David vs. Goliath oder: Der Wirt vs. Google
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Das OLG Köln beschäftigte sich aktuell mit den Bildhonorar-Tabellen der Mittelstandsgemeinschaft Fotomarketing (MFM) und deren Anwendbarkeit zur Berechnung eines Schadensersatzanspruchs (Urt. v. 11.01.2019 – 6 U 10/16). In dem Fall des OLG klagte ein Berufsfotograf, der einen fünfstelligen Schadensersatz von einem gemeinnützigen Verein forderte, der Fotos des Fotografen auf seine Webseite stellte.
Ein Berufsfotograf einigte sich mit einem Verlag darüber, dass 52 seiner Fotos in einem Bildband des Verlags erscheinen sollen und schloss mit einem Verlag einen Verlagsvertrag, in dem er dem Verlag das Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht des Bildbandes einräumte. Diese Fotos erschienen später im Netz, und zwar auf der Webseite eines gemeinnützigen Vereins. Dieser verknüpft die Bilddatenbanken verschiedener Institutionen. Er schloss mit dem Verlag, in dem der Bildband erschien, einen Lizenzvertrag mit dem Verein, der dann die Bilder in sein Archiv aufnahm. Dort können Kunden die Bilder gegen Lizenzgebühren herunterladen. Es gibt aber auch einen Gastzugang zu Testzwecken. Und einen solchen legte sich der Fotograf an, fand seine Fotos aus dem Bildband und konnte sie – wenn auch in geringer Qualität – herunterladen. Daraufhin forderte er Unterlassung und Schadensersatz von dem Verein wegen einer Urheberrechtsverletzung. Der Sachverhalt ging dann vor Gericht und landete schließlich im Berufungsverfahren beim OLG Köln.
Zunächst beschäftigte sich das OLG Köln mit der Frage, ob der Fotograf überhaupt aktivlegitimiert ist, also die Befugnis hat, einen Anspruch geltend zu machen. Dies könnte hier daran scheitern, dass er mit dem Verlag einen Vertrag schloss, in dem er sich dazu verpflichtete, „das ausschließliche Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung des Bildbandes“, in dem 52 Fotos von ihm platziert wurden, einzuräumen. Das Gericht stellt aber klar, dass der Vertrag nur die Vervielfältigung des Bildbandes umfasst und nicht diejenige der einzelnen Bilder.
Dann prüfte das Gericht eine Urheberrechtsverletzung durch Vervielfältigung (§§ 15 Abs. 1 Nr. 1, 16 UrhG) und Öffentlich-Zugänglichmachen (§§ 15 Abs. 2 Nr. 2, § 19a UrhG). Bezüglich der Vervielfältigung entschied es, dass diese vorliegt, weil der Verein die Bilder auf ihren Server hochgeladen hat. Das Öffentlich-Zugänglichmachen ist erfüllt, weil die Bilder auf dem Server von jedem abrufbar waren, der zur Nutzung der Leistungen des Vereins berechtigt war. Anschließend wurde vom OLG Köln eine Privilegierung nach § 8 Abs. 1 und § 10 TMG abgelehnt. Schließlich verneint das Gericht Nutzungsrechte des Vereins an den Lichtbildern durch den Vertrag mit dem Verlag, da er diese jedenfalls dadurch erheblich überschritten hat, dass die Bilder heruntergeladen werden konnten.
Sodann hat sich das Gericht der Berechnung des Schadensersatzes gewidmet. Dies erfolgte auf der Grundlage der Lizenzanalogie unter Anwendung der MFM-Empfehlungen. Lizenzanalogie bedeutet, dass dem unberechtigten Nutzer diejenige Lizenzgebühr in Rechnung gestellt wird, die er für die rechtmäßige Nutzung hätte zahlen müssen. Im vorliegenden Fall lag dieser objektive Wert bei 14.872 Euro. Dieser ergibt sich aus 286 Euro pro Bild, also 52 mal 286. Zur Bemessung der Schadenseinschätzung zog das Gericht „ausnahmsweise als Anhaltspunkt“ die Bildhonorartabellen der MFM heran. Es betont, dass alle Umstände des Einzelfalls einbezogen werden müssen. Hier war entscheidend, dass der Fotograf gewerblich tätig war und seine „in jeder Hinsicht professionellen Lichtbilder […] nicht mehr reproduzierbar sind.“
Bereits der BGH entschied letztes Jahr (Urt. v. 13.09.2018 – I ZR 187/17), dass die MFM-Tabellen einseitig erstellte Vergütungssätze enthalten und jedenfalls nicht bei nichtprofessionellen Marktteilnehmern angewendet werden können. Darüber berichteten wir bereits im Artikel über den Bilderklau im Internet.
Auch diese Entscheidung zeigt wieder, dass die MFM-Empfehlungen nicht mehr sind als das, was sie namentlich schon besagen – Empfehlungen. Doch gerade bei Berufsfotografen werden sie ab und zu zur Berechnung von Schadensersatzansprüchen herangezogen. Außerdem sei an dieser Stelle nochmal davor gewarnt, fremde Bilder im Internet zur Verfügung zu stellen oder zu verbreiten. Dies bringt als Urheberrechtsverletzung Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche mit sich.
Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).
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