Das LG München I (Urt. v. 22.09.2020, Az. 3 O 4495/20) sowie das LG Frankfurt a.M. (Urt. v. 02.10.2020, Az. 2-15 O 23/23) haben entschieden, dass dem Vermieter während den Beschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie und den damit zusammenhängenden Verboten für den Betrieb von Gaststätten und Einzelhandel nicht die volle Miete/ Pacht zusteht.
Sachverhalt
Der beklagten Gewerbemieterin wurden Gewerberäume mit einer Fläche von knapp 3.000 Quadratmetern zum Zweck des Einzelhandels von der Klägerin vermietet. Die Gewerbemieterin betreibt auf diesen Flächen in diesen Räumen ein Möbelhaus. Wegen der Corona-Pandemie musste die Beklagte im Frühjahr nach behördlicher Verfügung ihr Möbelhaus zunächst vollständig schließen und anschließend die Verkaufsfläche auf 800 Quadratmeter sowie den Kundenzustrom auf einen Kunden je 20 Quadratmeter Verkaufsfläche begrenzen. Die Mieterin kürzte deshalb die Miete ab April 2020 coronabedingt um 100%, da nach ihrer Ansicht ein Mietmangel vor lag. Die Klägerin sah die Mieterin hingegen weiter zur vollen Mietzahlung verpflichtet und begehrte den Mietzins für die Monate April bis Juni 2020 in Höhe von knapp 224.000 EUR.
LG bejaht Mietmangel
Das LG München I bejahte, dass die Gewerbemieterin die Miete teilweise und abgestuft mindern könne. Dabei wertete es die Beschränkungen als Mietmangel und verweist auf mehrere Entscheidungen des Reichsgerichts, wonach behördliche Verbote, die die Nutzung der Mieträume für den vertragsgemäßen Gebrauch unmöglich machten, einen Mietmangel begründeten.
Darüber hinaus urteilte das LG, dass es ohnehin anerkannt sei, dass öffentlich-rechtliche Beschränkungen einen Mangel darstellen können, wenn sie sich auf Beschaffenheit, Benutzbarkeit oder Lage der Sache beziehen, wobei es auf den vereinbarten Geschäftszweck ankomme und die Beschränkung grundsätzlich bestehen müsse.
Rechtstipp: Die coronabedingte behördliche Anordnung der Schließung oder erheblichen Beschränkung (Verkaufsflächenbegrenzung, Begrenzung der Kundenzahl) der Nutzung eines Einzelhandelsgeschäfts begründet einen Mietmangel, der zur Minderung der Gewerbemiete berechtigt.
Beschränkungen fallen nicht in den Risikobereich der beklagten Mieterin
Hier hatten die Parteien als Mietzweck die Nutzung der Gewerberäume als Möbelgeschäft vereinbart. Dieser Mietzweck wurde durch die öffentlich rechtlichen Corona-Beschränkungen erheblich gestört.
Laut LG fallen diese Beschränkungen auch nicht in den Risikobereich der beklagten Mieterin. Daran würde auch die vereinbarte Klausel nichts ändern. Nach der Klausel sei die Mieterin verpflichtet, auf ihr Risiko alle weiteren etwaigen für ihren Betrieb erforderlichen behördlichen Genehmigungen einzuholen und aufrechtzuerhalten. Diese Klausel kann aber nur baurechtliche oder arbeitsrechtliche Genehmigungen meinen. Grund dafür ist, dass sich „die Parteien sicherlich zur Zeit des Abschlusses des Mietvertrags keine Gedanken um Nutzungseinschränkungen … wegen seuchenrechtlicher Maßnahmen gemacht haben“. Somit liege hier ein Mietmangel vor.
Abgestufte Minderung
Für die Zeit der vollständigen Schließung des Möbelgeschäfts könne die Miete um 80% gemindert werden. Die Miete des Monats Mai kann aufgrund der Verkaufsflächenbeschränkung, sowie Kundenbegrenzung um 50% gemindert werden. Für den Juni, in dem es nur noch die Begrenzung des Kundenaufkommens gegeben habe, sei nur noch eine Minderung der Miete um 15% gerechtfertigt.
Fazit
In diesen Urteilen entschieden die Richter, dass die staatlich verordneten Schließungen der Verkaufsstätten unter dem Punkt der „Störung der Geschäftsgrundlage“ fallen. Das führt zu einem Anspruch auf Anpassung des Mietvertrags. Voraussetzung dafür ist, dass die Schließungen für den Gewerbetreibenden zu einer bedrohenden Folge kommen könnte. Dazu zählt zwar nicht schon ein kurzfristiges Liquiditätsproblem, aber sicherlich eine drohende Insolvenz.
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