzustellen ist.
„Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.“
Für die Facebook Nutzer muss die Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gegenüber der Berufsfreiheit von Facebook (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG) in Ausgleich gebracht werden.
Demnach ist Facebook grundsätzlich berechtigt, den Nutzern ihres Netzwerks die Einhaltung bestimmter Kommunikationsstandards vorzugeben. Diese dürfen auch über die strafrechtlichen Vorgaben (zum Beispiel Beleidigung, Verleumdung oder Volksverhetzung) hinausgehen. Facebook darf sich auch das Recht vorbehalten, bei Verstoß gegen die Kommunikationsstandards Beiträge zu entfernen und das betreffende Nutzerkonto zu sperren.
Aber: Es ist nach Ansicht des BGH erforderlich, dass sich Facebook in ihren AGB verpflichtet, den betreffenden Nutzer über die Entfernung eines Beitrags zumindest nachträglich und über eine beabsichtigte Sperrung seines Nutzerkontos vorab zu informieren, ihm den Grund dafür mitzuteilen und eine Möglichkeit zur Gegenäußerung einzuräumen, an die sich eine Neubescheidung anschließt.
Facebook ist nach diesem Urteil nicht berechtigt einfach kommentarlos Nutzerkonten zu sperren und Beiträge zu löschen. Nutzer müssen die Möglichkeit zur Stellungnahme erhalten und über eine Sperrung des Nutzerkontos informiert werden.
Natürlich bleibt die Löschung strafbarer Posts auch nach diesem Urteil bestehen. Die Vorschriften des StGB finden selbstverständlich auch über die Gemeinschaftsstandards von Facebook hinaus Anwendung. Dennoch darf Facebook eigene Standards festsetzen, solange sie im Einklang mit den §§ 305 BGB stehen.
Für Facebook bedeutet das jetzt, dass die Beiträge wiederhergestellt werden müssen und eine Sperrung der Nutzerkonten/ Löschung der Beiträge bei deren erneuter Einstellung zu unterlassen ist. In Zukunft muss die Plattform Nutzer darüber unterrichten, wenn ein Eingriff in die Kommentare droht. Nur dann kann der Nutzer dazu Stellung nehmen.
Sie haben Fragen zum Thema Facebook, Gemeinschaftsstandards oder bzgl. einer Sperrung eines Nutzerkontos? Melden Sie sich bei uns! Unser spezialisiertes Team steht Ihnen gerne schnell und unkompliziert zur Seite und berät Sie gern.
Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).
ÜBER DIESEN AUTOR ARTIKEL VON DIESEM AUTORDie Grünen-Politikerin Renate Künast hat im Streit über hasserfüllte Facebook-Kommentare vor […]
Yelp darf seine Nutzerbewertungen durch eine automatisierte Software filtern, so entschied […]
Facebook erfreut sich weiterhin steigender Beliebtheit. Zuletzt konnte die Internetplattform allein […]
Buchen Sie direkt online Ihren Termin für eine kostenlose Erstberatung. Der für Sie zuständige Rechtsanwalt wird Sie dann zu dem von Ihnen ausgewählten Termin anrufen.
LEGAL SMART beantwortet rechtliche Fragen auch per WhatsApp. Schreiben Sie uns einfach an und stellen Sie Ihre Frage. Antworten gibt es anschließend direkt auf Ihr Handy.
Viele Fragen lassen sich mit einem Profi in einem kurzen Gespräch rechtssicher klären. Mit der LEGAL SMART Anwaltshotline steht Ihnen unser Anwaltsteam für Ihre Fragen zur Verfügung. Bundesweite Beratung über die kostenlose Anwaltshotline unter 030 - 62 93 77 980.
Überlassen Sie Ihre Behandlung im Ernstfall nicht dem Zufall. Bestimmen Sie mit einer Patientenverfügung selbst, welche Behandlung Sie wünschen und welche nicht.
Sie haben eine Filesharing Abmahnung erhalten? Lassen Sie sich vom Profi verteidigen und reduzieren Sie Ihre Kosten.
Lassen Sie sich umfassend und invidiuell beraten zu Ihrer rechtlichen Frage. Fast 85% aller rechtlichen Probleme lassen sich bereits mit der anwaltlichen Erstberatung klären.
LEGAL SMART ist die Legal Tech Kanzlei für wirtschaftsrechtliche Themen. Durch konsequente Prozessoptimierung interner und externer Prozesse bieten wir neue Lösungen für verschiedene Fragestellungen. So ist das Recht für jeden zugänglich; schnell, digital und trotzdem mit der Expertise und Kompetenz einer erfahrenen Wirtschaftsrechtskanzlei. Denn Legal Tech ist mehr als nur der Einsatz von Technologie. Legal Tech ist die Bereitstellung juristischer Kompetenz.