Anpassung der Patientenverfügung
Immer häufiger stellen sich Patienten oder Angehörige von Patienten oder auch […]
Viele Unternehmen haben in der Corona-Krise mit großen Herausforderungen zu kämpfen. Das betrifft die Abwendung einer Betriebsschließung und das Managen des Unternehmens selbst. Nicht selten wurden in der vergangenen Woche immer mehr Betriebe geschlossen. Das betraf Unternehmen aus den Bereichen Hotellerie, Gastronomie, Einzelhandel, Sport- und Freizeiteinrichtungen und andere Gewerbetreibende.
Für betroffene Unternehmen stellt sich immer wieder und öfter die Frage, ob es neben den bereits erlassenen staatlichen Rettungspaketen weitere Entschädigungen bzw. Schadenersatzansprüche wegen der behördlich angeordneten Betriebsschließungen gibt.
Grundsätzlich trägt der Arbeitgeber als Inhaber eines Unternehmens das Betriebsrisiko.
Im Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) sind behördliche Maßnahmen erwähnt und etwaige daraus resultierende Entschädigungsansprüche geregelt. Dass die behördlichen Maßnahmen rechtmäßig sind, ist nunmehr unstreitig nach der überwiegenden Meinung verschiedener Rechtsexperten.
Es stellt sich dennoch die Frage, ob die Maßnahmen dennoch einen Entschädigungsanspruch der Betroffenen begründen können.
Es kommt in diesen Fällen darauf an, ob die Maßnahmen der Ausbreitung des Coronavirus bzw. allgemeiner gesagt, der Ausbreitung übertragbarer Krankheiten dienen.
Die §§ 16, 7 IfSG erlauben Behörden, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um Neuansteckungen zu verhindern. Maßnahmen dieser Art sind gemäß § 65 IfSG entschädigungspflichtig,
Maßnahmen, die die Bekämpfung übertragbarer und bereits akut eingetretener Krankheiten zum Ziel haben, sind auf § 28 IfSG. Maßnahmen, die der Bekämpfung einer grassierenden Epidemie nach § 28 dienen, sind nicht entschädigungspflichtig.
Im zweiten Fall ist von individuellen Krankheitsfällen auszugehen, die konkret bei einem betroffenen Unternehmen festgestellt wurden und sofort bekämpft werden müssen. Eine solche Feststellung hinsichtlich eines akuten Befalls konnte durch die Behörden bei den jeweiligen Unternehmen nicht feststellen, sodass hier ein möglicher Ansteckungsverdacht nur vermutet werden kann.
Damit handelt es sich bei den Schließungen der Betriebe um eine Maßnahme, die die Ausbreitung des Virus verhindern soll und somit um eine Infektionsprophylaxe nach § 16 IfSG.
Wenn eine soeben erläuterte Maßnahme vorliegt, besteht ein nach § 65 IfSG Anspruch auf Entschädigung. Die Höhe richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen des Schadensersatzrechts. Damit ist der Geschädigte so zu stellen, wie er ohne die Anordnung stehen würde.
Richtiger Anspruchsgegner ist das jeweilige Bundesland, in dem die Anordnung erlassen wurde. Dabei sind die Landgerichte des jeweiligen Landes am Ort des Firmensitzes zuständig, wenn es zu einer Klage kommen sollte.
Auch kommt eine Entschädigung nach § 56 Abs. 1 IfSG in Betracht. Es stellt sich die Frage, ob Betriebsschließungen gleichzusetzen mit den Tätigkeitsverboten aufgrund des IfSG sind, wird aber bei näherer Betrachtung des Sinn und Zwecks mit ja zu beantworten.
Hierbei ist der Rechtsgedanke des sog. Sonderopfers heranzuziehen. Betriebsschließungen stellen einen enteignenden Eingriff dar, der über § 28 IfSG gerechtfertigt wird.
In Betracht kommen auch allgemeine Entschädigungsansprüche aus dem allgemeinen Gefahrenabwehrrecht der jeweiligen Bundesländer, die neben den Regelungen in dem IfSG ebenfalls anwendbar sind.
Die bundesländereigenen Gesetze zum Gefahrenabwehr- und Ordnungsrecht sehen für sog. Nichtstörer vor, dass sie Entschädigungsansprüche haben können. Unternehmen wären in diesem Sinne als Nichtstörer anzusehen. Ein Entschädigungsanspruch ist dann gegeben, wenn die Maßnahme rechtmäßig war, hier die angeordnete Betriebsschließung. Die Entschädigungsansprüche sind verschuldensunabhängig.
Es sollte genau geprüft werden, dass der Anspruch auf Entschädigung einzelfallabhängig ist. So ist genau zu prüfen, ob und inwieweit ein konkreter Schaden durch die behördliche Maßnahme entstanden ist. Wenn ein Anspruch besteht, sollte dieser schnellstmöglich bei der jeweils zuständigen Behörde geltend gemacht werden, um etwaige Fristen zu wahren etc.
Wenn die Maßnahme der Behörde rechtswidrig war, gelten die soeben genannten Grundsätze ebenfalls und erst recht. Es kommt neben Entschädigungsansprüchen aus § 56 Abs. 1 IfSG auch die Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche aus dem allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht in Betracht. Ebenso sind Amtshaftungsansprüche denkbar, die auch verschuldensunabhängig gelten.
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hatte die Frage zu entscheiden, ob die Betriebsschließung aufgrund der Allgemeinverfügung in Nordrhein-Westfalen rechtmäßig war (Beschl. v. 06.04.2020 – 13 B 398/20.NE).
Das Oberverwaltungsgericht stellte dabei fest, dass das durch die Betriebsuntersagung betroffene Berufsfreiheit den Schutz von Leben und Gesundheit nicht überwiege und damit zurücktreten müsse.
Ergänzend stellte das Gericht fest, dass die betroffene Regelung rechtmäßig ist und aufgrund des IfSG eine hinreichende gesetzliche Grundlage gegeben war. Die konkrete Betriebsuntersagung verletzte das betroffene Unternehmen nicht unangemessen in seinen Rechten, sodass diese rechtmäßig gewesen ist.
Die „Betriebsschließungen“ auf der Grundlage von oder unter Berufung auf Vorschriften des IfSG können Entschädigungsansprüche der Betroffenen auf Ausgleich dadurch verursachter Vermögensnachteile begründen. Diese können neben anderen staatlichen Hilfspaketen geltend gemacht werden.
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Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).
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