Bundesverfassungsgericht erweitert Massenentlassungsschutz
Der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts hat mit Urteil vom 26.01.2017 (AZ. […]
Das Bundesverfassungsgericht hat am 20.06.2023 in einem Beschluss die Verwertung der Messergebnisse eines Geschwindigkeitsmessgeräts abgewiesen (Az. 2 BvR 1167/20). Die Verfassungsbeschwerde hatte also keinen Erfolg. In unserem Artikel erfahren Sie warum!
Ein Mann fuhr 2019 außerhalb geschlossener Ortschaften 22 km/h zu schnell und wurde von einem Radargerät der Marke Leivtec XV3 erfasst. Gegen den Bußgeldbescheid in Höhe von 105 Euro erhob er vergeblich Einspruch. Vor dem Amtsgericht (AG) verlangte er, ein Gutachten einzuholen zum Beweis, dass der Sachverständige die Messung mangels Daten überhaupt nicht mehr überprüfen kann. Der Vorwurf: Das Messgerät speichere die Rohdaten nicht, sondern werfe direkt das Ergebnis aus.
Das AG lehnte den Einspruch ab, weil die Messung nach einem (damals) anerkannten sogenannten standardisierten Messverfahren durchgeführt worden sei und sich für Fehler keine konkreten Anhaltspunkte ergeben hätten.
Rechtstipp: Beim standardisierten Messverfahren handelt es sich um ein technisches Verfahren, das sicherstellt, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind.
Es kommt darauf an, dass die Systeme in diesem Sinne geeicht sind. Dann können die Gerichte in Verfahren vor allem zu Geschwindigkeitsmessungen weniger hohe Anforderungen an die Beweisführung stellen. Fehler im Rahmen der Messungen sollen durch Messtoleranzen ausgeglichen werden.
Das Bundesverfassungsgericht hat diese Praxis grundsätzlich gebilligt. Im Jahr 2020 (lesen Sie unseren Artikel dazu hier) sprach es jedoch Betroffenen das Recht zu, grundsätzlich Zugang zu allen Informationen zu erhalten, auf die auch die Bußgeldbehörde zugreifen kann. Das sollte auch der Fall sein, wenn sich die Informationen nicht in der Bußgeldakte befinden.
Die Verfassungsbeschwerde des Fahrers, der sich dagegen wehren wollte, dass Geräte gar keine Rohmessdaten speichern, nahmen die Karlsruher Richter nun nicht zur Entscheidung an. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten des Beschwerdeführers angezeigt. Sie ist nicht hinreichend substantiiert begründet. Ihre Begründung lässt eine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers im Sinne des § 90 Abs. 1 BVerfGG nicht erkennen. Der Beschwerdeführer habe nicht dargelegt, dass das Recht auf ein faires Verfahren nach den Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG verletzt sei.
Die Karlsruher Richter wurden deutlich: Das Recht der Betroffenen auf Informationen für eine angemessene Verteidigung im Rahmen eines Bußgeldverfahrens bedeute nicht, dass der Staat selbst potenzielle Beweismittel vorhalten oder gar schaffen muss, um Verteidigungsrechte zu garantieren.
Der Beschwerdeführer konnte nicht darlegen, warum der Grundsatz der „Waffengleichheit“ es gebieten sollte, dass die Behörde nur Messgeräte einsetze, die die Rohdaten auch speichern. Grundsätzlich gewährt die Rechtsprechung bloß Zugang zu bereits vorhandenen Daten.
Der Anspruch auf ein faires Verfahren ist durch das Verlangen nach verfahrensrechtlicher „Waffengleichheit“ von Ankläger und Beschuldigten gekennzeichnet und dient damit in besonderem Maße dem Schutz des Beschuldigten, für den bis zur Verurteilung die Vermutung seiner Unschuld streitet. Dabei enthält das Recht auf ein faires Verfahren keine in allen Einzelheiten bestimmten Ge- oder Verbote; vielmehr bedarf es der Konkretisierung je nach den sachlichen Gegebenheiten. Eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren liegt erst dann vor, wenn eine Gesamtschau auf das Verfahrensrecht – auch in seiner Auslegung und Anwendung durch die Fachgerichte – ergibt, dass rechtsstaatlich zwingende Folgerungen nicht gezogen worden sind oder rechtsstaatlich Unverzichtbares preisgegeben worden ist.
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Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).
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