Fristablauf von Filesharing-Abmahnungen als Ostergeschenk
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Wenn von einem Familienmitglied eine illegale Tauschbörse verwendet wird, stellt sich die Frage, ob der Anschlussinhaber dafür haften muss. Wir wollen die sogenannte sekundäre Darlegungslast anhand der aktuellen Entscheidung des LG Berlin (Az.: 15 S 23/18) erklären, die doch recht streng ausfällt.
Grundsätzlich ist es im Zivilprozess so, dass der Kläger die Beweise für seinen Anspruch erbringen muss, also alles, was für ihn günstig ist. Beim Filesharing müsste der Rechteinhaber also beweisen, dass der Anschlussinhaber der Täter des Filesharings ist. In der Wirklichkeit ist es aber so, dass sich meistens mehrere Personen einen Internetanschluss teilen – Familienmitglieder, Mitbewohner,…
Wer genau das Filesharing betrieben hat, kann der Rechteinhaber allerdings nicht herausfinden. Dem Anschlussinhaber wird daher eine sogenannte sekundäre Darlegungslast auferlegt. Nur der Anschlussinhaber weiß, ob er selbst oder jemand anderes das unerlaubte Filesharing begangen hat. Ihm wird daher eine Mitwirkungspflicht zur Aufklärung auferlegt. Es reicht also nicht, zu bestreiten, dass man es selbst nicht gewesen sein kann, sondern muss Personen nennen, die als Täter in Betracht kommen, weil sie Zugang zum Internetanschluss haben. Er muss also auch gewisse Nachforschungen anstellen.
Besonders unangenehm wird es für den Anschlussinhaber, wenn er seine eigenen Familienmitglieder, zum Beispiel den Ehepartner des Filesharings bezichtigen soll.
In dem Beschluss des LG Berlin geht es um ein Berufungsverfahren einer Dame, die sich gegen die Haftung für illegales Filesharing wehren will. Das AG Berlin hatte ihr nämlich die Verantwortung für das Filesharing auferlegt. Sie meint hingegen, dass das Gericht ihren Vortrag nicht ausreichend gewürdigt hätte. Sie habe den Anforderungen an die Nennung eines potenziellen Alternativtäters erfüllt, da sie ihren Ehemann genannt habe und auch, dass er zu der hiesigen Uhrzeit Zugriff auf den Internetanschluss hatte. Er habe im Gegensatz zu ihr auch die technischen Fähigkeiten, ein solches Tauschprogramm zu starten. Außerdem sei sie gar nicht zuhause gewesen, was auch schon das AG Berlin anerkannt habe. Er hätte also als Zeuge vernommen werden müssen.
Das LG Berlin meint, dass der Ehemann nicht hätte als Zeuge geladen werden müssen, da es allein auf die Angaben der Ehefrau ankommt. Ein Upload eines Films kann zudem auch zu einer Zeit geschehen, zu der man nicht zuhause ist. Die neuen Angaben zum Nutzungsverhalten des Ehemanns lehnt das Gericht zur Heranziehung für die Berufung ab, diese hätte die Dame schon in der ersten Instanz vorbringen müssen, nun ist es zu spät.
Zur sekundären Darlegungslast entschied das Gericht, dass die Dame den Anforderungen nicht nachgekommen ist. Nach Rechtsprechung des BGH, so das LG Berlin, muss der Anschlussinhaber zunächst der Darlegungslast bezüglich sich selbst nachkommen, also sein Nutzungsverhalten darstellen und zu allen weiteren Umständen, die ihn als Täter ausschließen. Der Darlegungslast wird auch dadurch genügt, dass er andere Personen nennt, die Zugang zum Internetanschluss haben und muss Nachforschungen anstellen. Eine pauschale Behauptung auf die theoretische Möglichkeit der Nutzung reicht nicht aus. Er muss vielmehr vortragen, „welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit“ hatten, die Tat zu begehen. Bei Ehegatten ist es dem Anschlussinhaber nicht zuzumuten, dessen Internetnutzung zu dokumentieren oder seinem Computer auf Filesharing-Software zu untersuchen, so das LG Berlin weiter in Bezug auf die Rechtsprechung des BGH.
Das LG Berlin moniert, dass die Anschlussinhaberin nicht ausreichend vorgetragen hat, dass die Nachforschungen betrieben hat und welche Erkenntnisse sie erlangt hat. Sie hätte überprüfen müssen, ob auf dem gemeinsam genutzten Laptop eine Filesharing-Software installiert war. Sie hat auch nicht unmittelbar nach dem Erhalt der Abmahnung überprüft, wer den Internetanschluss sonst noch genutzt haben könnte. Ein pauschales Bestreiten reicht nicht aus. Sie hätte auch bezüglich ihres Ehemanns Einzelheiten zum Zeitpunkt und der Art der Nutzung erklären müssen.
Der BGH entschied Urt. v. 06.10.2016 – I ZR 154/15), dass es dem Anschlussinhaber nicht zuzumuten sei, dass er die Internetnutzung der Familienmitglieder überwachen oder dokumentieren muss. Der Anschlussinhaber muss nur vortragen, dass auch Familienmitglieder Zugriff haben und Informationen zum konkreten Nutzungsverhalten dieser Personen zum Tatzeitpunkt vortragen.
Das AG Düsseldorf verlangte (Az. 57 C 4661/13), dass Personen namentlich genannt werden, die unbeaufsichtigten Zugriff zum Internetanschluss haben. Bei einem Fall zum Ehegatten (Az. 57 C 3571/14) hielt es die Angaben der Anschlussinhaberin für ausreichend, dass er werktags Homeoffice macht und dafür den Internetanschluss nutzt. Im familiären Umfeld muss der Anschlussinhaber keine weiteren Angaben machen, da die Familie und das Zeugnisverweigerungsrecht zu schützen sind.
Das AG Bielefeld entschied (Az. 42 C 45/14), dass der Anschlussinhaber alle Personen zu ermitteln habe, denen er die Möglichkeit des Internetzugriffs gewährt hat und diese genau zu bezeichnen hat. Wer allerdings die Rechtsverletzung konkret begangen muss er nicht erforschen, da eine Überwachung der Familie mit dem grundrechtlichen Schutz der Familie nicht vereinbar ist.
Das LG München (Az. 21 S 26548/13) meint, dass ein pauschales Vorbringen einer Zugriffsmöglichkeit des Lebensgefährten und Sohnes nicht ausreicht. Es hätten konkrete, tatbezogenen Angaben zum Nutzungsverhalten gemacht werden müssen.
Das Landgericht Berlin ist recht streng mit den Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast – das war es auch schon in vorherigen Fällen. Betrachtet man die einschlägigen Entscheidungen verschiedener Gerichte, so ergeben sich sowohl Mindestanforderungen als auch Grenzen: Ein pauschales Angeben möglicher Personen reicht nicht. Der Anschlussinhaber muss konkret angeben, welche Personen für die Begehung der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Allerdings muss von diesen Personen nicht eine Person als Täter dargestellt werden. Dies ist, gerade unter Familienmitgliedern, nicht mit dem grundrechtlichen Schutz der Familie vereinbar. Genauso wenig müssen Familienmitglieder überwacht oder deren Nutzungsverhalten dokumentiert werden.
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Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).
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