Abmahnwelle DSGVO? Die unklare Rechtslage sorgt für Unsicherheit – Teil 1
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Mit Beschluss vom 10. Februar 2011 hat das Oberlandesgericht Köln (AZ: 6 W 5/11) festgestellt, dass unter bestimmten Umstände erhebliche Zweifel an der Offensichtlichkeit der Rechtsverletzung i.S.d. § 101 UrhG vorliegen können. Das Gericht begründete diese Einschätzung mit begründeten Zweifeln an der Zuverlässigkeit der IP-Adressermittlung.
In dem zu Grunde liegenden Fall hatte ein Rechteinhaber eine Anordnung auf Auskunft bzgl. insgesamt 33 IP-Adressen gemäß § 101 Abs.9 UrhG beim Landgericht Köln gegen einen Internetprovider erwirkt. Vorgelegen haben sollen Urheberrechtsverletzungen durch das Anbieten eines Filmwerks zum Download in einer Filesharing-Tauschbörse (Peer-2-Peer / P2P) im Zeitraum vom 12. Juni 2010 bis zum 16. Juni 2010.
Gegen diese Anordnung legte der abgemahnte Beschwerdeführer in der Folge Beschwerde ein, da die gleiche IP-Adresse nicht nur an einem Tag, sondern auch an zwei weiteren Tagen registriert wurde. Nach seiner Ansicht hätte keine offensichtliche Rechtsverletzung vorgelegen. Aus diesem Grunde hätte die Anordnung nicht ergehen dürfen. Der Beschwerdeführer begründete dies damit, dass die angebliche Urheberrechtsverletzung über die ihm zugewiesene IP-Adresse angeblich über einen Zeitraum von 3 Tagen erfolgt sein sollen. Unter Berücksichtigung der dynamischen Vergabe von IP-Adressen sei die wiederholte Zuweisung derselben IP-Adresse über einen Zeitraum von 3 Tagen unerklärlich.
Die Beschwerde hatte schließlich Erfolg. Nach Ansicht des Gerichts erfordere die Auskunft gemäß § 101 UrhG die Offensichtlichkeit der Rechtsverletzung, die nur dann zuerkannt werden könne, wenn eine ungerechtfertigte Belastung des Auskunftsschuldners ausgeschlossen werden könne. Dies läge in diesem Fall jedoch gerade nicht vor, so dass eine Offensichtlichkeit der Rechtsverletzung ausgeschlossen werden müsse.
Das Gericht führte dann weiter aus, dass einem Anschlussinhaber spätestens nach 24 Stunden und zusätzlich für den Fall, dass er selbst die Internetverbindung beende, eine neue IP-Adresse zugewiesen. Aufgrund der zur Verfügung stehenden Anzahl an IP-Adressen sei es höchst unwahrscheinlich, dass demselben Anschlussinhaber an mehreren aufeinander folgenden Tagen dieselbe IP-Adresse zugewiesen werden würde. Ebenso sei es – auf den Einwand des Rechteinhabers – höchst unwahrscheinlich, dass ein weiterer Anschlussinhaber, dem die in Rede stehende IP-Adresse zugewiesen sein solle, ebenfalls das in Rede stehende Filmwerk in Internettauschbörsen zum Download angeboten habe, so dass hierüber eine weitergehende Feststellung der IP-Adresse zu begründen sei.
Der Rechteinhaber legte daraufhin ein Sachverständigengutachten über die Zuverlässigkeit der verwendeten Ermittlungssoftware vor, welches jedoch die Zweifel des Gerichts nicht ausräumen konnte. Nach der Ansicht des Gerichts ergebe sich aus dem Gutachten gerade nicht, ob Falschermittlungen ausgeschlossen werden könnten oder in welchem Umfang die Software entsprechend überprüft wurde. Auch Untersuchungen zur Funktionsweise der Software seien im Gutachten nicht dokumentiert.
Den vorgenannten Beschluss werden wir Ihnen in Kürze im Volltext auch in unserer Urteilsdatenbank unter www.wklegal.de zur Verfügung stellen.
Insbesondere diese letzte Feststellung des Gerichts dürfte für abmahnende Kanzleien ein nicht zu unterschätzender „Rückschlag“ bei der serienbriefartigen Darstellung der Zuverlässigkeit der Ermittlungssoftware darstellen. Regelmäßig behaupten abmahnende Kanzleien, dass die von ihnen eingesetzte Software fehlerfrei arbeite und die ermittelte IP-Adresse zutreffend sei. Dies könne schließlich durch ein Sachverständigengutachten über die Zuverlässigkeit der Software begründet werden.
Bereits mehrfach hatten Gerichte festgestellt, dass bei der Ermittlung von IP-Adressdaten Fehler unterlaufen seien. Auch gibt es verschiedene Urteile/Beschlüsse, welche die fehlerhafte Zuordnung zu einem Anschlussinhaber festgestellt haben. Durch diese Entscheidung wird der diesbezügliche Vortrag gegen die von den Rechteinhabern in Auftrag gegebene Abmahnung unterstützt. Zwar ist die Ermittlung von IP-Adressen durchaus möglich, um die Rechte von Urhebern bei tatsächlichen Urheberrechtsverletzungen durchsetzen zu können. Gleichwohl sollte – wie dies von WK LEGAL gegenüber den abmahnenden Kanzleien bereits seit Langem gefordert wird – ein verstärktes Augenmerk darauf gelegt werden, dass Fehler bei der Adressermittlung ausgeschlossen werden würden und die eingesetzte Software bzw. Ermittlungsverfahren stärker überprüft und überwacht würde, um Fehler ausschließen zu können.
WK LEGAL ist eine auf den Bereich des e-Commerce und das Wettbewerbsrecht spezialisierte Wirtschaftsrechtskanzlei und berät eine Vielzahl von Betreibern von Online-Shops und ebay-Verkäufern in Fällen von Abmahnungen, aber auch im Rahmen der Gestaltung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Gerne stehen wir auch Ihnen für Ihre unverbindlichen Fragen zur Verfügung. Sprechen Sie uns einfach an!
Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).
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