Facebooks Faktencheck missverständlich
Das OLG Karlsruhe beschäftigte sich kürzlich in einem Eilverfahren mit einem […]
Erst kürzlich berichteten wir über Betriebsschließungsversicherungen in den Zeiten des Corona-Virus. Viele Versicherer lehnen eine Zahlung ab – mit den unterschiedlichsten Begründungen. Nun gibt es die erste Gerichtsentscheidung zur Zahlungspflicht der Versicherungen.
Die Versicherungsgesellschaften verweigern aktuell zu Hauf die Zahlungen bei Betriebsschließungen wegen des Corona-Virus oder stellen Angebote wie 15 % der eigentlichen Leistungspflicht. Sie haben wohl nicht damit gerechnet, dass es tatsächlich mal zu einer Pandemie kommt und dachten mit solchen Versicherungen ein gutes Geschäft gemacht zu haben…
Eigentlich sollen die Betriebsschließungsversicherungen gerade bei Seuchen(-gefahren) für alle finanziellen Einbußen durch vorübergehende Schließungen aufkommen. Nun aber drücken sie sich mit Ausreden, wie z.B., dass es das Corona-Virus zur Zeit des Vertragsschlusses noch gar nicht gab und nicht in den Versicherungsbedingungen aufgenommen sei oder, dass die Schließungen aus generalpräventiven Gründen und nicht aufgrund des Infektionsschutzgesetzes erfolgten.
Dass diese Gründe nur Ausreden sind, um nicht zahlen zu müssen, bestätigte nun erstmals ein deutsches Gericht. Dieses erklärt zutreffend:
„Allein, dass keine der Vertragsparteien mit derartigen Umständen rechnet, ist aber kein Grund die Klausel so auszulegen, dass sie zu Lasten des Versicherungsnehmers geht.“
Das LG Mannheim (Urt. v. 29.04.2020 – 11 O 66/20) entschied grundsätzlich zugunsten der Klägerin, die als Betreiberin mehrere Hotels die Zahlung einer bestimmten Summe im Wege des Eilrechtsschutzes verlangte.
Es ging in dem Fall um die Auslegung der folgenden Klausel aus den Versicherungsbedingungen.
„1. Der Versicherer leistet Entschädigung, wenn die zuständige Behörde auf der
Grundlage des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern beim Menschen schließt; Tätigkeitsverbote gegen sämtliche Betriebsangehörige eines Betriebes oder einer Betriebsstätte werden einer Betriebsschließung gleichgestellt;
2. Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind die in den §§ 6 und 7 IfSG namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger.“
Zu den genannten Krankheiten ist nach Ansicht des LG Mannheim auch das Corona-Virus zu zählen, da der Versicherungsnehmer davon ausgehen darf, dass spätere Änderungen des IfSG auf den Vertrag Anwendung finden. Diese Auslegung entspricht auch dem Interesse der Versicherungsgesellschaft, so das LG Mannheim, weil es genauso gut sein kann, dass Krankheiten aus den Normen gestrichen werden. Die Versicherungsgesellschaft könne unbekannte Erreger nicht generell ausschließen, das sei als erträgliches Risiko hinzunehmen, zumindest, wenn sie sich dabei auf Gesetze bezieht. Dann müsse die Gesellschaft in ihren Bedingungen stattdessen alle Krankheiten aufzählen, die sie einschließen will.
Auch muss kein konkreter Verwaltungsakt gegen die Betreiberin vorliegen oder die Gefahr im Betrieb als dem Hotel selbst ihren Ursprung haben – das wird von der Klausel nicht verlangt.
Auch das Vorliegen einer Betriebsschließung im Sinne der Klausel nimmt das LG Mannheim an. Zwar seien aktuell noch Buchungen von Geschäftsleuten möglich, aber dennoch liege faktisch eine Schließung des Hotels vor, da Touristen den Großteil der Buchungen ausmachen und auch weniger Geschäftsleute buchen würden wegen Homeoffice, der Absage von Messen etc.
Die Betreiberin muss sich noch etwas gedulden, bis sie Geld bekommt. Das Gericht hat die einstweilige Verfügung gegen die Versicherungsgesellschaft abgelehnt, weil die Zahlung das Hauptverfahren vorwegnehmen würde. Die Chancen auf eine Entscheidung des Gerichts zugunsten der Betreiberin stehen aber nach Aussage des LG Mannheims gut.
Wie wir schon in unserem letzten Blogartikel zu Betriebsschließungsversicherungen erklärt haben, sehen wir die Versicherungsgesellschaften in der Pflicht. Die Gründe, auf die sie sich berufen, sind nur Ausreden – das zeigt auch die Entscheidung des LG Mannheim. Die Versicherungsnehmer sollten also auf jeden Fall den Schaden melden und sich nicht entmutigen lassen, wenn die Versicherungsgesellschaft die Zahlung ablehnt – das machen nämlich die meisten Versicherungen. Bekommen sie dann aber ein Schreiben vom Anwalt, knicken sie ein – spätestens vor Gericht sollten die Versicherungsnehmer dann zu ihrem Recht kommen.
Sie haben eine Betriebsschließungsversicherung oder Fragen zu Betriebsschließungsversicherungen? Dann wenden Sie sich gerne an unsere Kanzlei. Wir helfen Ihnen umgehend!
Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).
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