Geld zurück wegen Corona-Maß­nahmen im Urlaub

Guido Kluck, LL.M. | 27. Januar 2023

Wegen der Corona-Maßnahmen durften zwei Urlauber in einem spanischen Hotel das Zimmer nur zum Essen verlassen und mussten früher abreisen. Das rechtfertigt grundsätzlich eine Minderung des Reisepreises! Der EuGH entschied am 12.01.2023 in einem Vorabentscheidungsverfahren (Generalanwalt beim EuGH Schlussantrag v. 15.9.2022 – C-396/21), dass Pauschalreisende unter bestimmten Umständen ihr Geld zurückverlangen können, wenn die Reise von Corona-Maßnahmen beschränkt wurde.

Wir fassen für Sie das Wichtigste der Entscheidung auf unserem Blog zusammen!

Sachverhalt 

Die deutschen Kläger buchten im März 2020 eine zweiwöchige Reise auf die Kanarischen Inseln. Zwei Tage nach ihrer Ankunft wurden wegen der Corona-Pandemie die Strände gesperrt und eine Ausgangssperre verhängt. Die Urlauber mussten in ihren Hotelzimmern bleiben und durften nur zur Nahrungsaufnahme raus. Im Hotel war der Zutritt zu Pools und Liegen verboten. Darüber hinaus wurde das Animationsprogramm komplett eingestellt. Nach sieben Tagen endete die Reise – früher als ursprünglich geplant. Die Kläger wollten daraufhin nur noch 30 % des Preises für den Urlaub zahlen. Der Reiseveranstalter verweigerte dies, weil er nicht für ein solches „allgemeines Lebensrisiko“ einstehen müsse.

Covid-19-Pandemie – schwere gesundheitliche Notlage 

Die Covid-19-Pandemie gehört zu den schwersten gesundheitlichen Notlagen der Gegenwart und hat eine ganze Reihe von Krisen nach sich gezogen. Um der Ausbreitung der Pandemie entgegenzuwirken, haben Regierungen weltweit Einschränkungen angeordnet, deren Dauer und Umfang in Friedenszeiten beispiellos sind. Zu den von der Pandemie am härtesten getroffenen Sektoren gehörte der Tourismus. 

Vorabentscheidungsverfahren zur Minderung bei Pauschalreisen 

Das Landgericht München I hatte den EuGH um Auslegung der Pauschalreiserichtlinie ersucht. Diese sieht vor, dass der Reisende Anspruch auf eine angemessene Preisminderung für jeden Zeitraum hat, in dem eine Vertragswidrigkeit vorlag, es sei denn, der Reiseveranstalter belegt, dass die Vertragswidrigkeit dem Reisenden zuzurechnen ist. Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 14 Abs. 1 der RL 2015/2302 dahin auszulegen ist, dass der Reisende danach Anspruch auf eine Preisminderung wegen einer Vertragswidrigkeit bei der Durchführung des Pauschalreisevertrags hat, wenn die Vertragswidrigkeit auf Einschränkungen zurückzuführen ist, die zur Eindämmung einer am Reiseziel herrschenden Infektionskrankheit angeordnet werden und solche Einschränkungen auch am Wohnort des Reisenden und weltweit angeordnet werden.

Der EuGH legte die Frage des LG München I so aus, dass der Reisende Anspruch auf eine Preisminderung wegen einer Vertragswidrigkeit bei der Durchführung des Pauschalreisevertrags hat, wenn die Vertragswidrigkeit auf Einschränkungen zurückzuführen ist, die zur Eindämmung einer am Reiseziel herrschenden Infektionskrankheit angeordnet werden, und solche Einschränkungen auch am Wohnort des Reisenden und weltweit angeordnet werden. Die Höhe der Preisminderung muss jedoch unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls angemessen sein – diese Festlegung sei Sache des nationalen Gericht. 

Preisminderung bejaht 

Zunächst hat der Reisende nach dem Wortlaut von Art. 14 Abs. 1 der RL 2015/2302 Anspruch „auf eine angemessene Preisminderung für jeden Zeitraum, in dem eine Vertragswidrigkeit vorlag, es sei denn, der Reiseveranstalter belegt, dass die Vertragswidrigkeit dem Reisenden zuzurechnen ist“. Aus dieser Bestimmung ergibt sich, dass für den Anspruch auf eine Preisminderung eine Voraussetzung gilt, nämlich die „Vertragswidrigkeit“, und dass von ihm eine Ausnahme gilt, nämlich wenn die Vertragswidrigkeit dem Reisenden zuzurechnen ist.

Rechtstipp: Der Begriff „Vertragswidrigkeit“ ist in Art. 3 Nr. 13 der RL 2015/2302 definiert als „die Nichterbringung oder mangelhafte Erbringung der in einer Pauschalreise zusammengefassten Reiseleistungen“.

Daraus folgt, dass eine Vertragswidrigkeit, die irgendeiner anderen Person (dem Reiseveranstalter, dem Leistungserbringer oder einem am Pauschalreisevertrag nicht beteiligten Dritten) zuzurechnen ist oder durch unvermeidbare und außergewöhnliche Umstände im Sinne von Art. 3 Nr. 12 der RL 2015/2302 bedingt ist, den Anspruch des Reisenden auf eine Preisminderung nicht ausschließt.

Fazit 

In der vorliegenden Rechtssache steht für den EuGH fest, dass die Vertragswidrigkeit auf die Einschränkungen zurückzuführen war, die von der öffentlichen Verwaltung im März 2020 zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie angeordnet wurden. Diese Maßnahmen stellen rechtliche Auswirkungen der Pandemie dar, die von ihren tatsächlichen Auswirkungen (wie etwa Krankheit, Quarantäne oder Tod wichtiger Mitarbeiter) unterscheidbar sind. 

Der EuGH erwähnt, dass der Reiseveranstalter durch das Auftreten unvermeidbarer und außergewöhnlicher Umstände von seiner Verpflichtung zur Gewährung einer Preisminderung nicht befreit wird. Der Anspruch des Reisenden auf eine Preisminderung setzt lediglich die Feststellung durch das nationale Gericht voraus, dass die im Pauschalreisevertrag inbegriffenen Reiseleistungen nicht oder mangelhaft erbracht worden sind. Dass die Vertragswidrigkeit auf Einschränkungen zurückzuführen ist, die als Reaktion auf die Pandemie angeordnet wurden und die als unvermeidbare und außergewöhnliche Umstände anzusehen sind, und dass auch am Wohnort des Reisenden ähnliche Maßnahmen angeordnet wurden, lässt den Anspruch auf eine Preisminderung unberührt.

Sie haben Fragen zum Thema Reiserecht und Corona? Melden Sie sich bei uns! Unser spezialisiertes Team steht Ihnen gerne schnell und unkompliziert zur Seite und berät Sie gern. 

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Guido Kluck, LL.M.

Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).

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