Nachfolger für Privacy Shield kann kommen
Nachdem der EuGH vor zwei Jahren das sogenannte „Privacy Shield“ gekippt […]
Reisende, die Flüge verschieben mussten oder deren Flüge ausgefallen oder verspätet sind, können aufatmen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seiner jüngsten Entscheidung klargestellt, dass bei Flugbuchung bei einer ausländischen Fluglinie über ein Reisebüro nicht mehr der Firmensitz zwingender örtlicher Gerichtsstand ist, sondern auch am Abflugort geklagt werden kann (Az.: C-215/18).
Maßgeblich für die Entscheidung ist die sogenannte Fluggastrechteverordnung (Fluggastrechte-VO). Die Verordnung ist auch in solchen Fällen anwendbar, in denen ein Reisender einen Flug mit einer ausländischen Fluglinie über ein Reisebüro gebucht hat und nicht direkt bei der Airline selbst.
Folge dieser Annahme ist, dass der Reisende die Fluglinie auch am Gerichtstand des Abflugortes verklagen kann. Dies entschied der EuGH in seinem Urteil vom 26. März 2020.
Geklagt hatte eine tschechische Frau. Diese hatte bei einem Reisebüro in Tschechien eine Pauschalreise gebucht. Das Reisebüro, welches die Reise plante, buchte hierzu einen Flug, der vom dänischen Luftfahrtunternehmen Primera Air Scandinavia durchgeführt werden sollte.
Der Flug von Prag nach Keflavík am 25. April 2013 startete dann allerdings mit einer Verspätung von mehr als vier Stunden. Die Klägerin erhob dahingehend gegen die Primera Air Scandinavia in der Tschechischen Republik beim Bezirksgericht Prag 8 Klage auf Ausgleichzahlung in Höhe von 400 Euro. Sie stütze ihre Klage auf die Fluggastrechteverordnung (EG) Nr. 261/2004.
Da das Prager Gericht Zweifel an seiner örtlichen Zuständigkeit hatte, wandte es sich an den EuGH, der über diese Frage vorab entscheiden sollte.
Das Prager Gericht war der Ansicht, dass zum einen nach der Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit (VO (EG) Nr. 44/2001) Klagen gegen ein Unternehmen, das in einem bestimmten Mitgliedstaat ansässig ist, grundsätzlich in diesem Mitgliedstaat zu erheben seien.
Zum anderen sollen die in der Verordnung vorgesehenen Sondervorschriften für Vertragssachen, die es erlaubten, auch vor dem Gericht des Erfüllungsorts einer Verpflichtung Klage zu erheben, grundsätzlich nur dann gelten, wenn zwischen den Parteien tatsächlich ein Vertragsverhältnis gegeben ist.
Die Klägerin hatte jedoch nicht mit der Airline selbst einen Vertrag geschlossen, sondern mit einem Reisebüro. Es stand die Frage im Raum, ob vorliegend zwischen dem Fluggast und dem Luftfahrtunternehmen ein Vertragsverhältnis besteht oder ein solches angenommen werden kann. Dies würde es dem Fluggast ermöglichen, gegen das Unternehme eine Klage vor dem Gericht des Erfüllungsortes zu erheben, weil es sich bei ihm um das Gericht des Abflugortes des verspäteten Fluges handelt.
Der Begriff des ausführenden Luftfahrtunternehmens auf der Fluggastrechteverordnung umfasst nicht nur solche Luftfahrtunternehmen umfasst, die im Rahmen eines Vertrags mit einem Fluggast einen Flug durchführen oder durchzuführen beabsichtigen. Vielmehr sind auch solche davon umfasst, die dies im Namen eines Dritten – hier dem Reisebüro – tun, mit dem der Fluggast einen Vertrag geschlossen hat.
Der EuGH stellte klar, dass im vorliegenden Fall die Klägerin sich gegenüber dem Luftfahrtunternehmen selbst bei Verspätung auf die Fluggastrechteverordnung berufen kann. Dies ist auch trotz dessen möglich, dass zwischen ihr und der Airline kein Vertrag geschlossen wurde.
Der EuGH hielt fest, dass auf die Vorschriften nur zurückgegriffen werden kann, wenn eine von der einen Partei gegenüber einer anderen Partei freiwillig eingegangene Verpflichtung vorliegt. Eine solche sei auch in der Übernahme einer Reiseleistung und die damit einhergehenden Verpflichtungen aus der Fluggastrechte-VO durch den Vertragsschluss mit dem Reisebüro zu sehen.
Er betonte, dass bei einem ausführenden Luftfahrtunternehmen, das wie Primera Air Scandinavia mit dem der Fluggast keinen Vertrag geschlossen hat, ihm aber im Namen des Reisebüros die Erfüllung der Verpflichtungen schuldet, die sich aus der Fluggastrechteverordnung ergeben, die Vorschriften anwendbar bleiben.
Die Klage auf Ausgleichsleistungen nach der Fluggastrechte-Verordnung sei damit als Klage aus einer Vertragssache zu werten, entschied der EuGH.
Der EuGH hält fest, dass eine Klage des Fluggastes auf Schadensersatz wegen großer Flugverspätung gegen das Luftfahrtunternehmen möglich, wenn das Unternehmen nicht Vertragspartner des Fluggasts ist. Die Klage gegen das Luftfahrtunternehmen ist demnach vor dem Gericht des Abflugortes möglich.
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Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).
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