Hamburg Blue Port oder: Was darf man mit Fotos von Lichtkunstinstallationen alles machen?

Guido Kluck, LL.M. | 19. September 2019

In Hamburg fand vom 6. September 2019 bis zum 15. September 2019 wieder die Veranstaltung „Blue Port Hamburg“ statt, bei welcher der Hafen, die Elbphilharmonie, der alte Elbtunnel und sogar viele Schiffe durch den Lichtkünstler Michael Batz in blaues Licht eingehüllt wurden. Doch in diesem Jahr gibt es viel Aufregung um die Veranstaltung im Internet.

Was war passiert?

Die Stadt Hamburg hat in diesem Zusammenhang einen Fotowettbewerb ausgerufen und will die besten Aufnahmen prämieren. Nach einem Bericht des Spiegels soll ein privater Fotograf aufgrund eines Hinweises auf der Projektseite der Veranstaltung bei dem Künstler angefragt haben, ob er die von ihm gemachten Fotos bei Instagram posten dürfte. Der anfragende Hobbyfotograf soll anschließend eine Nachricht von der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst (VG Bild-Kunst) erhalten haben und zur Zahlung eines Betrages von EUR 28,00 aufgefordert worden sein. Zur Begründung führt die VG Bild Kunst an, dass die Lichtinstallation ein urheberrechtlich geschütztes Werk sei, dessen Reproduktion lizenz- und kostenpflichtig sei. 

Grund genug die Rechtslage einmal näher zu betrachten.

Wie ist die Rechtslage?

Einem Künstler stehen durch das Urheberrechtsgesetz diverse Rechte ausschließlich nach § 15 UrhG zu. Zu diesen Rechten gehört u.a. auch das Rechte zur Vervielfältigung nach §16 UrhG und das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung nach §19a UrhG

Vervielfältigung (§ 16) kann auch in einem anderen Medium erfolgen, z.B. das Abbilden eines Kunstwerks oder auch das Fotografieren einer Kunstaktion oder –installation im öffentlichen Raum (BGH, Urteil vom 24.01.2002, I ZR 102/99 (abrufbar auf der Homepage des BGH), Ziff. II. 2, S. 7 – Verhüllter Reichstag). Im Fotografieren einer Kunstaktion oder -installation liegt damit eine urheberrechtliche Vervielfältigung vor. 

Das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung meint in diesem Zusammenhang die Bereitstellung des von dem (Hobby-)Fotografen hergestellten Fotos im Internet. Denn dadurch, dass das Foto über das Internet für jedermann abrufbar ist, ist es i.S.v. §15 Abs.3 UrhG öffentlich. Etwas anderes würde nur bei einer Beschränkung der Teilnehmer auf Familien- oder Freundeskreis gelten. 

In diesem Fall könnte das Recht auf Privatkopie gemäß § 53 UrhG eingreifen, so dass ein Rechtsgrund für Fotografen vorliegt. Dieses Recht endet jedoch dort, wo es für eine Vielzahl von Personen (und gerade nicht nur die Familie) zugänglich ist. Daher dürfte eine Einschränkung der Rechte des Urhebers durch die gesetzliche Regelung in § 53 UrhG nicht vorliegen.

Rettungsanker Panoramafreiheit?

An verschiedenen Stellen im Internet, in Foto-Communities und sonstiger Berichterstattung wird hier dann gerne auf die Panoramafreiheit verwiesen, weil sich die Gebäude, Brücken und Schiffe an öffentlichen Orten befinden.

§ 59 UrhG erlaubt die Vervielfältigung usw. von Werken, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden. Die Lichtinstallationen werden an Bauwerke projiziert, die sich dauerhaft an einem öffentlichen Ort befinden, so dass das ausschließliche Recht des Urhebers bzw. Nutzungsrechteinhabers entsprechend eingeschränkt ist. 

