Fitnessstudios und Gastronomiebetriebe bleiben zu
Das OVG Lüneburg hat am 6.11.2020 (Az. 13 MN 411/20 u.a/ […]
Das VG Hamburg hat mit Beschluss vom 10.11.2020 (Az. E 4550/20) entschieden, dass die Fitnessstudiokette „Fitness First“ ihre Studios in Hamburg während des zweiten Lockdown‘s nicht schließen muss. Für andere Studios gilt dieser Beschluss aber nicht!
Wir erklären Ihnen in diesem Artikel die Beweggründe des VG Hamburg!
Fitness First Hamburg hat sich erfolgreich gegen das in der Coronavirus-Eindämmungsverordnung geregelte Verbot gewandt, ihre Betriebe für den Publikumsverkehr zu öffnen.
Die im Infektionsschutzgesetz in § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG geregelte Generalklausel genüge für einen derart schwerwiegenden Grundrechtseingriff dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes nicht mehr, stellte das Verwaltungsgericht Hamburg in dem Eilverfahren klar.
Nach dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes bedürfen Entscheidungen von besonderem Gewicht die Zustimmung des Parlaments.
Laut VG verpflichtet dieser Grundsatz den Gesetzgeber in grundlegenden normativen Bereichen, alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen. Ein grundlegender normativer Bereich ist dabei unstreitig der Gesamtbereich der Grundrechtsausübung.
„Es sei aber gerade nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber insoweit alle wesentlichen Entscheidungen, die es angesichts des im März 2020 noch nicht vorhersehbaren, nun aber erwartbaren Infektionsgeschehens zu erlassen gelte, im Infektionsschutzgesetz getroffen habe. Dies gelte vor allem hinsichtlich Maßnahmen, die – wie hier – gegenüber Nichtstörern getroffen würden.“
Kurz: Gesetzgeber muss wesentliche Entscheidungen selbst treffen
Laut Richter des VG Hamburg verletzt die Hamburger Corona-Schutzverordnung, in Bezug auf die Schließung der Fitnessstudio, die verfassungsrechtlich garantierte Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG schwer.
Gem. § 32 S.1 IfSG sei die Landesregierung zwar ermächtigt nach §§ 28 – 31 IfSG mögliche Schutzmaßnahmen durch Rechtsverordnung zu erlassen. Laut dem VG Hamburg fehle aber in den §§ 28 – 31 IfSG eine hinreichend konkrete Regelung, die ein Verbot von unternehmerischer Tätigkeit von Nichtstören rechtfertigen würde – somit kommt nur § 28 Abs.1 IfSG als Generalklausel in Betracht.
Aber hier genau liegt das Problem: § 28 Abs. 1 IfSG hält als Ermächtigungsgrundlage dem schwerwiegenden Grundrechtseingriff, und damit dem Vorbehalt des Gesetzes, nicht stand.
Darüber hinaus hatte die Regierung seit der ersten Welle genügend Zeit eine hinreichend konkrete Regelung zu schaffen, die solch schwere Grundrechtseingriffe rechtfertigen könnte. Das ist, trotz vorhersehbaren Infektionsverlaufs, nicht passiert.
Der Begriff Nichtstörer ist eine Bezeichnung aus der rechtswissenschaftlichen Dogmatik für Personen, von denen keine Gefahr ausgeht. Die Gesetzen sprechen eher von „Nicht verantwortlicher Person“
Gegen den Beschuss hat die Stadt Hamburg beim OVG Beschwerde eingelegt, sodass mit „Hängebeschluss“ verfügt wurde, dass die Fitnessstudios trotz des erfolgreichen Antrags nicht öffnen dürfen. Erst muss die Entscheidung des OVG abgewartet werden.
Der erfolgreiche Antrag von Fitness First wirkt ohnehin nur inter partes. Er ist also nicht auf andere Fitnessstudios übertragbar, erst recht nicht auf Fitnessstudios in anderen Bundesländern.
Innerhalb des VG Hamburgs gibt es aber eine divergierende Rechtsprechung, denn anders als andere Gerichte sah die 13. Kammer in dieser Situation keinen Raum für eine Folgenabwägung, da die in Aussicht gestellten Entschädigungen nichts an der fehlenden gesetzlichen Grundlage ändern würden. Darüber hinaus seien Entschädigungszahlungen bis jetzt nur „politische Absichtserklärungen“.
Andere Kammern des VG Hamburg hätten zwar in Bezug auf die Generalklausel ebenfalls Zweifel geäußert, seien aber unter anderem auch im Hinblick auf die Schließung von Fitnessstudios aufgrund der aktuell geltenden Rechtslage im Ergebnis zu abweichenden Entscheidungen gekommen.
Die zuständige Kammer verwies in Bezug auf ihren Beschluss auf § 80 Abs. 2 VwGO, der aber zur Zeit des Beschlusses noch nicht in Kraft getreten sei und sich noch immer im Entwurfsstadium befände. „Sollte es dem Gesetzgeber gelingen, die Ermächtigungsgrundlage noch während dieses Monats hinreichend gesetzlich zu konkretisieren, so könnte dem ohne Weiteres durch einen Abänderungsbeschluss entsprechend § 80 Abs. 7 VwGO Rechnung getragen werden“.
Für Betroffene würde das bedeuten, dass die rechtliche Bewertung des VG Hamburg dann anders ausfallen könnte.
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Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).
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