Keine Anwendung des § 569 Abs. 3 Nr. 3 BGB auf preisgebundenen Wohnraum
Nach der Entscheidung des BGH vom 09.05.2012 Az.: VIII ZR 327/11 […]
Der Bundesgerichtshof urteilte am 11.01.2023 (Az. XII ZR 101/21), dass Brautpaare, deren Hochzeitsfeier aufgrund der Corona-Beschränkungen ins Wasser gefallen ist, den Mietvertrag für die Hochzeitslocation nicht ohne Weiteres wegen Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kündigen können.
Wir fassen für Sie das Wichtigste zu diesem Urteil auf unserem Blog zusammen!
Im konkreten Fall hatte ein Paar vor Beginn der Pandemie ein Schloss für seine Hochzeit gemietet und geplant eine Feier mit bis zu 120 Menschen im August 2020 auszurichten. Der Mietpreis betrug 5.000 Euro netto zuzüglich weiterer Kosten. Jedoch war dann laut der dann geltenden Corona-Verordnung Hochzeitsfeiern aber nur noch mit höchstens 50 Personen zulässig, weswegen das Paar im Juli 2020 die Hochzeitfeier in dem Schloss absagte. Der Vermieter verlangte aber dennoch die vereinbarte Miete.
Das OLG Celle urteilte zu diesem Fall zuvor, dass das Paar nicht nach § 326 Abs. 5 BGB zum Rücktritt berechtigt gewesen sei, da die Durchführung der Hochzeitsfeier trotz der Pandemie nicht unmöglich im Rechtssinne geworden ist. Ein außerordentliches Kündigungsrecht auf der Grundlage von § 543 Abs. 1 BGB iVm § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB wurde vom OLG ebenfalls verneint, da es an einem Vorenthalten des vertragsgemäßen Gebrauchs fehlt. Die behördlichen Auflagen führten nicht zu einem Sachmangel der angemieteten Fläche. Darüber hinaus lag keine relevante und schuldhafte Vertragsverletzung des Vermieters vor.
Allerdings sei dem Brautpaar nicht zuzumuten gewesen, zu einem späteren Zeitpunkt zu feiern, weil eine Hochzeit für das Paar „ein ganz besonderes einmaliges Ereignis“ darstelle, welches „nicht ohne Weiteres verlegbar sei„, so das OLG. Deshalb entfiel die Geschäftsgrundlage für den Mietvertrag und das Paar konnte wirksam kündigen. Das Paar musste aber dem Vermieter nach Anpassung des Vertrags gemäß richterlichem Ermessen eine Ausgleichszahlung von insgesamt 2.000 Euro leisten.
Der BGH hat die Entscheidung nun aber aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurückverwiesen.
Die höchstrichterliche Entscheidung wurde damit begründet, dass die Anwendung der Grundsätze über die Störung der Geschäftsgrundlage nur ausnahmsweise zur völligen Beseitigung des Vertragsverhältnisses führt. Darüber hinaus kommen diese Grundsätze nur als ultima ratio in Betracht, wenn eine Vertragsanpassung nicht möglich oder einem Teil auch ein Festhalten an dem Vertrag mit angepasstem Inhalt nicht zumutbar ist. Die Begründung es OLG schlug daher nicht durch.
Aus dem Urteil des BGH geht deutlich hervor, dass es vor allem an einer entsprechenden Begründung für den Wegfall der Geschäftsgrundlage mangelte. Ferner wurde eine andere Form der Vertragsanpassung nicht näher betrachtet. Dass eine Hochzeit nicht verschiebbar sein soll, liegt für den BGH also nicht von Natur aus auf der Hand. Dass das Paar zu Verhandlungen nicht bereit war und die Verlegung pauschal ablehnte, zeigte den zuständigen Richtern, dass sie allein die Aufhebung des Mietvertrags erreichen wollten und damit das Risiko der Absage der Feier einseitig auf den Vermieter verlagern wollten. Ob das in anderen Fällen auch so entschieden werden würde, ist nicht ersichtlich, schließlich kommt es immer auf den Einzelfall an.
Lesen Sie dazu unseren Artikel: „Brautpaar muss 2.000 Euro an den Vermieter zahlen“
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