Indem das Gesetz für an öffentlichen Orten befindliche Kunstwerke Einschränkungen der Ausschließlichkeitsrechte vorsieht, trägt es dem Interesse der Allgemeinheit an der Freiheit des Straßenbildes Rechnung. Dieser Gedanke lag bereits der entsprechenden Bestimmung im alten Recht, dem von 1907 bis 1965 geltenden § 20 KUG, sowie der Bestimmung des § 6 Nr. 3 des Kunstschutzgesetzes von 1876 zugrunde. In den Motiven zu § 20 KUG heißt es hierzu, “dass Werke, die sich dauernd an öffentlichen Straßen oder Plätzen befinden, in gewissem Sinne Gemeingut sind und, sofern es nicht in der nämlichen Kunstform geschieht, von jedermann nachgebildet werden können”. Damit korrespondiert eine zweite, aus der Sicht des Urhebers angestellte Erwägung, mit der die Übernahme des § 20 KUG in das Urheberrechtsgesetz von 1965 begründet wurde: Der Urheber, der der Aufstellung seines Werkes an einem öffentlichen Ort zustimmt, widme damit sein Werk in bestimmtem Umfang der Allgemeinheit (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines UrhG, BT-Drucks. IV/270, S. 76 zu § 60).

Im Schrifttum besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass das Merkmal “bleibend” jedenfalls dann zu bejahen ist, wenn sich ein Kunstwerk für seine natürliche Lebensdauer an einem öffentlichen Platz befindet. 

Teilweise wird diesbezüglich vertreten, dass ein für die gesamte Dauer seiner Existenz an einem öffentlichen Ort ausgestelltes Kunstwerk sich dort im Sinne von § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG bleibend befinde. Diese Meinung kann sich dabei auf einen Teil des Schrifttums berufen, der das Merkmal “bleibend” ebenfalls mit “für die gesamte Dauer der Werkexistenz” gleichsetzt.

Dem widersprechen allerdings zahlreiche Stimmen im Schrifttum, die eine solche Sichtweise als mit dem Gesetzeswortlaut unvereinbar ablehnen und die statt dessen auf den Willen des Künstler abstellen. Wolle dieser sein Werk der Öffentlichkeit nur vorübergehend zugänglich machen, also widmen, befinde sich das Werk nicht bleibend an dem öffentlichen Platz.

Das Landgericht Berlin hat in der Christo-Entscheidung (LG Berlin NJW 1996, 2380) eine Berufung auf die Panoramafreiheit abgelehnt und diesbezüglich ausgeführt:

„Die Realisierung des Projekts “Verhüllter Reichstag” genieße urheberrechtlichen Schutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 2 UrhG, da es sich um eine eigentümliche Schöpfung von individueller Prägung handele, die in ihrer konkreten Formgebung ohne weiteres den für den Urheberrechtsschutz erforderlichen Grad an künstlerischer Gestaltungshöhe erkennen lasse. Den Beklagten stehe die Schrankenbestimmung des § 59 Abs. 1 UrhG nicht zur Seite, weil sich der verhüllte Reichstag nicht bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befunden habe. Für das Merkmal “bleibend” sei maßgebend auf den Willen des Berechtigten abzustellen. Ein Kunstwerk, das für die gesamte Lebensdauer an einem öffentlichen Standort errichtet sei, befinde sich dort bleibend, auch wenn diese Lebensdauer aufgrund des Materials, aus dem das Werk geschaffen sei, eingeschränkt sei. In einem solchen Fall habe der Berechtigte das Werk der Öffentlichkeit durch die Aufstellung an einem öffentlichen Ort für die Zeit seiner natürlichen Lebensdauer gewidmet. Anders verhalte es sich aber, wenn der Berechtigte die Zeit der öffentlichen Aufstellung von vornherein auf einen Zeitraum begrenze, der kürzer als die natürliche Lebensdauer des Werkes sei. Dann befinde sich das Werk nicht bleibend an dem öffentlichen Standort, sondern sei nur vorübergehend der Öffentlichkeit gewidmet. Unerheblich sei dabei, ob das Werk nach seiner Entfernung fortbestehe oder ob es im Zuge der Deinstallation zerstört werde.“

In der ersten Entscheidung zu Postkarten mit dem Motiv des Verhüllten Reichstags entschied der BGH, dass die zwei Wochen dauernde Verhüllung des Reichstags nicht als „bleibend“ geschaffenes Werk anzusehen ist. Es komme, so der BGH, 

„auf den Zweck an, zu dem das geschützte Werk an dem öffentlichen Ort aufgestellt worden ist. […] Maßgeblich ist danach, ob die mit Zustimmung des Berechtigten erfolgte Aufstellung oder Errichtung eines geschützten Werkes an einem öffentlichen Ort der Werkpräsentation im Sinne einer [zeitlich befristeten] Ausstellung dient […]“   

(BGH, Urteil vom 24.01.2002, I ZR 102/99, abrufbar auf der Homepage des BGH, Ziff. 3, S. 7ff, wörtliches Zitat auf S. 11 f.)

