Widerrufsjoker: Verbraucher müssen bei fehlender Aufklärung nicht zahlen!
Ein neues Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) stärkt die Rechte der […]
„Der Anbieter ist nicht verpflichtet, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen. Die Bereitschaft dazu kann jedoch im Einzelfall erklärt werden.“ Um diese beiden Sätze dreht sich eine Entscheidung des BGH (Urt. v. 21.08.2019 – VIII ZR 265/18). Dürfen diese so formuliert werden?
Ein Online-Shop, der Lebensmittel verkauft, verwendete die beiden Sätzen in seinem Impressum und seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen.
§ 36 Abs. 1 Nr. 1 Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) verlangt: „Ein Unternehmer, der eine Webseite unterhält oder Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet, hat den Verbraucher leicht zugänglich, klar und verständlich in Kenntnis zu setzen davon, inwieweit er bereit ist oder verpflichtet ist, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen.“
Wer gegen diese Vorschrift verstößt, erfüllt zugleich § 2 Abs. 1, 2 Nr. 12 UKlaG, da § 36 Abs. 1 Nr. 1 VSBG ein Verbraucherschutzgesetz darstellt. Daher konnte der Online-Shop-Betreiber abgemahnt werden und damit Unterlassung und Schadensersatz gefordert werden.
§ 36 Abs. 1 Nr. 1 VSBG fordert eine klare und verständliche Inkenntnissetzung darüber, inwieweit der Online-Shop-Betreiber bereit ist, an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen. Diesen Anforderungen genügen die Sätze nicht.
„Danach schließt die Verpflichtung des Unternehmers […] in den Fällen, in denen die Teilnahmebereitschaft oder -verpflichtung nur eingeschränkt besteht, dem Verbraucher die Reichweite der Mitwirkungsbereitschaft oder -verpflichtung so deutlich vor Augen zu führen, dass er umfassend und mit der gebotenen Klarheit darüber informiert ist, welche Haltung der Unternehmer in künftigen Fällen bezüglich einer alternativen Streitbeilegung einnimmt. Dies ist nicht gewährleistet, wenn der Unternehmer seine Teilnahmebereitschaft dahin beschreibt, dass er sich im Einzelfall zu einer Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle bereitfinden werde oder könne.“, erklärt der BGH.
Die Formulierung „im Einzelfall“ impliziert, dass der Unternehmer noch gar keine Entscheidung über eine Teilnahme am Streitbeilegungsverfahren getroffen hat und kann dem Verbraucher daher auch keine Klarheit darüber verschaffen. Für den Verbraucher ist unklar, in welchen Fällen und zu welchen Bedingungen sich der Unternehmen darauf einlässt.
Die Vorgaben von § 36 Abs. 1 Nr. 1 VSBG an eine leicht zugängliche, klare und verständliche Information darüber, ob er bereit ist, am Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen, sind mit einer Formulierung, die das vom Einzelfall abhängig macht, nicht erfüllt. Wer also eine Abmahnung und damit einhergehend eine Unterlassungserklärung und die Zahlung von Schadensersatz vermeiden möchte, sollte eine klare Entscheidung treffen und diese dem Verbraucher auch genauso mitteilen.
Zur Zeit werden auch Verstöße gegen die Verlinkung zur OS-Plattform abgemahnt!
Sie haben eine Abmahnung wegen eines Verstoßes gegen § 36 Abs. 1 Nr. 1 VSBG erhalten oder haben Fragen zu dieser Norm? Wir helfen Ihnen! Wenden Sie sich gerne unverbindlich an unsere Kanzlei. Wir melden uns umgehend und entwickeln zusammen mit Ihnen eine zielführende Lösung.
Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).
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