EuGH zu Entschädigung wegen Verspätung bei Teilflügen
Der Europäische Gerichtshof urteilte am 03.02.2022 (Rs. C-20/21) über eine entscheidende […]
Am 11.11.2021 hat sich der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof dafür ausgesprochen, dass die Streitwertdeckelung auf 1000 EUR bei urheberrechtlichen Abmahnungen weiterhin zulässig sein soll. Ein Überblick über den Rechtsstreit (Rs. C-559/20 – Koch Media):
In diesem Fall streiten vor dem LG Saarbrücken die Parteien um Schadensersatz in Bezug auf die Verletzung von Urheberrechten an einem Computerspiel durch sog. Filesharing. Streitig ist in diesem Fall vor allem die Höhe der zu ersetzenden Anwaltskosten, welche die Klägerin für die Abmahnung der Beklagten zur Durchsetzung ihrer Unterlassungsansprüche aufwenden musste.
Zur Klägerin ist zu sagen, dass die gewerblich Computerspiele vertreibt, darunter das Spiel „This War of Mine“. Der Beklagte hat das Computerspiel über seinen Internetanschluss auf einer Filesharing-Plattform für andere zum Download angeboten.
Auf Vorlage des LG Saarbrücken hat der EuGH darüber zu entscheiden, ob die Streitwertdeckelung hinsichtlich der erstattungsfähigen Anwaltskosten bei Abmahnungen in Deutschland mit der Durchsetzungsrichtlinie (RL 2004/48/EG), der Computerprogrammrichtlinie (RL 2009/24/EG) und der Urheberrechtsrichtlinie (RL 2001/29/EG) vereinbar ist. Denn die Klägerin verlangte Abmahnkosten aus einem Streitwert von 20.000 EUR und ist der Meinung, dass die Streitwertdeckelung gegen Europarecht verstößt.
In Deutschland ist für Abmahnungen der Streitwert der erstattungsfähigen Rechtsanwaltskosten grundsätzlich auf 1.000 EUR gedeckelt. Eine Ausnahme gibt es nur für Unbilligkeitsgründe.
Der Generalanwalt des EuGH ist dabei auch der Ansicht, dass § 97a Abs. 3 UrhG europarechtskonform ist.
Was ist Filesharing? Filme und auch Serien sind urheberrechtlich gem. § 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG geschützt. Der Urheber hat die ausschließlichen Rechte an der Vervielfältigung (§ 16 UrhG), Verbreitung (§ 17 UrhG) und Veröffentlichung (§ 19a UrhG) des Werks.
Wer urheberrechtlich geschützte Filme auf Internetplattformen zum Tausch oder Download anbietet, handelt damit rechtswidrig. Achtung: Bei P2P-Plattformen, da man den Film gleichzeitig auch selbst anbietet, wenn man ihn runtergeladen hat!
Mit dem § 97a Abs. 3 UrhG wollte der Gesetzgeber im Jahr 2013 gegen die Abmahnindustrie vorgehen. Nach § 97a Abs. 3 UrhG wird der sog. Gegenstandswert, an dem sich u.a. die anwaltlichen Gebühren bemessen, in der Regel auf 1000 EUR begrenzt, sofern 1. der Abgemahnte eine natürliche Person ist, 2. er die getauschten Werke nicht für gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit verwendet hat und 3. er nicht aus anderen Gründen bereits vor der Abmahnung zur Unterlassung verpflichtet war.
Rechtstipp: Die Ausnahme gilt dann nicht, wenn „der genannte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unbillig ist.“ (§ 97a Abs. 3 S. 4 UrhG).
Der Vorwurf der Abmahnkanzlei ist immer der Gleiche: rechtswidriger Down- und zeitgleicher Upload von Filmdateien über das sog. Filesharing. Abmahnkanzleien versuchen daher immer wieder die Streitwertdeckelung zu kippen.
Gerade beim Filesharing beauftragen die Urheber meist eine Kanzlei, die dann massenweise Abmahnungen verschickt. Eine Abmahnung ist gesetzlich als eine außergerichtliche Möglichkeit zur Geltendmachung der Rechte gedacht. Wer also auf die Abmahnung nicht reagiert, riskiert eine Klage!
Gefordert werden in der Regel Schadensersatz und Unterlassung. Bsp.: Waldorf Frommer wirft dem Internet-Anschlussinhaber vor, einen Film oder ein Computerspiel mithilfe einer Software auf einem Computer illegal im Internet verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht zu haben.
Der Generalanwalt trägt vor, dass der § 97a UrhG den Schutz des geistigen Eigentums bezweckt. Er sei auch mit dem Wortlaut des Artikels 14 vereinbar. Ferner lässt das Gesetz durch die Bestimmung des § 97a Abs. 3 S. 4 UrhG den nationalen Richtern genügend Spielraum, um im Einzelfall zu beurteilen, ob eine Streitwertdeckelung der Billigkeit entgegenstehen könnte.
Die Einzelfallprüfung erfolgt in zwei Schritten. Erstens muss festgestellt werden, ob die Deckelung des Gegenstandswerts zur Folge hat, dass die vom Verletzer zu erstattenden Anwaltskosten weit unter dem üblichen Tarif (oder dem durchschnittlichen Tarif) für Abmahnungen liegen und zweitens, ob wenn das der Fall ist, die Gerichte die Höhe dieser Kosten aus Billigkeitsgründen auf einen zumutbaren und angemessenen Betrag anheben können.
Wenn der EuGH der Rechtsauffassung des Generalstaatsanwalts folgt, werden in Zukunft die deutschen Gericht noch mehr darauf achten, ob im Einzelfall eine Situation vorliegt, in der die Streitwertdeckelung als unbillig zu werten ist.
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