Krankschreibung per Telefon – wo liegen die Gefahren für Arbeitnehmer?
Mit der Möglichkeit der telefonischen Krankschreibung soll die Corona-Pandemie eingedämmt und […]
Wenn Arbeitnehmer nicht das bekommen was sie möchten, drohen sie manchmal mit Krankheit. Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat am 21.07.2020 (Az. 8 Sa 430/19) zu diesem Thema entschieden.
Wir erklären Ihnen das Urteil in diesem Artikel und geben Ihnen Praxishinweise!
Es wurde vom LAG Rheinland-Pfalz entschieden, dass wenn der Arbeitnehmer einer Weisung des Arbeitgebers mit der Drohung entgegentritt, sich krankschreiben zu lassen, das grds. eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertige.
Unerheblich sei hierbei, ob der Arbeitnehmer später tatsächlich erkrankt oder ob die Weisung rechtswidrig war, denn die „kündigungsrelevante Nebenpflichtverletzung“ besteht in der Art und Weise des Vorgehens des Arbeitnehmers.
Damit eine fristlose Kündigung wegen angekündigter Krankheit gerechtfertigt ist, müsste der Arbeitgeber die vorgelegte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Arztes angreifen. Der Arbeitgeber müsste darlegen, dass die Unmutsbekundung des Arbeitgebers eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung darstellt.
Ein Angriffspunkt wäre, oder zumindest begründete Zweifel an der Richtigkeit der Krankschreibung, würde bestehen, wenn ein nicht zu übersehbarer Zusammenhang zwischen einem versagtem Urlaub und einer Krankheit besteht. Das kann schon sein, wenn der Arbeitnehmer „durch die Blume“ mit einer Krankschreibung gedroht hat.
Ein Problem, welches zu Lasten des Arbeitnehmers geht, besteht dann, wenn er wirklich zu diesem Zeitpunkt krank wird, an dem er mit Krankheit gedroht hat. Das LAG Rheinland-Pfalz entschied dazu:
In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist beispielsweise anerkannt, dass bereits die Ankündigung einer zukünftigen, im Zeitpunkt der Äußerung noch nicht bestehenden Erkrankung für den Fall, dass der Arbeitgeber einem Verlangen des Arbeitnehmers (z.B. auf Urlaubsgewährung) nicht entsprechen sollte, einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB darstellt.
Dies gilt ohne Rücksicht auf eine später möglicherweise tatsächlich auftretende Krankheit.
Die Drohung mit der Krankmeldung muss nicht plump vorgebracht werden. Es genügt eine für einen verständigen Beobachter wahrnehmbare Verknüpfung. Der Arbeitnehmer droht damit an, seine Interessen notfalls auch ohne Rücksicht darauf durchsetzen zu wollen, ob eine Arbeitsunfähigkeit tatsächlich vorliegt. Deshalb kann beim Arbeitgeber der berechtigte Verdacht aufkommen, der Arbeitnehmer sei bereit, sich einen ihm nicht zustehenden Vorteil auf Kosten des Arbeitgebers zu verschaffen. Der Arbeitnehmer verletzt damit seine arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht, die es verbietet, den Arbeitgeber auf diese Art und Weise unter Druck zu setzen.
Achtung: war aber der Arbeitnehmer bei der Ankündigung künftiger Arbeitsunfähigkeitszeiten bereits arbeitsunfähig, so wiegt die Drohung mit weiterer Krankschreibung allerdings weniger schwer und rechtfertigt in der Regel keine außerordentliche Kündigung.
Übrigens: Als stärkste Form der Vertragsverletzung bildet die sog. Arbeitsverweigerung als Hauptpflichtverletzung einen verhaltensbedingten Kündigungsgrund. Dabei berechtigt aber nicht schon jedes weisungswidrige Verhalten zur Kündigung. Erkennbar sein muss vielmehr der nachhaltige Wille des Arbeitnehmers, seinen vertraglichen Hauptleistungspflichten nicht nachkommen zu wollen. Das ist der Fall bei wiederholten bewussten und nachhaltigen Verletzungen der Arbeitspflicht.
Der nachhaltige Wille zur Vertragsaufsage muss objektiv erkennbar sein. Das dokumentiert der Arbeitgeber in der Regel durch erfolglose Abmahnungen. Ausnahmsweise kann bereits eine einmalige Vertragsverletzung den nachhaltigen Willen erkennen lassen, den arbeitsvertraglichen Pflichten nicht nachkommen zu wollen. Zum Beispiel, wenn der Arbeitnehmer den Vertragsbruch angekündigt.
Die Pflichtwidrigkeit der Ankündigung einer Krankschreibung bei objektiv nicht bestehender Erkrankung im Zeitpunkt der Ankündigung liegt in erster Linie darin, dass der Arbeitnehmer mit einer solchen Erklärung zum Ausdruck bringt, er sei notfalls bereit, seine Rechte aus dem Entgeltfortzahlungsgesetz zu missbrauchen, um sich einen unberechtigten Vorteil zu verschaffen. In einer solchen Erklärung liegt regelmäßig auch ohne vorausgehende Abmahnung ein die außerordentliche Kündigung an sich rechtfertigender verhaltensbedingter Grund zur Kündigung i.S.d. § 626 I BGB.
Der Arbeitnehmer lässt durch seine Kranheitsdrohung unmissverständlich wissen, dass er gewillt ist die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu missbrauchen und sich somit einen unberechtigten Vorteil gegenüber dem Arbeitgeber zu verschaffen. Es ist eine Form von Nötigung i.S.d. des StGB.
Wenn Sie sich als Arbeitnehmer vom Chef falsch behandelt fühlen, können Sie sich gerne bei uns melden! Wir informieren Sie gern über die Möglichkeiten eines rechtlichen Vorgehens.
Sollten Sie als Arbeitgeber von einer Drohung mit Krankheit durch ihren Arbeitnehmer betroffen sein, melden Sie sich bei uns! Wir beraten Sie über einen möglichen Ausspruch einer verhaltensbedingten, fristlosen Kündigung. Durch unser kompetentes Team können Sie materielle oder formale Fehler vermeiden, die sonst zur Unwirksamkeit der Kündigung führen können.
Lesen Sie auch unseren Artikel zum Thema: „Kündigung bei Verstoß eines Arbeitnehmers gegen Corona-Schutzvorschirften“
Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).
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