EuGH: Unionsmarken und Marktortprinzip

Guido Kluck, LL.M. | 3. November 2019

Der EuGH hat in seinem Urteil vom 5. September 2019 (Az. C‑172/19) entschieden, dass für Unterlassungsklagen aus Unionsmarken das sogenannte Marktortprinzip gilt.

Marktortprinzip für Unionsmarken

Inhaber von Unionsmarken können auch dann Klagen in Deutschland erheben, wenn der Marktverletzer seine auch an deutsche Kunden gerichtete Werbemaßnahmen über das Internet in einem anderen EU-Land in Gang gesetzt hat. Dies soll auch dann gelten, wenn der Dritte die Entscheidung im Hinblick auf die Werbung in einem anderen Mitgliedstaat getroffen hat. Es gilt somit europaweit auch für Unterlassungsklagen aus Unionsmarken der sogenannte Marktort.

Was genau ist passiert?

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte in seinem Urteil vom 9. November 2017 (Az. I ZR 164/16) entschieden, dass bei markenverletzenden Angeboten und Bewerbungen von Waren und Dienstleistungen im Internet, die sich an Abnehmer in Deutschland richten, die deutschen Gerichte nicht zuständig seien, wenn die Veröffentlichung nicht in Deutschland in Gang gesetzt worden war. Kurz gesagt: Der Verletzer agierte von einem anderen Mitgliedstaat aus, die Werbung richtete sich jedoch an Kunden und Händler in Deutschland.

Hierbei ging es insbesondere um die Auslegung des Art. 97 Abs. 5 der Unionsmarkenverordnung (EG) Nr. 207/2009 (heute: Art. 125 Abs. 5 der VERORDNUNG (EU) 2017/1001).

Was war Fazit des Urteils?

Fazit des Urteils war es, dass Markeninhaber, die ihre Rechte in Deutschland als verletzt ansahen, diese nur vor entsprechenden ausländischen Gerichten geltend machen konnten.

Schwachpunkt der Entscheidung: Der Verletzer hätte es selbst in der Hand, wo er verklagt werden muss. Da es sich um einen technischen Vorgang handelt, kann die Werbeschaltung auch von außerhalb der Europäischen Union vorgenommen werden. Der Markeninhaber wäre in diesem Fall dann gezwungen, zunächst heraus zu finden, in welchem Land der Verletzer agierte.

Die Entscheidung des BGH führte zu einer Schwächung der Unionsmarke gegenüber der nationalen deutschen Marke. Die nationale deutsche Marke kann neben der Unionsmarke registriert werden, bietet aber nur Schutz innerhalb Deutschlands. Für die deutsche Marke sah der BGH die Zuständigkeit der deutschen Gerichte als gegeben an. Die Zuständigkeit richtet sich in diesem Fall nach Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO (heute: Art. 7  Nr. 2 Brüssel-Ia-VO).

Wie entschied der EuGH zu den Unionsmarken?

Der EuGH entschied in seinem Urteil, dass bei Klagen wegen Verletzung von Unionsmarken der Marktort maßgeblich sei.

Bei einer sogenannten Unionsmarkenverletzung über das Internet können Inhaber der Marke nun in ihrem Heimatland gerichtlich gegen die verletzenden Unternehmen vorgehen. Voraussetzung ist jedoch, dass sich dort ebenfalls das Zielpublikum der Werbung befindet. Ort des schadensbegründenden Ereignisses sei in diesem Fall der Ort, an dem die Internetseite aufgerufen wird.

Entscheidend ist demnach nicht der technische Vorgang der Veröffentlichung im Internet, sondern das Zielpublikum des Angebots.

Wir berichteten bereits mehrfach, was bei Markenrechtsverletzungen und Markenstreitigkeiten zu beachten ist.


Ausblick

Durch das Urteil wird die Unionsmarke gestärkt und Inhabern von Unionsmarken eine verstärkte Rechtsposition gewährt. Sie können sich nunmehr auch an jedes andere Gericht eines Mitgliedsstaates wenden, sollten die Voraussetzungen gegeben sein.

Auch hier erfahren Sie näheres zu Markenstreitigkeiten.

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Guido Kluck, LL.M.

Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).

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