Der Bundesgerichtshof führt in dieser Entscheidung weiter aus:

„Bei Anwendung dieser Maßstäbe können sich die Beklagten nicht auf eine nach § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG privilegierte Nutzung berufen. Die von den Klägern geschaffene Verhüllung des Reichstags wurde von ihnen in der Art einer Ausstellung präsentiert. Ausstellungen, die zeitlich befristet sind, werden üblicherweise in Wochen und Monaten, nicht dagegen in Jahren bemessen. Die hier in Rede stehende kurze Dauer von zwei Wochen unterstreicht den Ausstellungscharakter der Präsentation.“

Der Fotograf kann deshalb auch keine Rechtfertigung durch §59 Abs.1 S.2 UrhG erfahren, indem er sich darauf beruft, dass er das Bauwerk fotografiert und es sich auch nur auf die äußere Ansicht bezieht. Denn in der konkreten Form des illuminierten Bauwerkes handelt es sich gerade nicht um eine dauerhafte Installation, so dass es sich diesbezüglich nicht um ein dauerhaftes Werk an einem Bauwerk handelt und auch die Außenansicht des Bauwerkes nicht dauerhaft illuminiert ist. Aus diesem Grunde dürfte hinsichtlich dieses Punktes auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes verwiesen werden.

Daher kann den (Hobby-)Fotografen auch nicht durch die gesetzliche Regelung in §59 UrhG eine Grundlage gegeben werden, um die von ihnen gemachten Bilder in Social Media Kanälen oder sonstigen Plattformen zu verwerten.

Zusammenfassung: Was darf ich? Was darf ich nicht?

Will man Bilder von einer Veranstaltung mit Lichtinstallation wie dem Hamburg Blue Port machen, sollte man die folgenden Regeln beachten:

  1. Fotos dürfen zu privaten, nicht kommerziellen Zwecken, gemacht werden.
  2. Die gemachten Fotos dürfen innerhalb des Freundeskreises gezeigt und im Rahmen von privaten Nachrichten verschickt werden.
  3. Ist ein Fotowettbewerb ausgerufen, wie beim Hamburg Blue Port, dann dürfen die selbst gemachten Fotos natürlich auch im Rahmen des Wettbewerbs verwendet und eingesendet werden.
  4. Selbst gemachte Bilder sollten nicht ohne entsprechende Erlaubnis des Urhebers in soziale Netzwerke, der eigenen Website oder Fotoplattformen eingestellt werden. Hierdurch werden die Rechte des Urhebers verletzt und eine solche Verwendung kann von dem Urheber untersagt werden.

Lösung beim Hamburg Blue Port

Nachdem es im Internet aber sehr viel Unsicherheit wegen dieses Falles gab, hat die Stadt Hamburg reagiert und auf der Internetseite einen Hinweis veröffentlicht, wonach die nichtkommerzielle Veröffentlichung erlaubt ist. Wörtlich heißt es dort: 

„Nach einer Vielzahl von Nachfragen bezüglich der Möglichkeit, Bilder des Lichtkunstwerks Blue Port Hamburg zu veröffentlichen, ist aktuell zusammen mit Hamburg Tourismus eine Lösung gefunden worden“, heißt es inzwischen auf der städtischen Webseite des Blue-Port-Projekts. Diese Lösung erlaube es, „dass Hobbyfotografen und -fotografinnen für nicht-kommerzielle Nutzung auch Plattformen der Social Media verwenden können, ohne dass eine Lizenzierung durch die VG Bild-Kunst erforderlich ist.“

Hierdurch wurde den Hobbyfotografen des Hamburg Blue Port daher eine praktikable Lösung durch die Stadt Hamburg präsentiert, wonach sie ihre Bilder zu nicht-kommerziellen Zwecken auch auf den privaten sozialen Medienkanälen einstellen konnten, ohne hierfür die von der VG Bild-Kunst ursprünglich verlangte Lizenzgebühr zahlen zu müssen.

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Guido Kluck, LL.M.

Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).

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